Zeitenwende in der bAV – Deutschlands erstes Sozialpartnermodell
Das Betriebsrentenstärkungsgesetz trat im Januar 2018 in Kraft und führte die „reine Beitragszusage“ (rBZ) ein, die die bestehende bAV-Landschaft sinnvoll ergänzt. Es gab zahlreiche kritische Stimmen, die an den Chancen der garantiefreien Zusage für beide Seiten – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – zweifelten. Vier Jahre und viele Verhandlungen später gibt es das erste Sozialpartnermodell in Deutschland, das Ende September für den Pensionsplan Metzler rBZ 1 die Unbedenklichkeit der BaFin erhalten hat. Die Metzler Sozialpartner Pensionsfonds AG (MSPF) agiert als Versorgungsträger und durchführende Einrichtung.
Die reine Beitragszusage: Sozialpartner und Ziele
Die tarifvertraglichen Grundlagen für das erste Sozialpartnermodell festgelegt haben die Sozialpartner, bestehend aus Uniper, dem Arbeitgeberverband energie- und wasserwirtschaftlicher Unternehmungen e.V. (AVEW), der Arbeitgebervereinigung Bayerischer Energieversorgungsunternehmen e.V. (AGV Bayern) und den beiden Gewerkschaften ver.di und IGBCE. Gemeinsam stimmten sie ein Sozialpartnermodell ab, das den vereinbarten Sicherungsbeitrag besonders schonend verwendet und zusätzlich potenziell mehr Beiträge für die Versorgungsempfänger erwirtschaften kann.
Der Arbeitgeber kann den Mitarbeitenden so eine deutlich attraktivere Vorsorge anbieten. Und dabei ist der finanzielle Aufwand mit dem bereits bestehenden Beitragsplan in der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) vergleichbar. Die reine Beitragszusage verbietet jedwede Garantien, aufgrund der freieren Anlagemöglichkeiten können aber die Versorgungsempfänger vollständig am Kapitalanlageerfolg partizipieren.
Um Schwankungen der Rentenhöhe abzumildern oder sogar zu vermeiden, haben die Sozialpartner mit der MSPF Mechanismen wie die temporäre Minderung der Leistungskürzung in den Pensionsplan Metzler rBZ1 implementiert. Damit lässt sich ein wesentliches Ziel des Sozialpartnermodells erreichen, nämlich deutlich höhere und langfristig verlässliche Rentenzahlungen für die Versorgungsberechtigten zu erwirtschaften.
Unternehmen, die die reine Beitragszusage für ihre Mitarbeitenden nutzen, haben mit dem Wegfall der Arbeitgeberhaftung erstmals die Möglichkeit, unabhängig vom Konjunkturumfeld, den Mitarbeitenden eine nachhaltig attraktive Altersversorgung anzubieten. Somit könnte die rBZ die bAV-Landschaft dauerhaft verändern, sowohl für zukünftige Beiträge (Future Service) als auch für bestehende Zusagen (Past Service). Mit dem Start der ersten Sozialpartnermodelle steht zunächst die Neuordnung zukünftiger Beiträge (Future Service) im Vordergrund.
Der Tarifvertrag – fundamentaler Bestandteil des Sozialpartnermodells
Angepasst an die Ziele der reinen Beitragszusage, ist der Tarifvertrag neben dem Pensionsplan fundamentaler Bestandteil des Sozialpartnermodells. Tarifvertraglich ist festgelegt, dass Mitarbeitende, die sich bereits in einem Beschäftigungsverhältnis befinden, für zukünftige Anwartschaften einmalig zwischen ihrer bestehenden bAV und der rBZ wählen können. Auch neue Mitarbeitende haben dieses Wahlrecht, allerdings nur für den ersten Monat ab Beginn des Beschäftigungsverhältnisses. Wählen sie nicht, nehmen die neuen Mitarbeitenden automatisch am Sozialpartnermodell teil.
