Drei Zentralbankentscheidungen in einer Woche: Wo lauern Überraschungen?
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In gewissem Sinne haben die großen Zentralbanken ihre geldpolitischen Schritte für die kommende Woche schon vorangekündigt. Die US-Notenbank wird am Mittwoch den Auftakt mit einer Leitzinserhöhung von 25 Basispunkten machen, die EZB folgt dann am Donnerstag mit einem Zinsschritt in gleicher Höhe, während die Bank von Japan den Leitzins unverändert bei -0,1 Prozent belassen wird.
Die spannende Frage ist daher: Was kommt als nächstes? Ein Blick auf die Realzinsen kann hierbei eine Orientierung liefern.
Quellen: Refinitiv Datastream, Metzler; Stand 30.6.2023
USA: Leitzinserhöhungszyklus noch nicht beendet
Nur in den USA ist derzeit der Leitzins höher als die Kerninflation. Im vergangenen Leitzinserhöhungszyklus von Dezember 2015 bis Dezember 2018 reichte schon ein Realzins von 0,3 Prozent aus, um die US-Wirtschaft aus der Bahn zu werfen, sodass die US-Notenbank schon 2019 wieder den Leitzins senken musste.
In diesem Zyklus scheint die US-Wirtschaft jedoch resilienter zu sein: Nach einem Wirtschaftswachstum von 2,0 Prozent zum Vorquartal (annualisiert) im ersten Quartal 2023 rechnet der Consensus mit einem ähnlich hohen Wachstumstempo (Donnerstag) auch im zweiten Quartal. Die US-Wirtschaft scheint also derzeit etwas stärker als ihr langfristiger gleichgewichtiger Wachstumstrend zu wachsen, den die US-Notenbank bei zwischen 1,7 und 2,0 Prozent sieht.
Es gibt sogar Anzeichen dafür, dass sich die US-Konjunktur zu Beginn des dritten Quartals beschleunigt. Das Konsumentenvertrauen (Dienstag), die Neubauverkäufe (Mittwoch) sowie die Konsumausgaben (Freitag) könnten dies bestätigen. Auch werden am Montag die Einkaufsmanagerindizes für Juli veröffentlicht, wobei diese für die USA weniger aussagekräftig sind.
Eine Wachstumsbeschleunigung erhöht jedoch auch die Inflationsrisiken. Wir erwarten, dass die (Kern-)Inflation (Freitag) nur langsam fallen wird und damit noch lange Zeit über der Komfortzone der US-Notenbank verharren könnte. Hohe Arbeitskosten (Freitag) und wieder steigende Immobilienpreise (Dienstag) dürften einen Beitrag dazu leisten.
Eurozone: Abschwungstendenzen verstärken sich
In der Eurozone sind die Einkaufsmanagerindizes (Montag) dagegen sehr zuverlässige Konjunkturindikatoren – ebenso wie der ifo-Index (Dienstag) und der Geschäftsklimaindex der EU-Kommission (Freitag). Per Saldo dürften die Konjunkturdaten zeigen, dass sich die europäische Wirtschaft im Gegensatz zu den USA abschwächt.
Die Leitzinserhöhungen der EZB haben tatsächlich schon jetzt eine merklich bremsende Wirkung, wie die sinkende Kreditvergabe der europäischen Banken (Mittwoch) an Unternehmen und private Haushalte belegt. Auch schrumpfen die Geldmengen M1 und M3.
Daher rechnen wir damit, dass die EZB nach der Zinserhöhung in der kommenden Woche keinen weiteren Zinsschritt machen und den Leitzins vorerst bei 3,75 Prozent belassen wird. Ein Blick auf die obige Grafik zeigt jedoch, dass der reale Leitzins mit -2,2 Prozent immer noch ungewöhnlich niedrig ist. Die Hürde für eine Leitzinssenkung der EZB dürfte damit sehr hoch liegen.
