Cookies

We use cookies in order to provide you with an optimal website experience. These include cookies that are technically or legally necessary for operating our site and controlling our commercial business objectives as well as cookies that are used for anonymous statistical purposes, monitoring comfort settings or displaying personalized content. The decision as to which types of cookies to allow is up to you. Please note that, based on your settings, some features of our website might not be accessible for you. For more information, see Details and Settings.

 

These cookies are absolutely vital for operating our site. They are required for security reasons or are necessary from a legal point of view.
*They cannot be deactivated.

In order to improve our website for you further, we collect anonymous data for statistical and analytical purposes.

These cookies are intended to facilitate use of our website for you. Your settings can be saved for 30 days.

Werbeinformation der Metzler Asset Management GmbH - 17.9.2021 - Edgar Walk

Die „Draghi-Euphorie“

The article is not available in the chosen language und will therefore be displayed in the default language.

Die Staatsschuldenkrise in Europa zwischen 2010 und 2012 wirft einen langen Schatten: Sie führte bis heute zu einem schwachen Euro-Wechselkurs und zu einer Underperformance europäischer Aktien. Ausländische Investoren halten sich mit Anlagen in Europa zurück, und europäische Anleger bevorzugen die Anlageregion USA. 

Dahinter steht die Sorge, dass das Konstrukt der europäischen Währungsunion immer noch sehr fragil sei. Italien wird oft als das schwächste Glied in der Kette bezeichnet – hier könnte ein Riss beginnen. Dafür gibt es Gründe: Die Staatsverschuldung liegt voraussichtlich bei 160 % des BIP in diesem Jahr, und das durchschnittliche Wirtschaftswachstum lag zwischen 1999 und 2019 bei nur 0,4 % jährlich. 

Das niedrige Wirtschaftswachstum war eine Folge geringer privater und staatlicher Investitionen, die immer die Voraussetzung für einen tragfähigen Aufschwung sind. Ein immenser Reformstau, ein mittelmäßiges Bildungssystem und eine nur im Schneckentempo arbeitende Justiz waren die Ursache für die geringe Investitionsneigung. 

Vor diesem Hintergrund und auch mit der Coronakrise im Rücken schien es nur eine Frage der Zeit, bis es in Italien zu einer großen Schuldenkrise kommt, zumal auch das politische Klima vergiftet ist. Derzeit zeigen die Umfragen, dass bei einer jetzigen Wahl die Partei „Fratelli d'Italia“ mit etwa 21 % die meisten Stimmen bekommen würde, gefolgt von der „Lega“ mit 20 % der Stimmen. Beide Parteien – die „Fratelli d'Italia“ wie auch die „Lega“ – gelten als EU-skeptisch und werben für den Austritt Italiens aus der Eurozone. Die Parteivorsitzende der „Fratelli“, Giorgia Meloni, spricht zudem vom Italexit aus der EU. Sie lehnt den Vertrag von Lissabon ab, ist entschieden gegen eine erneute Austeritätspolitik und tritt ein für einen Protektionismus in Italien.

Gelingt die Trendwende in Wirtschaft und Politik?

In diesem nationalen Notstand übernahm der ehemalige EZB-Präsident Mario Draghi die Position des Ministerpräsidenten in einer nationalen Regierung, an der fast alle im Parlament vertretenen Parteien beteiligt sind. Mario Draghi genießt in Italien hohes Ansehen und kann dank seiner Popularität in der Bevölkerung Reformen im Parlament umsetzen. 

So wurden unter seiner Führung bereits wichtige Reformen angegangen, etwa die Beseitigung bürokratischer Hindernisse. Auch wurden schon Projekte zur Modernisierung der öffentlichen Verwaltung initiiert. Der bisherige Höhepunkt war die Verabschiedung einer umfassenden Reform des Strafrechts durch das Parlament – trotz erheblichem politischem Gegenwind. Als zentrale Strukturreform war sie ein Eckpfeiler der Regierungsagenda. Die Reform war von der Europäischen Kommission gefordert worden, um Italien Zugang zu den Mitteln des Konjunkturprogramms des „Next EU Generation Funds“ geben zu können. Ministerpräsident Draghi ist damit etwas gelungen, woran schon viele Regierungen seit Jahrzehnten gescheitert waren.  

