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Gastbeitrag DEVISENWOCHE - Börsen-Zeitung Nr. 79 - 26.4.2022 - Eugen Keller

Der Euro dürfte wieder stärker werden

Die jüngste Stimmungsaufhellung hat viele Marktteilnehmer überrascht. Denn bei dem Versuch, alle Belastungsfaktoren aufzuzählen, wird einem fast schwindelig: Ukraine-Krieg, Coronavirus-Pandemie, Stagflation, Rezession, steigende Zinsen, ausufernde Verschuldung, haussierende Rohstoffpreise und, und, und. Interessanterweise fiel die jüngste Dollar-Stärke mit einer kräftigen Erholung der Rohstoffpreise und mithin einem starken Anstieg der Inflation und massiv steigenden Zinsen/Renditen zusammen. Prominentester Falke ist derzeit Fed-Gouverneur James Bullard, der vergangene Woche abermals für deutliche Zinserhöhungen plädierte, diesmal für einen Zinssatz von 3,5 % zum Jahresende. Der amerikanischen Wirtschaft würde dies nicht viel ausmachen, und die Arbeitslosenquote würde dennoch wohl auf weniger als 3 % sinken.

Wie das FedWatch Tool der US-Terminbörse CME zeigt, preisen die amerikanischen Zinsfutures inzwischen mit der höchsten Wahrscheinlichkeit einen Leitzins zwischen 2,75 % und 3 % zum Jahresende ein. Dies entspricht nach der bereits erfolgten Anhebung der Fed Funds Target Rate auf 0,25 bis 0,50 % am 16. März zehn weiteren Zinsschritten um jeweils 0,25 Prozentpunkte. Da bis Jahresende nur noch sechs FOMC-Meetings anstehen, würde dies vier "doppelten" Zinsschritten um jeweils 50 Basispunkte und zwei Zinsschritten um jeweils 25 Basispunkte entsprechen. Zwar erwarten die Marktteilnehmer weiterhin einen aggressiven Zinserhöhungszyklus der US-Notenbank, da auch das vergangenen Mittwoch veröffentlichte Beige Book der US-Notenbank auf einen zunehmenden und sich ausweitenden Inflationsdruck hindeutet. Vor diesem Hintergrund gilt nun auch ein großer Zinsschritt von 50 Basispunkten auf der Sitzung am 2./3. Mai als gesetzt. Allerdings scheint uns der Zinserhöhungspfad angesichts der konjunkturellen Belastungen doch zu ambitioniert.

Obwohl die Gemeinschaftswährung im bisherigen Jahresverlauf die zweitschlechteste Performance der G10-Währungen aufweist, sind ihre Verluste immer noch weniger als halb so groß wie die des japanischen Yen (Mehrjahrestiefstand zum Dollar), der bislang in der Hitliste die rote Laterne hält. Dies ist die Quittung dafür, dass sich die BoJ konsequent der globalen Zinswende verweigert und ihre ultra-expansive Geldpolitik beibehält. Hartnäckig hohe Inflationsraten haben jetzt auch die EZB bewogen, geldpolitisch aktiv zu werden. Mittlerweile sind nicht nur die Falken im Rat bereit, schnell gegen die Inflation vorzugehen. Das setzt allerdings voraus, dass sich die wirtschaftlichen Aussichten (hervorgerufen durch eine Energiekrise) nicht noch weiter verschlechtern.

Nach mehreren Ratsmitgliedern hat auch EZB-Vizepräsident Luis de Guindos vergangene Woche betont, dass die EZB bereits im Juli die Zinswende in der Eurozone einleiten könnte. Es gebe keinen Grund, das EZB-Anleihenkaufprogramm nicht im Juli auslaufen zu lassen, zumal dann auch eine Zinserhöhung im Juli möglich sei, sagte de Guindos in einem Bloomberg-Interview. Ähnlich äußerten sich die Ratsmitglieder Martins Kazaks von der lettischen Zentralbank und sein Kollege von der Bundesbank, Joachim Nagel. Nach all dem Zögern und Zaudern von Madame Lagarde sind dies ganz neue Töne. Konkret: Die EZB könnte auf ihrer Sitzung Anfang Juni verkünden, dass sie ab Juli ihre Anleihekäufe einstellt, und rund sieben Wochen später, auf der Sitzung am 21. Juli, dann den Leitzins anheben. Uns scheint auch dies zu ambitioniert, wir rechnen eher mit dem vierten Quartal.

