Historisches Novum: EZB vor Fed?
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Es wäre ein historisches Novum, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) schon vor der Fed eine geldpolitische Wende einleiten würde.
Die EZB könnte bereits im Oktober mit dem Tapering beginnen
Allerdings ist dabei zu bedenken, dass das PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) ein Notfallprogramm ist, das voraussichtlich im März 2022 beendet werden kann, weil sich die Eurozone dann voraussichtlich in einem dynamischen Aufschwung befindet – angetrieben durch einen starken Export, durch eine Öffnung des Dienstleistungssektors und durch die üppigen Finanzhilfen im Rahmen des „Next Generation EU“-Fonds. Die EZB wird voraussichtlich schon ab Oktober das Kauftempo im Rahmen des PEPP drosseln – also tapern. Auf der EZB-Pressekonferenz in dieser Woche war davon noch nichts zu hören, was jedoch wenig überraschend ist, da sich die Notenbanker alle Optionen offenhalten wollen und nicht unter Handlungsdruck stehen. Hinzu kommt, dass die sich rapide in Großbritannien ausbreitende Delta-Mutation zu einem Unsicherheitsfaktor für den Aufschwung geworden ist. Die EZB wird daher erst auf ihrer Sitzung im September Farbe bekennen müssen. Im Gegensatz zu dem erwarteten Ende des PEPP im März 2022 gehen wir davon aus, dass die EZB auf absehbare Zeit an ihrem Wertpapierkaufprogramm (Asset Purchase Programme – APP) festhalten und weiterhin für etwa 20 Mrd. EUR pro Monat Anleihen kaufen wird.
Die US-Notenbank dürfte sich dagegen mit einer Trendwende in ihrer Geldpolitik mehr Zeit lassen
Die US-Notenbank (Donnerstag) sieht die aktuelle Inflationsentwicklung nicht als bedrohlich an, da sie nach ihrer Einschätzung nur einmalige Preiserhöhungen nach Öffnung der Wirtschaft widerspiegelt. Daher liegt der Fokus der Fed fast vollständig auf dem Arbeitsmarkt. Im Mai waren immer noch 7,6 Mio. Menschen weniger in Beschäftigungsverhältnissen als vor der Pandemie. Die Fed dürfte sich daher mit einer Trendwende der Geldpolitik Zeit lassen. Derzeit spricht vieles dafür, dass sie erst im Januar 2022 mit dem Tapering beginnen wird – also nach der EZB!
Ein Blick auf die Wachstumsrate der Bilanzen der beiden Zentralbanken zeigt zwei Phasen: Bis Ende 2018 schrumpfte die Fed-Bilanz leicht, während die EZB-Bilanz moderat expandierte. In dieser Phase war interessanterweise auch eine US-Dollar-Stärke zu beobachten. In der Frühphase der Pandemie explodierte jedoch die US-Notenbankbilanz, während die EZB ihre Bilanz etwas weniger stark ausweitete. Diese Phase dauerte bis Ende März, die auch mit einer Euro-Stärke einherging. Seit April hat die Fed das Tempo ihrer Bilanzexpansion stärker reduziert als die EZB, weshalb der Euro seitdem auch Schwierigkeiten hat, weiter aufzuwerten.
Die EZB verringert jedoch immer im Sommer ihre Anleihekäufe aufgrund einer merklich verringerten Markttätigkeit merklich und könnte ab Oktober mit dem Tapering beginnen. Somit bestehen insgesamt gute Chancen, dass das Tempo der Bilanzexpansion der EZB schon im August wieder hinter das Tempo der Fed zurückfallen wird. Der Euro hätte damit wieder mehr Aufwertungspotenzial.
Verrückte Welt am US-Bondmarkt
Die Inflation steigt, und die Bondrenditen fallen. Seit Anfang Juni ist die Rendite zehnjähriger US-Treasuries um etwa 15 Basispunkte gefallen. Ursache dafür war ein Rückgang der langfristigen Inflationserwartungen um etwa 15 Basispunkte. Die Finanzmarktakteure scheinen also die aktuell hohe Inflation als nur vorübergehend einzustufen – frei nach dem Motto: „Je höher die Inflation jetzt, desto niedriger wird sie in Zukunft sein.“
Diese Sichtweise ist richtig, wenn davon ausgegangen werden kann, dass die jetzt wieder öffnenden Branchen nur einmalig ihre Preise anpassen. Die Akteure am Bondmarkt preisen somit in die Kurse keine nennenswerte Risikoprämie mehr dafür ein, dass die Inflation über einen längeren Zeitraum höher ausfallen könnte. Im Umkehrschluss bedeutet das: Wenn die Erwartungen der Finanzmarktakteure enttäuscht werden sollten, könnte ein böses Erwachen am Anleihemarkt drohen.
Höhere Inflationsraten könnten sich dann verfestigen, wenn die Inflationserwartungen der Konsumenten (Montag) im Sinne einer selbsterfüllenden Erwartung steigen sollten oder wenn auch aus dem Ausland ein anhaltender Preisdruck kommen sollte (Importpreise, Mittwoch).
Konjunkturunsicherheit in China
In China ist der Kreditimpuls derzeit negativ, das heißt, das Kreditwachstum verlangsamt sich. Der Grund dafür ist, dass die Politik der chinesischen Regierung darauf zielt, die Schulden abzubauen. Schuldenabbau kostet jedoch Wachstum. Die Frage ist nun, wie stark Chinas Konjunktur belastet ist: Erste Hinweise darauf werden die Einzelhandelsumsätze und die neuesten Zahlen zur Industrieproduktion (jeweils Mittwoch) liefern.
Basis für tragfähigen Aufschwung in den USA scheint gelegt
Auch in den USA stellt sich die Frage, ob nicht der stärkste Konjunkturimpuls bereits hinter uns liegt, da keine Checks mehr an die Privathaushalte verschickt werden und die Arbeitslosenhilfe wieder gekürzt wurde. Erfahrungsgemäß entscheidet sich die Tragfähigkeit eines Aufschwungs an den Unternehmensinvestitionen, die den Staffelstab von der Finanzpolitik übernehmen müssen. Derzeit sprechen alle Frühindikatoren für eine hohe Investitionsneigung der Unternehmen und damit für einen tragfähigen Aufschwung in den USA. Natürlich können die Konjunkturdaten trotzdem immer wieder von Monat zu Monat schwanken und damit auch für die ein oder andere Enttäuschung sorgen. Umso gespannter darf man auf die neuesten Zahlen zu den Einzelhandelsumsätzen und zur Industrieproduktion (jeweils Dienstag) sein sowie auf den Philadelphia Fed Index (Donnerstag).
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