Es ist wahrscheinlich noch zu früh, um von einer „Draghi-Euphorie“ in Italien zu sprechen. Der größte Vertrauensbeweis ist jedoch die merkliche Erholung der Investitionsausgaben seit Jahresanfang. Nur wenn Unternehmer Vertrauen in die Zukunft haben, sind sie bereit zu investieren. Die realen Investitionsausgaben sind in Italien im zweiten Quartal 2021 sogar auf das höchste Niveau seit 2011 gestiegen. 

Italien holt bei den Investitionen auf
Reale Bruttoanlageinvestitionen (31.3.1999 = 100)

Quellen: Refinitiv Datastream, Metzler

Stand: 30. Juni 2021

Großes Vertrauen auch in Umfragen sichtbar

Das Konsumentenvertrauen und der Geschäftsklimaindex (jeweils Freitag) dürften das große Vertrauen der italienischen Bevölkerung und Unternehmen in Mario Draghi und seine Reformpolitik widerspiegeln. Bestätigung dafür dürften auch von starken Einkaufsmanagerindizes (Donnerstag) aus Italien und der Eurozone kommen. Zudem wird Italien in den kommenden Jahren auch die umfangreichen Finanzhilfen des „Next EU Generation Fund“ erhalten, die merklich höhere staatliche Investitionen ermöglichen. Italien könnte so in diesem Jahr ein Wirtschaftswachstum von über 6 % und im nächsten Jahr von über 4 % erzielen. 

Sollte Mario Draghi tatsächlich die Trendwende in der Wirtschaft Italiens schaffen, könnte auch eine politische Trendwende hin zur politischen Mitte folgen. Auch dürften die Sorgen um die Überlebensfähigkeit der Europäischen Währungsunion wieder nachlassen. Anders ausgedrückt: In Italien entscheidet sich die Zukunft des Euros. 

Eurozone: Geteilte Inflationsperspektiven 

In der Eurozone stieg die Inflation im August merklich auf 3 %. Die Unternehmen haben einen großen Bestand an Aufträgen, können diese aber aufgrund fehlender Vorprodukte nur sehr langsam abarbeiten. Auch stiegen die Preise für die Vorprodukte kräftig. Es ist also wenig überraschend, wenn viele Unternehmen ihre Endpreise anheben wollen. Neben dem bekannten ifo-Index (Freitag) werden immer auch zahlreiche begleitende Umfragen veröffentlicht. So zeigte die Umfrage des ifo-Instituts bei deutschen Einzelhandelsunternehmen im August die größte Bereitschaft seit Erhebung der Daten, die Preise zu erhöhen. Im September dürfte es hier keine Entspannung gegeben haben. Kurzfristig gibt es somit einen erheblichen Inflationsdruck in Deutschland und der Eurozone. 

Kurzfristiger Inflationsindikator
IFO, Deutschland, Einzelhandel, erwartete Verkaufspreise in 3 Monaten

Quellen: Refinitiv Datastream, Metzler

Stand: August 2021

Mittelfristiger Inflationsindikator
Outputlücke in Mrd. EUR

Quellen: Refinitiv Datastream, Metzler

Stand: August 2021

Daraus entsteht jedoch erst dann ein Inflationsproblem, wenn die Unternehmen auch nächstes und übernächstes Jahr die Preise stark erhöhen. Bis dahin sind jedoch die Chancen gut, dass die Transportkapazitäten wieder gestiegen sind und sich die Versorgung mit Vorprodukten erholt hat. In diesem Fall könnten die Preise der Vorprodukte auf hohem Niveau stabil bleiben, und die Inflation könnte wieder sinken. 

Europäische Unternehmen würden nur dann die Preise weiter kontinuierlich anheben, wenn in einem nächsten Schritt die Löhne 2022 und 2023 überproportional stark steigen würden. Ein Frühindikator dafür ist die Produktionslücke. Erst wenn die gesamtwirtschaftliche Nachfrage größer ist als das Angebot, besteht für die Arbeitnehmer eine ausreichend große Verhandlungsmacht, deutliche Lohnsteigerungen durchzusetzen. Die Produktionslücke ist aber noch negativ, sodass die mittelfristigen Inflationsrisiken derzeit begrenzt sind.

Interessanterweise dämpft die Verlangsamung der Konjunktur in China auch die Inflationsrisiken in den USA und Europa. 

China: Evergrande – ein Lehman-Moment für China? 

