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Werbeinformation der Metzler Asset Management GmbH - 5.3.2021 - Edgar Walk

Bitcoin – das neue Gold der virtuellen Welt?

Wenn man nur lange genug sucht, findet man immer Korrelationen und vermeintlich gute Erklärungszusammenhänge1. Daher sollten die Hürden beim Modellbau so hoch wie möglich gesetzt werden, um Scheinkorrelationen zu vermeiden. So sollte unter anderem nicht das Niveau des Goldpreises mithilfe von Fundamentaldaten erklärt werden, sondern dessen jährliche Veränderungsrate, was viel schwieriger ist. 

Ein Erklärungsmodell für den Goldpreis

Unsere umfangreichen Analysen zeigen, dass die Goldpreisentwicklung seit 1984 überraschend stark und stabil von der US-Verschuldung, dem US-Inflationstrend und dem Außenwert des US-Dollars beeinflusst wird. Die Entwicklung der globalen Inflationsdynamik (für die USA und China steht die Veröffentlichung für Mittwoch an) wird daher in den kommenden Monaten einen großen Einfluss auf den Goldpreis haben. Interessanterweise sind weder nominale Zinsen noch reale Zinsen über einen längeren Zeitraum statistisch signifikant. Der Goldpreis kann auch als eine Art Wechselkurs zwischen Gold und dem US-Dollar gesehen werden. Wir prognostizieren mit unserem Modell einen Anstieg des jahresdurchschnittlichen Goldpreises für 2021 um etwa 20 % gegenüber dem Jahresdurchschnitt von 2020 auf durchschnittlich etwa 2.250 USD pro Unze. 

Die Goldpreisentwicklung lässt sich gut mit der Verschuldung, dem Inflationstrend und dem US-Dollar-Wechselkurs erklären
Jahresdurchschnitt in % ggü. Vorjahr

Quellen: Refinitiv Datastream, Metzler; Stand 17.2.2021

Gold: Chancen auf Kursgewinn in diesem Jahr
Jahresdurchschnitt in USD pro Unze

Quellen: Refinitiv Datastream, Metzler; Stand 17.2.2021

Seit Jahresanfang ist jedoch der Goldpreis um etwa 10 % gefallen und hat sich damit merklich von der optimistischen Modellprognose abgekoppelt. Dafür gibt es zwei mögliche Erklärungen. Erstens sind Rohstoffpreise grundsätzlich sehr volatil; historisch liegt die Volatilität des Goldpreises bei durchschnittlich etwa 20 % pro Jahr. Das heißt, dass der Goldpreis derzeit eine normale Korrekturphase durchläuft und in den kommenden Monaten wieder merklich in Richtung der Prognose steigen wird. Andererseits ist es schon überraschend, dass der Goldpreis von den gestiegenen Inflationsängsten nicht profitieren kann. So ist Bitcoin um mehr als 60 % seit Jahresanfang gestiegen. Eine zweite mögliche Erklärung für den gesunkenen Goldpreis ist deshalb, dass Bitcoin immer weniger als Währung gesehen wird – Bitcoin schafft nur etwa sieben Transaktionen pro Sekunde – sondern vielmehr als Wertaufbewahrungsmittel wie Gold.    

Übergang ins virtuelle Zeitalter

Gold kann auf eine lange Geschichte zurückblicken, die bis in die Frühzeit der Menschheit reicht. Prof. Christoph Türcke beschreibt es in seinem Buch „Die Philosophie des Geldes“ so:

„… Barg nicht die Erde feste, glänzende Stoffe, die am Himmel ihre Entsprechung hatten? Leuchtete nicht der Mond silbern, die Sonne golden, die Venus kupfern? So jedenfalls begann man es wahrzunehmen. Bestimmte Metalle muteten nun wie irdische Reflektoren himmlischer Mächte an und gewannen den Status von „Edel“metallen, den sie bis heute haben. Was sie „adelte“ war das ihnen ähnlich scheinende Gestirn. „Edelmetall“ ist ein astralreligiöser Begriff…“

Gold kommt somit aus der materiellen Welt und hat religiösen Ursprung. Seit der Coronakrise lebt die Mehrheit der Menschen jedoch den größten Teil seiner täglichen Wachzeit in der virtuellen, säkularen Welt. Zeigt somit die relative Preisentwicklung von Gold und Bitcoin einen Umbruch in der Menschheitsgeschichte und den Übergang vom materiellen ins virtuelle Zeitalter? Unter allen Kryptowährungen scheint Bitcoin einen „First Mover Advantage“ zu haben, was die anhaltend hohe Nachfrage erklären könnte. Technologische Revolutionen fressen jedoch oft ihre Kinder, sodass die Überlebenssicherheit von Bitcoin höchst unsicher ist. Es fehlt die tiefe Verankerung in der menschlichen Geschichte wie bei Gold. Daher besteht jederzeit das Risiko, dass eine neue, bessere Technologie Bitcoin ablösen könnte. 

