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DEVISENWOCHE in der Börsen-Zeitung - 28.10.2021 - Eugen Keller

Wie weit trägt die Erholung des Euro?

Die Erholung der Risikostimmung im Oktober hat viele Marktteilnehmer überrascht. Einerseits, da die jüngste Dollar-Stärke mit einer kräftigen Erholung der Rohstoffpreise zusammenfiel, und andererseits, da sich die globalen Renditen und Aktien im Gleichschritt erholten. Deuten diese Trends darauf hin, dass die Marktteilnehmer die Welt nun besser einschätzen als zuvor, d. h. mit anderen Worten, die Anleger sich nun vom Phänomen "Stagflation" ab- und dem Paradigma der "Reflation" wieder zuwenden. Wir glauben nicht!

Denn auch die jüngste Fondsmanager-Umfrage der Bank of America/Merrill Lynch spiegelt Skepsis in Bezug auf eine Konjunkturerholung. Bei der Oktober-Umfrage machten diesmal 380 Investoren mit, die zusammen gut 1 200 Mrd. US-Dollar verwalten. Erstmals seit 18 Monaten sind negative Wachstumserwartungen auf Sicht eines Jahres Ergebnis der Umfrage. Die Gründe: Inflation und Pessimismus wegen der Entwicklung Chinas. Auch glauben immer mehr Anleger, dass die Inflation dauerhaft ist: Immerhin 85 % der Befragten gehen von weiter steigenden Zinsen/Renditen aus.

Druck auf Zentralbanken

Die steigenden Preise üben nun auch Druck auf die Zentralbanken aus, ihre ultraakkommodierende Politik aufzugeben – nicht nur weil die Inflation unangenehm über ihre Zielmarken gestiegen ist, sondern auch weil die Inflation die realen Leitzinsen drückt, wodurch die derzeitige Geldpolitik noch akkommodierender wirkt. In Neuseeland und Norwegen haben die jeweiligen Zentralbanken ihre Zinsen bereits angehoben und weitere Erhöhungen angedeutet. Die Bank von England hat durch den Gouverneur Andrew Bailey jüngst davor gewarnt, dass die Inflation im Vereinigten Königreich "sehr schädlich" werden könne, und andere Zentralbanken scheinen kurz vor Zinserhöhungen zu stehen. Die hohe Inflation hat zunächst positiv auf den Dollar bzw. negativ auf den Euro gewirkt, da der Markt annimmt, dass die Fed aktiver darauf reagiert als die Europäische Zentralbank (EZB). Das könnte kurzfristig anhalten, weshalb wir unsere Euro/Dollar-Prognose per Jahresende auch etwas abgesenkt haben. Der Euro-Nachteil aufgrund der weniger aktiven EZB wird erst dann wegfallen, wenn auch die EZB Signale sendet, restriktiver zu werden. Dies dürfte über kurz oder lang auch der Fall sein und deutet sich bereits in den Äußerungen verschiedener EZB-Ratsmitglieder an. Selbst der als Super-Taube verschriene Gouverneur der finnischen Zentralbank, Olli Rehn, wurde mit den Worten zitiert, dass "die Inflation jetzt im Einklang mit der EZB-Strategie steht", während das slowenische Ratsmitglied Bostjan Vasle davor warnte, dass die Lohnsignale substanziell werden, was weitere Inflationsrisiken bergen könnte.

