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Werbeinformation der Metzler Asset Management GmbH - 10.9.2021 - Edgar Walk

Inflation ist eigentlich Staatsversagen

Jede gewünschte Inflationsrate lässt sich praktisch mit dem richtigen Mix aus Geld- und staatlicher Finanzpolitik erreichen. Damit sind jedoch auch immer Nebenwirkungen verbunden. So bestand in Japan lange die Sorge, dass eine Kombination aus ultralockerer Geldpolitik und hohen Staatsdefiziten über einen längeren Zeitraum zwar die Deflation beenden würde, dadurch jedoch auch Prozesse in Gang gesetzt werden würden, die ein nicht mehr zu kontrollierendes Überschießen der Inflation auslösen könnten. Im Rückblick zeigt sich, dass diese Ängste übertrieben waren. Auch bekämpfte die US-Notenbank lange Zeit die hohen Inflationsraten in den 1960er- und 1970er-Jahren nicht ernsthaft mit hohen Zinsen, da die daraus resultierende tiefe Rezession aus politischen Gründen vermieden werden sollte. 

Inflation oder Deflation? Darüber entscheiden oft auch politische Zielkonflikte

Aber auch die Hyperinflation 1923 und die schwere Deflation 1931 in Deutschland hatten politische Ursachen. So scheute sich die deutsche Regierung davor, die wertlosen Kriegsanleihen nach dem Ersten Weltkrieg zu annullieren. Infolge stark steigender Sozialleistungen und hohen Reparationszahlungen war der Staatshaushalt sowieso schon überfordert, und es gab keinen Spielraum mehr für Zinszahlungen auf ausstehende Kriegsanleihen. Erst die Hyperinflation ermöglichte dann die notwendige Entschuldung des Staates. Im Gegensatz dazu herrschte in den 1930er-Jahren eine schwere Deflation in Deutschland, da die Große Depression die Staatseinnahmen kollabieren ließ und somit eine unmenschliche Austeritätspolitik erforderte, die signalisieren sollte, dass die deutsche Regierung alles unternahm, um die internationalen Verpflichtungen aus dem „Young-Plan“ zu erfüllen – konkret die darin festgelegten Reparationszahlungen. Zudem bestand die Sorge, dass eine zu stimulierende Wirtschaftspolitik eine Rückkehr zur traumatisch erlebten Hyperinflation verursachen könnte.

Historisch entstand also oft dann eine hohe Inflation oder eine Deflation, wenn gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge falsch eingeschätzt wurden oder wenn politische Zielkonflikte entstanden, die die Geldwertstabilität nur noch zu einem untergeordneten Ziel degradierten.

Die Erfahrung lehrt: Inflationsanstieg lässt sich besser mit der Geldpolitik in den Griff bekommen

Die Erfahrung der vergangenen Jahrzehnte zeigt zudem, dass die Geldpolitik besser geeignet ist, eine steigende Inflation einzudämmen, da sich die Zinsen schnell und unbegrenzt anheben lassen. Im Gegensatz dazu kann die Fiskalpolitik besser eine Deflation bekämpfen, da sie direkt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage beeinflusst. In diesem Zusammenhang zeigen die Erkenntnisse aus der „Modern Monetary Theory“, dass es in einem deflationären Umfeld keine Grenze für die Höhe der Staatsschulden gibt, da sparwütige Privathaushalte verzweifelt nach Finanzanlagen suchen und die neuemittierten Staatsanleihen entweder direkt oder indirekt über andere Kanäle des Sparens kaufen. Das beste Beispiel dafür ist Japan mit einer derzeitigen Staatsverschuldung von 260 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP), das sich trotzdem durch einen sehr stabilen Anleihemarkt und einen robusten Außenwert der Währung auszeichnet. In einem deflationären Umfeld erweist sich die Zinspolitik oft als stumpfes Instrument, weil die Privathaushalte trotz Niedrigzinsen keine Kredite aufnehmen wollen. Eine zu expansive Geldpolitik kann in solch einem Umfeld sogar eine Finanzmarktblase verursachen, weil damit zu viel Liquidität in die Finanzmärkte fließen kann.

