Windfall-Profits – Grenze für Zufallsgewinne der Energieversorger?
Die Strompreise kannten in den vergangenen Monaten nur eine Richtung: nach oben. Sobald langfristige Lieferverträge ausgelaufen sind, werden diese gestiegenen Preise auch an private Verbraucher und Unternehmen weitergegeben werden – mit erheblichen Folgen für die Wirtschaft ist zu rechnen. Drei Fragen an Guido Hoymann zur Lage am Strommarkt.
Wie stark ist der Strompreis derzeit vom russischen Gas abhängig?
Seit Anfang September wird durch die Pipeline Nordstream 1 kein Gas mehr von Russland nach Deutschland geliefert – und das wird voraussichtlich auf absehbare Zeit so bleiben. Gleichzeitig sind die deutschen Gasspeicher zu ca. 88 % gefüllt – mehr als im vergangenen Jahr um diese Zeit. Das liegt daran, dass Verbraucher schon begonnen haben zu sparen: Der Verbrauch liegt etwa 13 % unter dem des Vorjahres. Insgesamt hat die Unsicherheit um die Versorgungslage zu einem rasanten Anstieg der Gaspreise geführt.
Am Strommarkt bestimmt stets der teuerste Anbieter den Preis. Dieser Preismechanismus, auch als Merit Order System bekannt, hat sich zur Sicherung eines stets zuverlässigen Versorgungsangebots in den vergangenen Jahrzehnten etabliert und bewährt. Sobald die Nachfrage nicht ausschließlich durch erneuerbare Energien, Atomkraft oder Kohlestrom gedeckt werden kann, springen Gaskraftwerke ein und produzieren die restliche nötige Energie – das ist häufig derzeit der Fall. Deren Preis gilt dann auch für den Strom der eigentlich günstigen Renewables.
Das klingt nach einem guten Geschäft für die Betreiber von Windkraft- und Solaranlagen?
Die Produktionskosten für eine Megawattstunde Wind- oder Solarstrom liegen im Schnitt bei rund 60 Euro. Die garantierten Einspeisetarife, mit denen sich die Anbieter von Wind- und Sonnenstrom in den vergangenen Jahren auch in aller Regel begnügten, beliefen sich auf deutlich unter 100 Euro je Megawattstunde. Die Anbieter dürfen ihren Strom allerdings auch „am Markt“ verkaufen. Hier stiegen die Strompreise zuletzt in der Spitze bis auf 1.000 Euro pro Megawattstunde.
Welche Pläne gibt es, diese Gewinne zu besteuern?
Die Europäische Union scheint eine Erlösobergrenze von 200 Euro je Megawattstunde zu planen, die bis zum Jahresende eingeführt werden soll. Alle Gewinne oberhalb dieser Schwelle müssten die Stromerzeuger als Zufallsgewinne, die auch Windfall-Profits genannt werden, an den Staat abführen. Für die Anbieter von Strom aus erneuerbaren Energien wäre das ein immer noch sehr guter Preis, mit dem vor einem Jahr niemand gerechnet hätte. Er gäbe den Unternehmen zudem den Spielraum, weiterhin in den Ausbau CO2-neutraler Energieträger zu investieren, um die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu senken.