Ungeachtet dieser aktuell noch eher belastenden Haltung präsentierte sich die Gemeinschaftswährung gegenüber dem US-Dollar in der vergangenen Woche von ihrer positiven Seite, konnte sie doch die wichtige Unterstützung bei 1,15 verteidigen. An der Terminbörse CME hält sich die Spekulation auf einen fallenden Euro-Kurs mit minus 18 398 Kontrakten indes hartnäckig. Zur Erinnerung: Noch vor ca. einem Jahr waren die nichtkommerziellen Spekulanten mit 168 637 Kontrakten Euro-long positioniert. Nach einem guten Jahr 2020 rangiert der Euro in der Hitliste der G20-Währungen eher in der zweiten Tabellenhälfte, da sowohl die angelsächsischen Valuten als auch insbesondere die Rohstoffwährungen deutlich outperformt haben. Hauptverlierer der ersten drei Quartale 2021 war neben der türkischen Lira (20 % Inflation) der japanische Yen, der sich inflationsresistent, aber letztlich auch geldpolitisch unverändert zeigt. Das berühmte "lower for longer" scheint der BoJ auch für viele weitere Jahre anzuhaften.

Stolperfallen für den Dollar

Aber auch der US-Dollar hat seine Stolperfallen. Die unter Trump protektionistische Politik der USA hat dazu geführt, dass erste Marktexperten von einem regelrechten Strukturbruch gesprochen und sogar die Vormachtstellung des Dollar als Reservewährung in Frage gestellt haben. Das war unseres Erachtens zwar alles etwas weit hergeholt, doch scheinen auch uns einige Kratzer am Image der bisherigen Leitwährung der Welt durchaus tiefer zu gehen. So entwickeln sich auch die US-amerikanische Handels- und insbesondere die Leistungsbilanz in die völlig falsche Richtung: Statt zu sinken, ist das Leistungsbilanzdefizit der USA von 2017 bis 2020 um gut 70 % auf 616 Mrd. Dollar gestiegen - genau das, was Präsident Trump auf jeden Fall hatte verhindern wollen. Damit sind die USA zu der G10-Nation mit dem höchsten Leistungsbilanzdefizit im Verhältnis zum BIP "aufgestiegen". Während die Handelsbilanz 2017 noch mit monatlichen Defiziten um 42 Mrd. Dollar"glänzte", schlagen aktuell schon mehr als 70 Mrd. Dollar zu Buche. Dazu kommt eine über die vergangenen Jahre viel zu geringe Sparquote. Und diese Probleme werden zunehmend schlimmer, sollte das Haushaltsdefizit in den kommenden Jahren weiter aufgeblasen werden -Stichwort notwendige fiskalpolitische Antworten auf Covid-19. Und schließlich gibt es ja noch den Blick auf die Kaufkraftparität: Danach ist der Dollar gegenüber dem Euro (je nach Art der Berechnung) um gut 10 % überbewertet.

Einheitswährung im Vorteil

Für uns ergibt sich also insgesamt ein Bild, das die Einheitswährung mittelfristig im Vorteil sieht, auch wenn die Bäume nicht in den Himmel wachsen dürften. Unsere Prognose für das Jahresende 2022 lautet 1,25 Dollar.
 

Börsen-Zeitung, 26.10.2021, Nummer 206, Seite 13

Eugen Keller
Eugen Keller

Head of FI/FX Research , Metzler Capital Markets

Eugen Keller kam 2000 zu Metzler. Er leitet seit 2000 den Bereich FI/FX Research im Kerngeschäftsfeld Metzler Capital Markets und ist verantwortlich für die Entwicklung neuer Produkte. Vor seiner Tätigkeit bei Metzler war Herr Keller bei Dresdner Kleinwort Benson in Frankfurt am Main tätig: Von 1998 bis 2000 als stellvertretender Leiter der Abteilung Währungsstrategie und von 1996 bis 1998 als Floor-Analyst im Bereich Fixed Income. Davor arbeitete Herr Keller unter anderem als Fixed-Income-Stratege bei der Banque Indosuez in Frankfurt am Main und Paris und als Aktienanalyst beim Bankhaus Marcard Stein & Co in Frankfurt am Main. Er begann seine Karriere bei der Nassauischen Sparkasse in Wiesbaden, wo er als Leiter Research/Grundsatzfragen beschäftigt war. Herr Keller studierte Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule Frankfurt am Main mit den Schwerpunkten Finanzierung und Wirtschaftspolitik.

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