So bekämpfte die US-Notenbank in den Jahren nach 2001 zwar erfolgreich die deflationären Tendenzen infolge von Rezession, Digitalisierung und Globalisierung mit ultraniedrigen Zinsen, nahm als Nebenwirkung dessen jedoch eine sich gigantisch aufbauende Immobilienpreisblase in Kauf. Oder anders ausgedrückt: Die US-Notenbank konnte ihr Inflationsziel nur dank der Immobilienpreisblase erreichen, weil der damit verbundene Konsumboom nur mit schwacher Inflation einherging. Denn in einer zunehmend globalisierten Wirtschaft stiegen die Importe rasant und hielten damit die Preise in den USA niedrig. Im Rückblick wäre eine aktivere staatliche Sozialpolitik wohl das bessere Instrument gewesen, weil die US-Regierung damit auch die Spannungen innerhalb der Gesellschaft hätte reduzieren können.

Vertrauen in die Geldwertstabilität ist das A und O

Heißt das also, dass dank der Erkenntnisse aus der „Modern Monetary Theory“ der Wirtschaftspolitik keine Grenzen mehr gesetzt sind? Tatsächlich gibt es nur eine Grenze – nämlich das Vertrauen der Bevölkerung und der ausländischen Anleger in die Geldwertstabilität. Geht das Vertrauen verloren, flieht das Kapital, und die Währung crasht. Die langfristigen Inflationserwartungen spiegeln dabei am besten das allgemeine Vertrauen in die Geldwertstabilität wider. Das Inflationsziel der Zentralbanken lässt sich daher auch als ein Instrument der Vertrauensbildung interpretieren – die Wirtschaftspolitik hat nämlich nur solange freie Hand, solange die allgemeinen Inflationserwartungen fest am Inflationsziel der Notenbank verankert sind.

Inflationserwartungen im Fokus
Inflation-Swap 10 Jahre in %

Quellen: Refinitiv Datastream, Metzler

Stand: 3.9.2021

Langfristige Inflationserwartungen als wichtiger Indikator für den richtigen Handlungsmix gegen Preisauftrieb

In den USA kehrten die langfristigen Inflationserwartungen gemäß Inflationsswaps in den vergangenen Monaten wieder auf ein Niveau von etwa 2,5 % zurück – im Einklang mit dem Inflationsziel der US-Notenbank. Die Finanzmarktakteure signalisieren somit, dass die US-Wirtschaftspolitik genau den richtigen Mix im Kampf gegen die Inflation gefunden hat. Im Gegensatz dazu liegen die langfristigen Inflationserwartungen in der Eurozone mit etwa 1,7 % noch deutlich unter dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB). Damit signalisieren die Finanzmarktkateure, dass sie die Geldwertstabilität in der Eurozone aufgrund zu geringer Staatsausgaben als nicht gegeben ansehen. Der Politikmix wird somit als zu restriktiv eingeschätzt.

Entsprechend unseren bisherigen Ausführungen bestehen unseres Erachtens nicht zu unterschätzende mittelfristige Inflationsrisiken. Einerseits könnten die Zentralbanken und Regierungen die Zusammenhänge falsch einschätzen und die Inflationsraten aufgrund des starken Wachstums und der Schwierigkeiten in den Lieferketten merklich steigen. In diesem Fall wären die Zentralbanken zu deutlichen Leitzinserhöhungen gezwungen. Damit würden sie jedoch andererseits in einen Zielkonflikt geraten, da die Zinslast für Schuldner merklich steigen würde und die Risiken von Schuldenkrisen zunehmen könnten. Auch würden merkliche Turbulenzen an den Finanzmärkten drohen, sodass es zu einem gewaltigen Umschwung von Inflationsrisiken zu einer Deflation kommen könnte. 

Die Zentralbanken werden daher den schmalen Pfad finden müssen, mit dem sie zwar eine etwas höhere Inflation riskieren, aber einen allgemeinen Vertrauensverlust verhindern. Gleichzeitig dürfen sie jedoch die Inflation nicht zu stark bekämpfen, um so Finanzmarkt- und Schuldenkrisen zu vermeiden. 

Kampf gegen die Inflation im aktuellen Umfeld

Die obigen Ausführungen zeigen, dass es für die Zentralbanken wichtiger ist, die Inflationserwartungen zu managen als die tatsächliche Inflation. 