Während die Dollar-Rally vergangene Woche eine Verschnaufpause einlegte, als die US-Langfristzinsen etwas zurückgingen und sich die Zinsstrukturkurve wieder verflachte, konnte der Euro - wenig überraschend - zwischenzeitlich etwas Boden gutmachen. Die hohe Inflation hatte zunächst positiv auf den Dollar bzw. negativ auf den Euro gewirkt, da der Markt zu Recht angenommen hatte, dass die Fed darauf aktiver reagiert als die EZB. Dies war bis vor kurzem auch so, weshalb unsere leicht zuversichtliche Euro/Dollar-Prognose (1,15 per Jahresende) lange auf schwachen Füßen stand. Der Euro-Nachteil aufgrund der weniger aktiven EZB wird erst dann wegfallen, wenn auch die EZB Signale sendet, restriktiver zu werden, so unsere hoffnungsvolle Botschaft. Dies dürfte nun der Fall sein.

Positive Seite

Ungeachtet der durch den Ukraine-Krieg weiter stark belasteten Lage in Europa präsentierte sich die Gemeinschaftswährung gegenüber dem Dollar in der vergangenen Woche von ihrer positiven Seite, gilt es die wichtige Unterstützung bei 1,0760 auf Wochenschluss zu verteidigen. An der Terminbörse CME bekommt die Spekulation auf einen steigenden Euro-Kurs mit plus 39 060 (+11 690) Kontrakten weiter Zulauf. Zur Erinnerung: Noch vor ca. einem halben Jahr waren die nichtkommerziellen Spekulanten mit 22 334 Kontrakten Euro-short positioniert.

Auch der Dollar hat seine Stolperfallen. So entwickeln sich auch die amerikanische Handels- und insbesondere die Leistungsbilanz in die völlig falsche Richtung: Statt zu sinken hat sich das Leistungsbilanzdefizit der USA von 2018 bis Ende 2021glatt verdoppelt - genau das, was Präsident Trump auf jeden Fall hatte verhindern wollen. Damit sind die USA zu der G10-Nation mit dem höchsten Leistungsbilanzdefizit im Verhältnis zum BIP "aufgestiegen". Und schließlich gibt es ja noch den Blick auf die Kaufkraftparität: Danach ist der Dollar gegenüber dem Euro (je nach Art der Berechnung) um gut 15 % überbewertet. Für uns ergibt sich also insgesamt ein Bild, das die Einheitswährung mittelfristig wieder chancenreicher zeigt, auch wenn die Bäume nicht in den Himmel wachsen dürften.

 

Börsen-Zeitung, 26.04.2022, Autor Eugen Keller, Nummer 79, Seite 13, 786 Wörter

Eugen Keller
Eugen Keller

Head of FI/FX Research , Metzler Capital Markets

Eugen Keller kam 2000 zu Metzler. Er leitet seit 2000 den Bereich FI/FX Research im Kerngeschäftsfeld Metzler Capital Markets und ist verantwortlich für die Entwicklung neuer Produkte. Vor seiner Tätigkeit bei Metzler war Herr Keller bei Dresdner Kleinwort Benson in Frankfurt am Main tätig: Von 1998 bis 2000 als stellvertretender Leiter der Abteilung Währungsstrategie und von 1996 bis 1998 als Floor-Analyst im Bereich Fixed Income. Davor arbeitete Herr Keller unter anderem als Fixed-Income-Stratege bei der Banque Indosuez in Frankfurt am Main und Paris und als Aktienanalyst beim Bankhaus Marcard Stein & Co in Frankfurt am Main. Er begann seine Karriere bei der Nassauischen Sparkasse in Wiesbaden, wo er als Leiter Research/Grundsatzfragen beschäftigt war. Herr Keller studierte Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule Frankfurt am Main mit den Schwerpunkten Finanzierung und Wirtschaftspolitik.

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