Der chinesische Immobilienkonzern Evergrande steht vor dem Konkurs. Evergrande ist der weltweit größte Einzelemittent von Unternehmensanleihen in Fremdwährung mit einem Volumen von mehr als 300 Mrd. USD. Die US-Dollar-Anleihen wurden jedoch von einem ausländischen Tochterunternehmen begeben, für die die inländische Mutter keine belastbaren Garantien gegeben hat. Den ausländischen Gläubigern droht somit der Totalverlust. 

Aber auch im Inland ist die Verschuldung von Evergrande groß. Bei einem Konkurs entstünden auch für inländische Banken und Anleger hohe Verluste. Daraus dürfte sich jedoch keine systemische Krise entwickeln. Lehman Brothers ging damals Pleite, weil Gläubiger ihr Geld abgezogen hatten und Lehman Brothers die Liquidität fehlte, um die Verbindlichkeiten zu bedienen. In China hat der Staat einen großen Einfluss auf die Banken, die Finanzmärkte und die institutionellen Investoren. Ein Lehman-Moment ist nahezu ausgeschlossen, denn die Regierung wird kaum eine Pleite von Finanzinstituten aufgrund von Liquiditätsengpässen zulassen. 

Dagegen könnte es zu einer ausgeprägten Schwächephase am Immobilienmarkt kommen, da einerseits die Regierung die regulatorischen Schrauben überdreht haben und sich zudem verunsicherte Käufer zurückhalten könnten. Schon im August sanken die Umsätze am Immobilienmarkt um 20 % gegenüber dem Vorjahr. Eine ausgeprägte Schwäche am Immobilienmarkt würde auch das gesamtwirtschaftliche Wachstum hart treffen und die Konjunktur erheblich beschädigen. In diesem Fall müsste die Regierung mit einer expansiven Fiskalpolitik gegensteuern.

Den chinesischen Finanzmärkten stehen also noch turbulente Zeiten bevor, eine systemische Liquiditätskrise ist jedoch nahezu ausgeschlossen. Die chinesische Konjunktur wird sich noch weiter merklich abschwächen; die Regierung dürfte aber im kommenden Jahr mithilfe einer expansiven Fiskalpolitik wieder für eine Trendwende sorgen. Grundsätzlich ist das Management der Finanzmärkte für die Regierung einfacher als das Management des Immobilienmarktes. 

USA: Sitzung der US-Notenbank im Fokus 

Ein Tapering in den USA scheint schon beschlossene Sache zu sein. Die US-Notenbank dürfte daher auf ihrer Sitzung am Mittwoch den Beginn für November verkünden. Aussagen von Mitgliedern des Offenmarktausschusses zufolge dürfte die Fed eine Reduktion um 15 Mrd. USD pro Monat beschließen, sodass nach acht Monaten das derzeitige QE-Programm beendet sein wird. Darüber hinaus werden noch zahlreiche Indikatoren zum Immobilienmarkt sowie die Einkaufsmanagerindizes veröffentlicht.

Edgar Walk
Edgar Walk

Chief Economist , Metzler Asset Management

Edgar Walk joined Metzler in 2000. As Chief Economist in the asset management division, he is responsible for formulating our global economic outlook. Due to his close cooperation with the portfolio management, he focuses on capital market themes as well as on global economic analyses. Mr. Walk holds a master’s degree in economics from the University of Tübingen in Germany and spent a semester at the University of Doshisha in Kyoto, Japan. In addition, he completed the program “Advanced Studies in International Economic Policy Research“ at the Institute of World Economy in Kiel, Germany.

More articles

This document published by Metzler Asset Management GmbH [together with its affiliated companies as defined in section 15 et seq. of the German Public Limited Companies Act (Aktiengesetz – "AktG”), jointly referred to hereinafter as “Metzler“] contains information obtained from public sources which Metzler deems to be reliable. However, Metzler cannot guarantee the accuracy or completeness of such information. Metzler reserves the right to make changes to the opinions, projections, estimates and forecasts given in this document without notice and shall have no obligation to update this document or inform the recipient in any other way if any of the statements contained herein should be altered or prove incorrect, incomplete or misleading.

Neither this document nor any part thereof may be copied, reproduced or distributed without Metzler‘s prior written consent. By accepting this document, the recipient declares his/her agreement with the above conditions.