Dementsprechend dürfte die US-Notenbank den Fokus auf die Inflationserwartungen der Konsumenten (Montag und Freitag) legen. Natürlich wird sie auch den Blick auf die Inflation (Dienstag) richten – vor allem darauf, dass das Narrativ einer nur vorübergehend hohen Inflation weiterhin intakt ist und somit nicht die langfristigen Inflationserwartungen beeinflusst. Grundsätzlich sind die Inflationsrisiken in den USA aufgrund der hohen Lohndynamik jedoch hoch, und die Risiken für eine Vertrauenskrise in den kommenden Monaten sollten nicht unterschätzt werden. Dafür ist die derzeitige Schwierigkeit, offene Stellen zu besetzen (Wirtschaftsverband NFIB, Dienstag), ein wichtiger Indikator.

Auch in der Eurozone stieg die Inflation (Freitag) zuletzt merklich. Angesichts einer schwachen Lohndynamik (Mittwoch) schätzen wir die mittelfristigen Inflationsrisiken trotzdem als eher niedrig ein.

Schwache Konjunkturdaten aus den USA und China – nur Europa sticht positiv hervor

Die zuletzt starken Konjunkturdaten aus Europa dürften noch in den kommenden Monaten durch das Geld des Aufbaufonds „Next Generation EU“ befeuert werden. Dabei ist eine Outperformance der Länder an der Peripherie der Europäischen Union gegenüber Kerneuropa sogar sehr wahrscheinlich.

Im Gegensatz dazu droht eine merkliche Schwäche der US-Konjunktur aufgrund von Lieferengpässen in der Industrie: Daher werden die neuesten Zahlen zur Industrieproduktion (Mittwoch) und zum Philadelphia Fed Index (Donnerstag) mit Spannung erwartet. Auch leiden die Konsumenten unter geringeren Finanzhilfen des Staates, was sich angesichts gleichzeitig hoher Preise in einer sinkenden Kaufbereitschaft niederschlagen dürfte – und damit in den Einzelhandelsumsätzen (Donnerstag).

Rezessive Tendenzen in China verschärfen sich

Neben vielen anderen regulatorischen Schritten zog Chinas Regierung zuletzt auch die Schrauben am Wohnimmobilienmarkt an. Abzulesen ist dies am negativen Kreditimpuls, in dem sich ein nachlassendes Kreditwachstum widerspiegelt. Mehrere Immobilienfirmen mussten daher schon Konkurs anmelden, und auch der Immobilienkoloss „Evergrande“ wackelt bedenklich. Vor diesem Hintergrund sind die Umsätze mit Immobilien schon merklich zurückgegangen, und die Immobilienpreise (Mittwoch) dürften mit einem Rückgang folgen. Die Schwäche am Wohnimmobilienmarkt dürfte sich zunehmend auf die Gesamtwirtschaft ausbreiten und für schwache Zahlen zur Industrieproduktion (Mittwoch) und zu den Einzelhandelsumsätzen (Mittwoch) sorgen.

 Die chinesische Regierung muss aufpassen, dass die Rezession nicht eine Eigendynamik entwickelt, und dürfte daher schon bald mit neuen Staatsausgaben gegensteuern. 

Drei Szenarien für die Weltwirtschaft

  1. Mittelfristig moderate Inflationsrate im Rahmen des Inflationsziels der Zentralbanken – stabile Bondrenditen: Basisszenario mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 60 % 
  2. Hohe Inflationsraten von 3 % bis 4 % – Renditeanstieg von 100 bis 200 Basispunkten: Risikoszenario 1 mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 30 % 
  3. Japanische Verhältnisse mit einer Rückkehr der Inflation zu den niedrigen Werten der vergangenen 10 Jahre – Renditerückgang von 50 Basispunkten: Risikoszenario 2 mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 10 %
Edgar Walk, Chefvolkswirt Metzler Asset Management
Edgar Walk

Chefvolkswirt , Metzler Asset Management

Edgar Walk arbeitet seit 2000 bei Metzler. Als Chefvolkswirt im Bereich Asset Management ist er für die volkswirtschaftlichen Prognosen verantwortlich. Aufgrund seiner engen Zusammenarbeit mit dem Portfoliomanagement liegt sein Fokus neben der volkswirtschaftlichen Analyse verstärkt auf Kapitalmarktthemen. Vor seiner Anstellung bei Metzler studierte Herr Walk in Tübingen Volkswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Regionalstudien Ostasien und Japan. Zur Vertiefung seiner Studien verbrachte er ein Auslandssemester an der Doshisha-Universität in Kyoto (Japan). Am Institut für Weltwirtschaft in Kiel absolvierte er anschließend den Aufbaustudiengang „Advanced Studies in International Economic Policy Research“.

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