Wir können uns sogar vorstellen, dass die EZB auch 2024 den Leitzins nicht senkt. Nur ein rapider Rückgang der Kerninflation dürfte die EZB zu Leitzinssenkungen bewegen, da damit ein ungewollt schneller Anstieg des Realzinses verbunden wäre, der der Konjunktur erheblich schaden könnte.
Die Entwicklung der Kerninflation ist daher voraussichtlich das maßgebliche Entscheidungskriterium der EZB im Hinblick auf Leitzinssenkungen. Die Umfrage der Europäischen Kommission bei den europäischen Einzelhändlern zu ihren Preissetzungsabsichten (Freitag) scheint ein sinnvoller Frühindikator für die Kerninflation zu sein.
Quellen: Refinitiv Datastream, Metzler; Stand 15.5.2023
Derzeit signalisiert die Umfrage, dass die Kerninflation in der Eurozone bis Februar nächsten Jahres nur bis auf 3,0 Prozent fallen wird – was immer noch deutlich über dem Inflationsziel der EZB wäre. Leitzinssenkungen in der Eurozone werden also so schnell nicht kommen.
Japan: Inflation verfestigt sich
Im Juni verharrte die Kerninflation in Japan bei 4,2 Prozent. Kommende Woche werden die Inflationszahlen aus dem Großraum Tokyo für Juli (Freitag) veröffentlicht. Der Consensus rechnet mit einer stabilen Kerninflation von 3,7 Prozent. Die Inflation in Japan scheint sich also zu verfestigen. Aber die Lohndynamik ist immer noch zu schwach, um die Inflation dauerhaft bei 2,0 Prozent zu verankern. Dazu müssten die Löhne um etwa 3,0 Prozent steigen – derzeit liegt die Wachstumsrate immer noch unter 2,0 Prozent.
Trotzdem könnte die Bank von Japan am Freitag eine Anpassung an ihrer Politik der Renditestrukturkurvensteuerung vornehmen. Der Anleihemarkt in Japan ist durch erhebliche Illiquidität und Verzerrungen gekennzeichnet. Eine Anhebung der Renditeobergrenze auf 1,0 Prozent könnte die Funktionsfähigkeit des Anleihemarktes deutlich verbessern. Damit würde aber auch eine merkliche Reaktion am Devisenmarkt einhergehen und den japanischen Yen stärken.
Exkurs: Schrumpfende Geldmenge ohne Deflation
In der Eurozone und in den USA schrumpfen die Geldmengenaggregate. Da Inflation nach monetaristischer Leseart immer und überall ein monetäres Phänomen ist, signalisieren die schrumpfenden Geldmengen eigentlich eine bevorstehende Deflation.
Die Geldmenge misst jedoch nur die Depositen der privaten Haushalte, der Unternehmen und des Staates bei den Geschäftsbanken. Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, warum die Wirtschaftsakteure die Depositen halten. Zwei mögliche Gründe sind hierfür denkbar: Einerseits könnten die Wirtschaftsakteure die Depositen für Transaktionen wie den Kauf eines Autos nutzen wollen oder andererseits einfach nur als Ersparnis liegen lassen.
Inflation oder Deflation ist eine Folge der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage, die wiederum durch das bewegte Geldvolumen und die Anzahl an Transaktionen bestimmt wird – also die Geldmenge multipliziert mit der Umlaufgeschwindigkeit.
Ein Beispiel: Ich habe 100 Euro auf meinem Bankkonto. Davon sind gedanklich 50 Euro mein Ersparnis und 50 Euro Ausgaben. Mein Geld hat also eine Umlaufgeschwindigkeit von 0,5 (Geldmenge 100 * Umlaufgeschwindigkeit 0,5 = Ausgaben 50).
Lege ich die 50 Euro nun in einem Sparvehikel an, das nicht zur Geldmenge zählt, dann reduziert sich meine Geldmenge auf 50. Da ich aber weiterhin 50 Euro ausgebe, steigt die Umlaufgeschwindigkeit auf 1,0.
Das heißt, dass auch bei einer sinkenden Geldmenge die Nachfrage steigen und die Inflation hoch bleiben kann, wenn nur Ersparnisse in andere Anlageformen verschoben werden.
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