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Werbeinformation der Metzler Asset Management GmbH - 24.9.2021 - Edgar Walk

China: Keine Finanzmarktkrise, aber Rezession

Droht China eine Finanzmarktkrise, sollte die Immobilienfirma Evergrande in Konkurs gehen? Finanzmarktkrisen entstehen in der Regel durch Liquiditätsengpässe bei einzelnen sehr wichtigen Akteuren. Da aber die chinesische Regierung den Bankensektor, die Versicherungen und die institutionellen Investoren kontrolliert, hat sie auch die vollständige Kontrolle über die Finanzmärkte. Zudem war China zu keinem Zeitpunkt auf ausländische Investoren angewiesen, die aufgrund einer Kapitalflucht eine Finanzmarktkrise hätten auslösen können. Die Antwort lautet also eindeutig: Nein.

„Evergrande“ ist nur die Spitze des Eisbergs eines überdimensionierten Immobiliensektors

Die finanziellen Probleme von Evergrande sind aber auch nicht einfach so vom Himmel gefallen. Sie sind vielmehr symptomatisch für einen überdimensionierten Immobiliensektor, in dem viele Firmen ihr halsbrecherisches Wachstum hauptsächlich über Kredite finanziert haben. So lag die Verschuldung des Unternehmenssektors im vierten Quartal 2020 bei etwa 160 % des BIP, woran der Immobiliensektor einen hohen Anteil hatte – gegenüber einer Verschuldung der Konsumenten von nur etwa 60 % und einer Verschuldung des Staates von etwa 70 % des BIP. China hat damit ein vergleichbar hohes Niveau der Verschuldung wie die USA, Japan und Europa.

Hohe Verschuldung in Hongkong und China lässt sich überwiegend auf den Immobilienmarkt zurückführen
Verschuldung von Staat, Haushalten und Unternehmen im nichtfinanziellen Sektor in % vom BIP

Quellen: Refinitiv Datastream, Metzler; Stand: 31.12.2020

Ein Blick auf die wirtschaftliche Bedeutung des Immobiliensektors untermauert das. So trug in China allein die Bautätigkeit im Wohnimmobilienmarkt etwa 10 % zum BIP im Jahr 2020 bei. In den USA dagegen lag der Wert im vergangenen Jahr bei etwa 3,5 % des BIP – und selbst zum Hochpunkt der Immobilienblase 2005 lag er nur bei etwa 6 %. Experten schätzen, dass unter Berücksichtigung des gewerblichen Immobilienmarktes und der indirekten wirtschaftlichen Verbindungen etwa 30 % der chinesischen Wirtschaftsleistung vom Immobilienmarkt abhängen könnten.

Hohes Investitionstempo bei Wohnimmobilien in China
Investitionen in Wohnimmobilien in % des BIP

Quellen: Refinitiv Datastream, Metzler; Stand: 19.3.2021

In China war bis 1998 der Immobilienmarkt eigentlich nicht existent, und erst die Landreform weckte ihn aus seinem jahrhundertelangen Dornröschenschlaf – es bestand also ein immenser Nachholbedarf an Wohnimmobilien und Infrastruktur. Folglich ist es nicht überraschend, dass der chinesische Immobiliensektor größer als in anderen Ländern ist.

Warum jetzt – schwächere Nachfrage, schärfere Regulierung

In den vergangenen Jahren mehrten sich jedoch die Sorgen der chinesischen Regierung, dass der Aufholprozess zu weit gegangen sein und zu einer gefährlichen Blase führen könnte. Dementsprechend wurde der Zugang zu Immobilienkrediten immer wieder reguliert. Seit Jahresanfang verschärfte die chinesische Regierung die Regulierung am Immobilienmarkt drastisch, da die bisherigen Maßnahmen nicht zu den gewünschten Ergebnissen geführt hatten. Der Zugang der privaten Haushalte zu Immobilienkrediten wurde merklich erschwert; zugleich wurden den Immobilienunternehmen strikte Vorgaben zu Verschuldungskennziffern gemacht (die „drei roten Linien“). Infolgedessen schwächte sich die Dynamik am Immobilienmarkt ab: Im August sanken die Umsätze um 20 % zum Vorjahr, auch aufgrund von Basiseffekten. Auslöser für die Solvenzprobleme von Evergrande war somit eine schwächere Nachfrage in Kombination mit einer schärferen Regulierung.

