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Gastbeitrag: Anlagethema im Brennpunkt – Börsen-Zeitung - 22.12.2021 - Pascal Spano

Kognitive Fehler in der Kapitalanlage

Die Grundregeln für langfristigen Anlageerfolg sind eigentlich ganz einfach. Und doch schauen viele Anleger am Ende eines Jahres zurück und fragen sich bei der einen oder anderen Entscheidung: Wie konnte ich nur? Die Antwort hierfür ist bei einem mächtigen Gegner zu suchen, den jeder Börsianer im Laufe seines Lebens kennenlernt: dem eigenen Kopf und einer Reihe zutiefst menschlicher Fehler, die ihren Ursprung in der Verhaltenspsychologie haben. Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt. So lässt sich eine ganze Reihe zwar menschlicher, für die Kapitalanlage aber leider sehr ungünstiger kognitiver Verzerrungen zusammenfassen.

Der Confirmation Bias (Bestätigungsfehler) geht eng einher mit dem Phänomen der selektiven Wahrnehmung. Hat man sich für ein Investment entschieden, freut man sich über Bestätigung. In der Folge wird ausschließlich den positiven, die eigene Entscheidung untermauernden Nachrichten Glauben geschenkt, kritische Signale werden allenfalls peripher wahrgenommen. Man sucht vor allem die Bestätigung der eigenen Meinung. Ein Entkommen aus dieser Blase wird zunehmend schwieriger, und Risiken können sich ungehindert aufbauen.

Die Lösung hierfür ist naheliegend: Wer seine Scheuklappen ablegt und bewusst die eigene Entscheidung mit möglichen Negativszenarien konfrontiert, ist schon ein entscheidendes Stück weiter. Darüber nachzudenken, warum man eventuell falschliegen könnte, ist wichtig - und belohnt nicht nur mit per saldo besseren Ergebnissen, sondern auch mit der Erweiterung des eigenen Horizonts. In die gleiche Richtung geht auch der Information Bias. Darunter versteht man die Neigung, so viele Informationen wie möglich zu sammeln und mit der konkreten Fragestellung in Zusammenhang zu bringen. Doch mehr ist nicht immer besser. In der Finanzwelt werden wir täglich mit einer Flut von Daten konfrontiert. Mindestens 95 % dieser Zahlen und Nachrichten sind für die konkrete Entscheidung absolut irrelevant. Langfristig orientierte Anleger sollten den Blick für das Wesentliche nicht verlieren. Eine gründlich fundierte Anlageentscheidung darf und muss regelmäßig überprüft werden. Dies im Minutentakt der Märkte auf Basis jedes noch so kleinen Informationsschnipsels zu tun, führt aber dauerhaft kaum zum gewünschten Erfolg.

Schmerzhafte Verluste

Von Zeit zu Zeit kommt es zum schmerzlichen Punkt: Die Einschätzung zu einem bestimmten Investment erweist sich als falsch, und die Position notiert deutlich im Minus. Stellt sich die Anlage dann doch als Fehlgriff heraus, werden oft die Konsequenzen gescheut. Hier treibt der Besitztumseffekt sein Unwesen: Man misst einem Gut, das man besitzt, einen höheren Wert bei, als es Dritte tun würden - oder als es sachlich geboten wäre. Im ungünstigen Fall tritt dieses Phänomen gepaart mit der ebenfalls sehr menschlichen Verlustaversion auf.

Das Eingestehen eines Fehlgriffs im Aktienmarkt ist für Privatanleger und Profis gleichermaßen unschön. Allein die Tatsache, sich persönlich einmal für diese Aktie entschieden zu haben, macht sie in der Realität nicht wertvoller. Und ein Ende mit Schrecken ist an der Börse häufig deutlich besser als ein Schrecken ohne Ende.

Hilfreich ist in diesem Zusammenhang die nüchterne Betrachtung der Opportunitätskosten. Jedes Investment blockiert eine Position im Portfolio, und so sind Portfoliomanager täglich mit der Abwägung beschäftigt, ob nicht ein anderes Unternehmen einen besseren Performancebeitrag liefern könnte. Am Ende zählt nur die Gesamtperformance, nicht die Treue zu einer einmal getroffenen Entscheidung.