Strukturbruch im Erklärungsmodell?

Der Übergang ins virtuelle Zeitalter könnte jedoch mit einem Strukturbruch im Erklärungsmodell für den Goldpreis einhergehen, dass also dessen Prognosekraft zunehmend abnimmt. Epochale Übergänge geschehen jedoch meistens nicht über Nacht, sodass unser Modell immer noch gute Richtungssignale liefern könnte. Der Jahresdurchschnitt des Goldpreises lag 2020 bei etwa 1.770 USD pro Unze, und eine vorsichtigere Prognose wäre vor diesem Hintergrund, dass der Goldpreis 2021 im Jahresdurchschnitt darüber liegen sollte. Gold dürfte somit gute Chancen auf eine Kurserholung im Jahresverlauf haben. 

Ein Auslöser für eine Trendwende beim Goldpreis könnte die Renditeentwicklung bei US-Treasuries sein. Derzeit scheint sich eine turbulente Aufwärtsdynamik der Rendite 10-jähriger US-Treasuries abzuzeichnen, die die US-Notenbank zu verstärkten Interventionen zwingen könnte oder sogar zur Zinskurvenkontrolle (Yield Curve Control). Das könnte dann eine Trendwende einleiten.

Negativzinsen: Schuld der EZB oder sind es die Umstände?

Die Sitzung der EZB (Donnerstag) wird unter dem Eindruck des merklichen Renditeanstiegs der vergangenen Wochen stehen – und der Frage, ob der Anstieg der Rendite 10-jähriger italienischer Staatsanleihen von 0,45 % am 11. Februar bis auf 0,8 % in der Spitze Ende Februar schon kontraproduktiv für die geldpolitische Ausrichtung der EZB ist. Muss die EZB also einschreiten und einen Rückgang der Renditen bewirken?

Damit stellt sich die grundsätzliche Frage nach der Angemessenheit von Zinsen. In diesem Zusammenhang wird meistens mit dem theoretischen Konzept des Gleichgewichtszinses argumentiert. Der Gleichgewichtszins bildet sich in der Theorie durch die Kapitalnachfrage und das Kapitalangebot der Wirtschaftsakteure unabhängig von der Zentralbank. Maßgebliche Einflussfaktoren sind nach landläufiger Meinung etwa Demografie, Sparneigung, Finanzpolitik, Produktivität, Innovation etc. Setzt die Zentralbank nun den Leitzins genau auf den Gleichgewichtszins, bleibt die Inflation stabil. Ist die Inflationsrate jedoch niedriger als das Inflationsziel und soll steigen, muss die Zentralbank den Leitzins auch unter den Gleichgewichtszins senken.
 
Akademische Studien schätzen nun, dass der Gleichgewichtszins in der Eurozone auf unter 0 % gefallen ist und es die EZB selbst mit Negativzinsen und den unorthodoxen Maßnahmen kaum schaffen wird, einen nennenswerten Anstieg der Inflation zu erreichen. Die Antwort auf die Frage nach dem Gleichgewichtszins wäre also, dass die EZB einen Anstieg der Renditen verhindern und sogar für einen Rückgang sorgen sollte. Auch eine Leitzinssenkung der EZB auf -0,75 % sollte nicht ausgeschlossen werden, da akademische Studien zeigen, dass Negativzinsen genauso gut funktionieren wie Positivzinsen. So übertragen sich Negativzinsen genauso wie Positivzinsen auf die Kredit- und Depositzinsen der Banken, sorgen für eine dynamische Kreditvergabe und für stabile Gewinne der Geschäftsbanken.  

Kritiker argumentieren nun, dass das Konzept des Gleichgewichtszinses zwar theoretisch überzeugt, aber die Schätzung des Gleichgewichtszinses in der Praxis mit viel zu großen Unsicherheiten behaftet ist. Eine Zentralbank sollte sich nicht nach diesem Konzept ausrichten, da es zu künstlich niedrigen Zinsen verführt. Eigene Studien der EZB zeigen zudem, dass der Negativzins bisher weniger als 0,1 %-Punkte pro Jahr zur Inflation beitrug, was verschwindend gering ist. Darüber hinaus gehen von den Negativzinsen erhebliche Nebenwirkungen aus, wie die Entstehung von Zombie-Unternehmen und von Blasen an den Finanzmärkten; außerdem fehlt der Druck auf Regierungen hoch verschuldeter Länder, die notwendigen Reformen anzugehen. Auch vermuten die Kritiker, dass es für die EZB sehr schwer sein könnte, den Leitzins in Zukunft wieder anzuheben, da die Finanzierungskosten der hoch verschuldeten Länder merklich steigen würden, was für die Länder untragbar sein könnte, da sie sich zu lange an die Negativzinsen gewöhnt haben. 