Folgende elementare Vereinbarungen werden im Tarifvertrag getroffen:
- Sparbeiträge für die Versorgungsberechtigten
- Ein zusätzlicher Sicherungs- und Kostenbeitrag des Arbeitgebers für den Wegfall der Arbeitgeberhaftung
- Die Möglichkeit, eine Obergrenze für den Sicherungsbeitragspuffer festzulegen
- Die Durchführung und Steuerung über einen Sozialpartnerbeirat
- Grundlegende Vorgaben zur Nachhaltigkeit in der Kapitalanlage.
Die Sicherheit der künftigen Versorgungsleistungen kann dort, wo Garantien nicht gegeben werden dürfen, durch neue Puffermechanismen erreicht werden, die von den Sicherungsbeiträgen der Arbeitgeber finanziert werden (siehe Infokasten). Diese kompensieren den Wegfall der Arbeitgeberhaftung. Wird die vom Sozialpartnerbeirat festgelegte Obergrenze für den Sicherungsbeitragspuffer erreicht, werden die nachfolgenden Beiträge den aktiven Versorgungsberechtigten zusätzlich gutgeschrieben. Diese Art, die Sicherheitsbeiträge zu verwenden, führt folglich direkt zu Beitragsvorteilen.
Die zeitlich begrenzte Minderung der Leistungskürzung führt zu einem sehr effizienten Einsatz der eingezahlten Sicherungsbeiträge und erzwingt eine regelmäßige Überprüfung, inwieweit weitere Stützungsmaßnahmen notwendig sind. Sobald die Performance der langfristig ausgerichteten strategischen Asset-Allokation (SAA) ausreicht, um die Finanzierung der Rentenzahlungen wieder zu ermöglichen, läuft die Stützung spätestens aus.
Die Kapitalanlage – stabiles Portfolio mit breiter globaler Streuung
Der MSPF legt mit dem Sozialpartnerbeirat die wesentlichen Steuerungsparameter für das Sozialpartnermodell fest. Dazu gehören beispielsweise die Asset-Klassen Aktien, Gold, Renten und Immobilien und deren jeweilige Bandbreiten als Metavorgabe für die Kapitalanlagestrategie. Stehen diese übergeordneten Rahmenparameter, kann der MSPF gemeinsam mit den Experten für Asset-Liability-Management (ALM) von Uniper die ALM-Studie erstellen und anschlie ßend die für den Sozialpartnerbeirat notwendigen Simulationen durchführen. Aus der ALM-Studie leitet der MSPF eigenständig die optimale Gewichtung der strategischen Asset-Allokation ab und definiert unterhalb der Meta-Asset-Klassen die notwendigen Sub-Asset-Klassen (s. Abb. 1).
Das Ziel ist ein möglichst stabiles Portfolio mit einer breiten globalen Streuung. Für die Herleitung der Startallokation werden sehr langfristige Kapitalmarktannahmen herangezogen (gleitende Durchschnitte über mehrere Jahrzehnte). Der Fokus liegt dabei eher auf längeren Zeiträumen in der Vergangenheit und weniger auf kurzfristigen Bewertungsanomalien an den Märkten – Beispiele dafür sind Nullzinsphasen, hohe Inflation oder Staatsentschuldung.
Die Zielrendite der Kapitalanlage ist durch die Asset-Allokation und erwartete Renditen zu jedem Zeitpunkt eindeutig definiert. Insbesondere die Hochrechnung der zu erwartenden Rentenleistung zum Renteneintritt, aber auch der direkt aus der Kapitalanlage hergeleitete Rechnungszins zur Bestimmung der Rente, sollen über mehrere Kapitalmarktphasen hinweg möglichst stabil bleiben. So lässt sich das anvisierte Anlageziel der reinen Beitragszusage zielsicher erreichen.
Dank der langjährigen Zusammenarbeit zwischen Uniper und Metzler kann die MSPF einen schon bestehenden Spezialfonds in dreistelliger Millionenhöhe nutzen: Damit profitiert bereits der erste eingezahlte Euro von einem global diversifizierten, nachhaltigen und kosteneffizienten Zielportfolio mit einer konservativ geplanten Nettorendite von zurzeit durch schnittlich 3,59 % pro Jahr (s. Abb. 2; Stand: August 2022).
