Der Euro könnte die hohe US-Inflation nach Europa bringen
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Die Inflation in der Eurozone stieg im Oktober auf 4,1 Prozent und lag damit doppelt so hoch wie das Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2,0 Prozent. Droht also für 2022 eine anhaltend hohe Inflation?
Inflation – differenziert betrachtet
Meine Kolleginnen und Kollegen vom Private Banking haben für die folgende Grafik Beiträge zur Inflation genauer aufgeschlüsselt, und zwar nach Energiepreisen, Lebensmittelpreisen und der Kernrate.
* Annahmen: Energiepreisentwicklung gemäß Öl-/Gas-Futurepreisen; Niveauverschiebung der Kerninflation zum Jahresbeginn 2022 aufgrund eines MwSt-Effekts in Deutschland; Anstieg der Nahrungs- und Genussmittelpreise im Rahmen des 20-jährigen Mittelwerts
Energiepreise sind der entscheidende Inflationstreiber
Die Grafik zeigt, dass allein der Anstieg der Energie- und Lebensmittelpreise mehr als die Hälfte zur Inflationsrate im Oktober beigetragen hat.
Ein Blick auf den Ölpreis der Marke Brent verdeutlicht den Effekt: Im Oktober 2020 betrug der Rohölpreis noch 31,7 EUR pro Barrel; im Oktober 2021 handelte der Ölpreis dagegen bei 72,7 EUR pro Barrel – ein Anstieg von etwa 130 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit die Energiepreise im nächsten Jahr ähnlich hoch zur Inflation beitragen wie in diesem Jahr, müsste der Ölpreis auf knapp 170 EUR pro Barrel steigen, was wir für sehr unwahrscheinlich halten. Wir gehen dagegen davon aus, dass der Ölpreis im zweiten Halbjahr 2022 wieder moderat zurückgehen könnte. Ab August 2022 dürfte die Inflationsrate in der Eurozone somit wieder unter 2,0 Prozent sinken.
Auch Basiseffekte werden eine Rolle spielen
Deutschland erhöhte im Januar 2021 den Mehrwertsteuersatz wieder von 16 Prozent auf 19 Prozent. Seit Juli 2021 gab es somit einen positiven Inflationseffekt, der sich sogar merklich auf die Kerninflationsrate in der Eurozone auswirkte. So sprang die Kerninflationsrate von 0,7 Prozent im Juli 2021 auf 1,6 Prozent im August 2021. Im Januar 2022 dürfte sich dieser Effekt umkehren und die Kernrate von 2,1 Prozent auf 1,6 Prozent fallen.
Arbeitsmarkt bestimmt maßgeblich die Kernrate
Die Kerninflation wird maßgeblich von der Binnenwirtschaft beeinflusst und damit von der Lohnentwicklung. So stiegen die Tarifgehälter in der Eurozone zwischen 2010 und 2021 um durchschnittlich 1,8 Prozent pro Jahr. Für die Konsumentenpreise ist jedoch entscheidend, wie sich die Lohnkosten pro produziertem Gut entwickeln. Daher ist auch ein Blick auf die Produktivität wichtig: Sie stieg im selben Zeitraum um durchschnittlich 0,7 Prozent pro Jahr.
Daraus lässt sich die Entwicklung der Lohnstückkosten ableiten, die von 2010 bis 2021 um etwa 1,1 Prozent (1,8–0,7 Prozent) jährlich stiegen. Wenn auch alle anderen Kosten der Unternehmen um etwa 1,1 Prozent pro Jahr steigen und die Unternehmen ihre Gewinnmargen konstant halten, steigt auch die Kerninflation um 1,1 Prozent pro Jahr, wie über die vergangenen zehn Jahre im Durchschnitt zu beobachten war. Heben die Unternehmen ihre Preise stärker an, als die Lohnstückkosten steigen, können sie ihre Gewinnmarge verbessern und einen höheren Gewinn ausweisen.
Quellen: Refinitiv Datastream, Metzler; Stand 31.10.2021
Im dritten Quartal 2021 stiegen die Tariflöhne in der Eurozone nur noch um geschätzt 1,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Unterstellt man nun eine konstante Produktivität von 0,7 Prozent, dann haben sich im dritten Quartal die Lohnstückkosten nur um 0,8 Prozent erhöht. Die aktuelle Lohnentwicklung ist somit ein Faktor, der für eine wieder sinkende Inflationsrate sorgen wird.
Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass sich in den kommenden Quartalen das Lohnwachstum deutlich beschleunigt. Aber erst eine Wachstumsrate der Löhne von über 2,7 Prozent könnte für die Inflationsperspektiven problematisch werden und zu einer Inflation von über 2,0 Prozent beitragen. Es dürfte mindestens ein Jahr dauern, bis eine höhere Lohndynamik zu beobachten ist.
Inflationsdruck könnte von außen nach Europa kommen
Der binnenwirtschaftliche Inflationsdruck in der Eurozone ist derzeit also eher gering. Allerdings ist das Risiko groß, dass die hohe US-Inflation zu steigenden Erwartungen höherer Leitzinsen in den USA beiträgt, was eine weitere signifikante Aufwertung des US-Dollars zur Folge hätte. Die Inflation in der Eurozone würde dann nicht so stark fallen wie oben beschrieben. Wir sehen derzeit die Wahrscheinlichkeit für dieses Szenario bei etwa 30 Prozent. Damit würde auch der Druck auf die EZB steigen, die Leitzinsen zu erhöhen, um den Euro-Wechselkurs zu stabilisieren.
Infektionswelle sorgt aber einmal für einen Wachstumsdämpfer in Europa
Es gibt erste Anzeichen dafür, dass sich die Engpässe in den Lieferketten entspannen. Davon dürfte die europäische Industrie merklich profitieren, was zu einer Verbesserung des Einkaufsmanagerindex der Industrie (Dienstag) und des ifo-Index (Mittwoch) beitragen könnte. Gleichzeitig steigen die Corona-Infektionszahlen in Mitteleuropa dramatisch, was einen großen Dämpfer für den Dienstleistungssektor bedeutet: Einkaufsmanagerindex des Dienstleistungssektors (Dienstag).
Robuste Konjunktur in den USA
In den USA läuft die Konjunktur derzeit rund: Einkaufsmanagerindizes (Dienstag), Konsum (Mittwoch) und Auftragseingänge (Mittwoch) – wohl auch, weil die USA bisher nicht so stark von der Herbst-Coronawelle betroffen sind. Spannend werden die Daten zum Immobilienmarkt, der unter zu hohen Preisen leidet: Verkauf bestehender Immobilien (Montag) und Neubauverkäufe (Mittwoch).
Ebenso spannend ist die Veröffentlichung der Inflationsrate in Japan (Freitag) für den Großraum Tokio im November. Gibt es schon erste Anzeichen für eine Beschleunigung?
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