Ziel ist eine Reduktion der Verschuldung

Die chinesische Regierung möchte die Verschuldung im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung abbauen und den Immobiliensektor verkleinern. Die Verschuldung sinkt, wenn Konkurse einen Schuldenschnitt ermöglichen und gleichzeitig kaum noch neue Schulden gemacht werden. Ein Konkurs von Evergrande und anderen Immobilienfirmen lässt sich also nicht ausschließen. Die Schrumpfung des Immobiliensektors wird Wachstum kosten und eine Rezession der chinesischen Wirtschaft in den kommenden Monaten unvermeidbar machen. Zum Beispiel würde alleine ein Rückgang des Baus von Wohnimmobilien von etwa 10 % des BIP (siehe 2. Grafik) auf 4 % des BIP über zwei Jahre bedeuten, dass das BIP-Wachstum in den beiden Jahren um mindestens 3 %-Punkte niedriger ausfällt. Insgesamt gehen wir jedoch von einem langsameren Tempo aus.

Dementsprechend liegen unsere Wachstumsprognosen deutlich unterhalb denen des Consensus: für 2021 bei 7,0 % gegenüber 8,4 % und für 2022 bei 4,5 % gegenüber 5,6 %. Rückgänge der Einkaufsmanagerindizes (Donnerstag und Freitag) dürften die schwierige konjunkturelle Lage untermauern. Es besteht dabei ein großes Risiko, dass die chinesische Regierung die regulatorische Schraube überdreht hat und die Rezession deutlich tiefer ausfällt als gedacht.    

Chinesische Regierung wird wahrscheinlich stabilisierend eingreifen

Immobilien haben eine besondere Bedeutung in China, da ihr Anteil bei etwa 80 % in der Vermögensanlage der privaten Haushalte ausmacht – gegenüber nur etwa jeweils 10 % in Aktien und Anleihen.

Immobilien sind mit Abstand die größten Vermögenswerte privater Haushalte in China
Marktwerte von Immobilien, Aktien und Anleihen 2017 in Bio. Yuan

Quellen: Nber Working Paper Series „Peak China Housing" – Working Paper 27697 von Kenneth S. Rogoff und Yuanchen Yang, Metzler, Stand: August 2020

Ein merklicher Rückgang der Immobilienpreise und Zwangsverkäufe könnte durchaus soziale Unruhen auslösen. Die chinesische Regierung dürfte also bald Maßnahmen ergreifen, um die Konjunktur zu stützen – idealerweise, indem sie den Konsum stimuliert, was eine gesündere Balance innerhalb der chinesischen Wirtschaft ermöglichen würde. Die Erfahrungen Japans zeigen jedoch, dass es sehr schwierig sein kann, die Konsumenten zu mehr Ausgaben zu animieren. Da in China noch Aufholpotenzial beim Konsum besteht, gehen wir jedoch davon aus, dass im nächsten Jahr eine Trendwende in der chinesischen Konjunktur erreicht werden kann.

Hongkong ist ein eigenständiges Risiko

In dieser Woche mehrten sich die Anzeichen dafür, dass sich auch in Hongkong eine Schwäche am Immobilienmarkt abzeichnen könnte. Hongkong leidet unter einer Knappheit an Immobilien, unter extrem hohen Preisen und daher auch unter einer immens hohen Verschuldung.