Bei unerfahreneren Anlegern zeigt sich hier auch häufig das "asymmetrische Empfinden" von Gewinnen und Verlusten. Der Verlust schmerzt, und nicht selten hält der Anleger zu lange an seinem Investment fest - in der vagen Hoffnung, sein Geld wieder zurückzugewinnen. Dabei werden dann sich aktuell bietende, deutlich vorteilhaftere Anlagemöglichkeiten ausgeblendet. Diese Einstellung verschlimmert in der Regel die Performance noch weiter. Der einzige Ausweg ist die mentale Rebasierung zu aktuellen Opportunitätskosten.

Der "Truthahn-Effekt"

Die von den großen Zentralbanken befeuerte, fast grenzenlose Verfügbarkeit von Liquidität und der damit einhergehende Aufschwung in weiten Teilen der Kapitalmärkte haben eine neue Generation von Anlegern angezogen. Getrieben von diversen Internetforen und mit einfachen Zugängen zu Neobrokern und neuen Börsen für allerlei Digitales wird hier mit hohem Risiko vor allem eines getan: das kritiklose Extrapolieren des langjährigen Anstiegs von Risiko-Assets in die Zukunft. Hier droht ein Effekt, der den erfahreneren Marktteilnehmern aus dem Platzen der Tech-Blase zur Jahrtausendwende noch bestens in Erinnerung sein dürfte: der "Truthahn-Effekt".

Jenes namensgebende Tier genießt ein sorgenfreies Leben, wird es doch täglich gefüttert und umhegt. So legt es kräftig an Gewicht zu, und mit jedem Tag steigt die Gewissheit, dass man es wirklich gut mit ihm meint. Bis Thanksgiving vor der Tür steht und das genussvolle Leben des Truthahns in der Bratpfanne endet.

Kryptoblase

Bei der Suche nach Parallelen im Finanzmarkt wird man schnell fündig. Neben allerlei Hochspekulativem, was in den letzten Wochen schon kräftig Federn gelassen hat, kommt einem zwangsläufig die wahrscheinlich größte Blase der vergangenen Dekaden in den Sinn: die Wert-Fata-Morgana an den Kryptobörsen. Dort freut sich der (Truthahn-)Investor, wie leicht ihm doch der Weg zu vermeintlichem Reichtum gemacht wird. Und dort schließt sich dann auch der Kreis zu allen anderen genannten kognitiven Verzerrungen. Wenn auch von den meisten der zahllosen Coins am Ende nicht viel übrig bleiben wird, aus den Fehlern hieraus wird sich noch für Generationen lernen lassen.

 

Börsen-Zeitung, erschienen am 22.12.2021,  Autor Pascal Spano, Leiter Research Metzler Capital Markets

Pascal Spano
Pascal Spano

Head of Research , Metzler Capital Markets

Pascal Spano ist seit 2017 bei Metzler tätig und leitet den Bereich Research im Kerngeschäftsfeld Capital Markets. Vor seiner Tätigkeit bei Metzler war er von 2013 bis 2017 Geschäftsführer des von ihm mitgegründeten FinTech-Unternehmens PASST Digital Services GmbH in Köln. Davor leitete Herr Spano zwei Jahre den Bereich Cash Equities bei der UniCredit Group in München und Frankfurt am Main. Für die Credit Suisse Ltd. verantwortete er von 2007 bis 2010 als Head of German Research die Analyse deutscher Aktiengesellschaften. Zuvor war Herr Spano über zehn Jahre bei der Deutschen Bank im Bereich Global Markets Research tätig und baute für ABN Amro die deutschen Research-Aktivitäten aus Frankfurt und London mit auf. Nach absolvierter Bankausbildung und berufsbegleitendem Studium der Wirtschaftswissenschaften an der FernUniversität in Hagen ist er seit rund 20 Jahren Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Finanzanalyse

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