Die Kombination aus globalen Renditechancen, zielgerichtetem Risikomanagement und kosteneffizienten Strukturen ermöglicht allen Sozialpartnern eine sichere und transparente Planung – auch ohne Garantien.
Wie sieht betriebliche Altersversorgung zukünftig aus?
Der Wegfall der Arbeitgeberhaftung im Sozialpartnermodell ist eine Zeitenwende für die betriebliche Altersversorgung in Deutschland. Dies honorieren auch die Wirtschaftsprüfer in der nationalen (HGB) und internationalen Bilanzierung (IFRS/US-GAAP) durch erstmals „echtes“ Defined-Contribution-Accounting (DC-Accounting). Der nächste logische Schritt ist, die bestehenden Versorgungswerke auf die reine Beitragszusage zu überführen, um die Attraktivität für die Mitarbeitenden weiter zu stärken. Sobald es hierzu erste Erfahrungen gibt, können neue und langfristig orientierte Lösungen entstehen, die die Veränderung der betrieblichen Altersversorgung weiter beschleunigen werden.
Gleichzeitig haben Politik und Gewerkschaften in Deutschland das Interesse, wenige, dafür aber große Sozialpartnermodelle zu schaffen. Die Sozialpartner und der MSPF haben daher den Pensionsplan Metzler rBZ1 so ausgestaltet, dass weitere Tarifverträge in einem Sicherungsvermögen gebündelt werden können: Das heißt, weitere Unternehmen können sich mit inhaltsgleichem Tarifvertrag dem Versorgungswerk anschließen, und dies branchenübergreifend. Parallel wurden die Strukturen und Regelungen des Modells vom Sozialpartnerbeirat auf nachhaltiges Wachstum ausgerichtet.
Der Gesetzgeber plant, im Rahmen eines bAV-Dialogs 2022 und 2023 mit den beteiligten Stakeholdern zu überprüfen, wo es Verbesserungspotenziale bei der reinen Beitragszusage gibt. Ein wesentliches Ziel dabei ist, die neuen Sozialpartnermodelle auch nicht tarifgebundenen Arbeitgebern leichter
zugänglich zu machen.
Das Sozialpartnermodell
Das Sozialpartnermodell ist das Herzstück des Gesetzes zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentenstärkungsgesetz) – einer Tarifrente ohne Garantie, bei der der Arbeitgeber komplett enthaftet ist. Neu ist die reine Beitragszusage zur betrieblichen Altersversorgung (bAV): Die Attraktivität der bAV wird damit gestärkt. Und insbesondere kleinere und mittelgroße Unternehmen, die sich vielleicht noch gar nicht mit dem Thema befasst haben, sollen dazu bewegt werden, eine betriebliche Altersversorgung einzuführen.
Die Beitragszusagen werden zwischen den Tarifparteien ausgehandelt. Sie vereinbaren eine verbindliche kapitalgedeckte Altersversorgung über eine externe Versorgungseinrichtung – beispielsweise einen Pensionsfonds.
Der Metzler Sozialpartner Pensionsfonds
Metzler Pension Management reagierte als erster Anbieter in Deutschland auf das Betriebsrentenstärkungsgesetz mit der Einrichtung eines separaten Pensionsfonds für das Sozialpartnermodell: dem Metzler Sozialpartner Pensionsfonds (MSPF). Potenziellen Tarifpartnern bieten wir damit eine passende Infrastruktur, um die bestehenden Vorgaben zielgerichtet umzusetzen.
Die Tarifparteien legen im Tarifvertrag die Regelungen fest, und der Versorgungsträger – hier MSPF – setzt die Anforderungen aus dem Vertrag über einen maßgeschneiderten Pensionsplan um – hier der Pensionsplan Metzler rBZ 1. Wichtig für eine erfolgreiche Umsetzung ist, dass der Versorgungsträger bereits zu Beginn der Verhandlungen beratend dabei ist.
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