Eine Rezession in China könnte Hongkong mit seiner hohen Verschuldung empfindlich treffen
Private Verschuldung in % des BIP

Quellen: Refinitiv Datastream, Metzler; Stand: 19.3.2021

Bisher gab es in Hongkong stets eine so große Nachfrage nach Immobilien, dass kein Preisrückgang zu beobachten war. Sollte dieser Zustand anhalten, wäre eine Krise unwahrscheinlich. Nur eine merklich verringerte Kreditvergabe, plötzlich ängstliche Käufer und ein Wirtschaftsabschwung könnten eine Krise auslösen. Oder anders gesagt: Nicht die Höhe der Verschuldung ist der Auslöser für Krisen, sondern die Höhe der Zinslast. Dementsprechend steigt die Zinslast, wenn die Einnahmen sinken oder die Zinsen steigen. Die Regierung kann jedoch mithilfe von Konjunkturprogrammen das Einkommen stabilisieren und somit eine Krise verhindern. Auch sieht es derzeit nicht danach aus, dass die Zinsen steigen werden. Die Regierung in Hongkong steht also vor der Herausforderung, die Zinslast gut zu managen.

Eine Rezession in China dürfte sich kaum auf Europa auswirken

Die europäische Industrie könnte eigentlich angesichts der hohen Auftragsbestände viel mehr produzieren, ist aber aufgrund der Engpässe in den Lieferketten stark eingeschränkt – siehe Einkaufsmanagerindex (Freitag). Interessanterweise kommt daher eine Rezession in China für viele Unternehmen genau zur richtigen Zeit, da sie eine weiter steigende Nachfrage sowieso nicht hätten bedienen können. Sollte unsere Einschätzung richtig und die chinesische Wirtschaft dank der Konjunkturhilfen im nächsten Jahr wieder auf Erholungskurs sein, werden sich wahrscheinlich auch die Probleme in den Lieferketten wieder verringert haben und eine deutlich höhere Produktion ermöglichen.

Eine Rezession in China würde also die Inflationsrisiken in den USA und Europa verringern, da die Nachfrage sänke und Lieferketten weniger belastet wären. Dementsprechend rechnen wir trotz der konjunkturellen Schwierigkeiten in China mit einem nur moderaten Rückgang des Geschäftsklimaindex in der Eurozone (Mittwoch). Auch wird es spannend sein zu beobachten, ob die Flut an Bankeinlagen infolge der staatlichen Hilfen – die Banken schwimmen in Liquidität – zu einer höheren Kreditvergabe (Montag) animiert.

Für die Inflation (Freitag) sehen wir in den kommenden Monaten einen starken Aufwärtstrend; sie könnte merklich über 3 % steigen. Im nächsten Jahr dürfte sie sich aber wieder beruhigen.

Intakter Aufschwung in den USA

Die Konjunkturdaten der kommenden Woche werden voraussichtlich zeigen, dass der US-Aufschwung intakt ist: Auftragseingänge (Montag) sowie Konsumausgaben (Freitag). Auch dürfte die Stimmung unter den Konsumenten (Dienstag) und den Unternehmen (ISM-Index, Freitag) gut bleiben. Ein Wermutstropfen ist dagegen der rapide Anstieg der Immobilienpreise (Dienstag). 

Edgar Walk, Chefvolkswirt Metzler Asset Management
Edgar Walk

Chefvolkswirt , Metzler Asset Management

Edgar Walk arbeitet seit 2000 bei Metzler. Als Chefvolkswirt im Bereich Asset Management ist er für die volkswirtschaftlichen Prognosen verantwortlich. Aufgrund seiner engen Zusammenarbeit mit dem Portfoliomanagement liegt sein Fokus neben der volkswirtschaftlichen Analyse verstärkt auf Kapitalmarktthemen. Vor seiner Anstellung bei Metzler studierte Herr Walk in Tübingen Volkswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Regionalstudien Ostasien und Japan. Zur Vertiefung seiner Studien verbrachte er ein Auslandssemester an der Doshisha-Universität in Kyoto (Japan). Am Institut für Weltwirtschaft in Kiel absolvierte er anschließend den Aufbaustudiengang „Advanced Studies in International Economic Policy Research“.

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