Der Auftrag der EZB – und das Inflationsziel

Die Kritik ist meiner Meinung nach sehr berechtigt. Es stellt sich jedoch die Frage, was daraus folgt. Die EZB definiert nun einmal Preisstabilität als eine Inflationsrate von 2,0 %, die sie mittelfristig erreichen möchte. Das ist ihr öffentlicher Auftrag, der leicht verifiziert werden kann. Seit 2013 verfehlt sie jedoch jedes Jahr ihren Auftrag – ohne die Perspektive, ihn dieses oder nächstes Jahr zu erfüllen. Ist es in diesem Umfeld nicht logisch, dass die EZB alle Möglichkeiten nutzt, um einen Inflationsanstieg zu bewirken? Natürlich könnte die EZB das Inflationsziel neu definieren: Preisstabilität als eine Inflationsrate zwischen 0 % und 2 %. In diesem Fall könnte die EZB den Leitzins wieder auf über 0 % anheben und die Wertpapierkäufe verringern. Die Gefahren der Nebenwirkungen würden abgeschwächt. Die EZB hätte jedoch ihr Inflationsziel einmal geändert. Dann bestünde die Gefahr, dass sie in Zukunft ihr Inflationsziel wieder ändern und dann vielleicht auf ein merklich höheres Niveau anheben könnte. Nach der Finanzmarktkrise gab es tatsächlich von einigen Volkswirten den Vorschlag, dass die Zentralbanken das Inflationsziel auf 4,0 % erhöhen sollten, um genügend Spielraum für die Bekämpfung der nächsten Rezession zu haben. 

Ein weiterer Effekt der Neudefinition des Inflationsziels wäre, dass die EZB plötzlich im Vergleich zu den anderen Zentralbanken merklich restriktiver werden würde. Der Euro würde merklich aufwerten und Abwärtsdruck auf die Inflation ausüben. Auch würde die Exportindustrie einen erheblichen Wettbewerbsverlust erleiden. Diese Erfahrungen musste Japan machen. Erst der expansive Impuls der Abenomics 2012 beendete die Abwanderung der japanischen Tech-Industrie nach Südkorea und Taiwan.

Die Wirtschaftspolitik ist somit herausgefordert, die Entstehung von Zombie-Unternehmen und von Finanzmarktblasen mit anderen Instrumenten zu verhindern. 

Grundsätzlich muss also auf europäischer Ebene die Frage beantwortet werden, ob ein Inflationsziel noch zeitgemäß ist und welcher neue Auftrag an die EZB das Inflationsziel sinnvoll ersetzen könnte. Darüber hinaus muss die Frage gestellt werden, ob die Europäische Währungsunion noch zeitgemäß ist. Solange keine besseren Alternativen gefunden worden sind, solange ist es die logische Konsequenz, dass die EZB an der Erreichung ihres Inflationsziels arbeitet und die Wirtschaftspolitik in Europa an einer Verbesserung der Währungsunion2

1Anders ausgedrückt: Man muss die Daten nur lange genug „foltern, bis sie gestehen“.

2Der ehemalige Bundesaußenminister Joschka Fischer sagte einmal auf einer Metzler-Veranstaltung über das Minsk-Abkommen, dass es in der Diplomatie erfahrungsgemäß besser sei, an einem unbefriedigenden Abkommen festzuhalten, als es ohne Alternative aufzukündigen.

 

Edgar Walk
Edgar Walk

Chefvolkswirt , Metzler Asset Management

Edgar Walk arbeitet seit 2000 bei Metzler. Als Chefvolkswirt im Bereich Asset Management ist er für die volkswirtschaftlichen Prognosen verantwortlich. Aufgrund seiner engen Zusammenarbeit mit dem Portfoliomanagement liegt sein Fokus neben der volkswirtschaftlichen Analyse verstärkt auf Kapitalmarktthemen. Vor seiner Anstellung bei Metzler studierte Herr Walk in Tübingen Volkswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Regionalstudien Ostasien und Japan. Zur Vertiefung seiner Studien verbrachte er ein Auslandssemester an der Doshisha-Universität in Kyoto (Japan). Am Institut für Weltwirtschaft in Kiel absolvierte er anschließend den Aufbaustudiengang „Advanced Studies in International Economic Policy Research“.

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