USA: Fallende Inflation bei gleichzeitig fallender Arbeitslosenquote – wie geht das?
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USA: Das Inflationswunder
In den vergangenen beiden Monaten verlangsamte sich die Kerninflation auf einen Wert von etwa 2,0 Prozent (Jahresrate). Gleichzeitig fiel die Arbeitslosenquote von 3,7 Prozent im Mai auf 3,5 Prozent im Juli.
Eigentlich sagten Ökonomen wie Larry Summers voraus, dass die historischen Erfahrungen dafür sprechen, dass die Kerninflation nur mithilfe eines merklichen Anstiegs der Arbeitslosenquote wieder unter Kontrolle gebracht werden kann – also der traditionelle Phillips-Kurven-Zusammenhang. Wie ist also die merklich fallende Inflation zu erklären?
Wie immer in der Ökonomie gibt es mehrere Erklärungsmöglichkeiten. So könnte die Idee der nur transitorischen Inflation sich doch noch als richtig erwiesen haben. So betrug die Arbeitslosenquote auch schon vor der Pandemie etwa 3,5 Prozent und die Kerninflation lag nur bei 2,4 Prozent. Also wäre die aktuelle Entwicklung nur eine Rückkehr zur Niedriginflation der Zeit vor der Coronapandemie.
Eine alternative Erklärung dazu könnte eine nicht-lineare Phillips-Kurve sein. Als Gradmesser für den Arbeitsmarkt ist dabei das Verhältnis von Arbeitslosen zu offenen Stellen zunehmend in den Fokus gerückt. In den vergangenen Monaten ist die Zahl der offenen Stellen merklich gefallen, sodass sich die Lage am Arbeitsmarkt entspannen konnte und der Inflationsdruck nachließ.
Derzeit ist jedoch eine Beschleunigung der US-Konjunktur zu beobachten, die die Nachfrage nach Arbeitskräften wieder beleben könnte. Die Federal Reserve Bank of Atlanta schätzt derzeit für das dritte Quartal ein Wirtschaftswachstum von 4,1 Prozent. Sollte diese Erklärung richtig sein, wäre in den kommenden Monaten mit einer Wiederbeschleunigung der Inflation zu rechnen.
Die Federal Reserve Bank of Atlanta aktualisiert ihr Schätzmodell für das Wirtschaftswachstum stetig auf Basis neuer veröffentlichter Wirtschaftsdaten. Inputfaktoren für das Modell sind unter anderem die Einzelhandelsumsätze (Dienstag), die Industrieproduktion (Mittwoch) und die Neubaubeginne (Mittwoch).
Darüber hinaus werden noch zwei Geschäftsklimaindizes für die Immobilienwirtschaft, NAHB-Index (Dienstag) und die Industrie Philadelphia Fed Index (Donnerstag), veröffentlicht.
Sollte sich die Schätzung eines Wirtschaftswachstums von 4,1 Prozent tatsächlich bestätigen, müsste die US-Notenbank wahrscheinlich noch einen Zinsschritt im November machen. Das Protokoll der vergangenen US-Notenbanksitzung (Mittwoch) dürfte darüber Auskunft geben, unter welchen Umständen die US-Notenbank den Leitzins anheben – oder senken – könnte.
China: Eine Wirtschaft ohne Balance
Die Wirtschaftsdaten aus China zeigten zuletzt alle Anzeichen einer strukturellen Schwäche. Das beste Beispiel dafür ist, dass der Wiedereröffnungsboom nur ein Quartal andauerte und nicht einen neuen Aufschwung einleitete. Die Industrieproduktion, die Einzelhandelsumsätze und die Jugendarbeitslosigkeit (jeweils Dienstag) dürften auch im Juli das Bild einer schwächelnden Wirtschaft untermauern. Die Immobilienpreise zeigen sich bisher zwar überraschend stabil, aber es gibt viele anekdotische Evidenz, dass nur ganz wenige Transaktionen stattfinden und die Preisfindung daher gestört ist.
Der Grund für die strukturelle Schwäche ist die fehlende Balance. Normalerweise sollte der Konsum einen Anteil von etwa 60 Prozent des BIP haben, damit genügend Nachfrage für die von den Unternehmen produzierten Güter und Dienstleistungen besteht. In China fiel dagegen der Wert im vergangenen Jahr auf etwa 37 Prozent.
Quellen: Refinitiv Datastream, Metzler; Stand: 31.12.2022
Die chinesische Wirtschaft ist somit nur angetrieben von den Exporten, den staatlichen Infrastrukturmaßnahmen, den privaten Investitionen und der Nachfrage nach Immobilien. Das Problem dabei ist jedoch, dass China in den vergangenen Jahren bereits ausreichend in die Infrastruktur und den Immobilienmarkt investiert hat.
Werden sinnvolle Investitionen kreditfinanziert, dann steigt zwar die Verschuldung, aber auch die Wirtschaftsleistung. In der Regel bleibt das Verhältnis von Verschuldung zu Wirtschaftsleistung dann stabil. Werden dagegen ineffiziente Investitionen kreditfinanziert, steigt nur die Verschuldung, aber nicht die Wirtschaftsleistung.
Der massive Anstieg der Verschuldung in China im Verhältnis zum BIP in den vergangenen Jahren ist ein Signal, dass die Volksrepublik nicht sehr effizient investiert. In diesem Fall wäre eigentlich ein deutlicher Anstieg des Konsums notwendig, um die geschaffene Infrastruktur und die Investitionen auszulasten. Ein dauerhaft höherer Konsum ist aber nur möglich, wenn das Einkommen der privaten Haushalte steigt und die sozialen Sicherungssysteme deutlich verbessert werden. Dazu müssten aber die Lohn- und Lohnnebenkosten deutlich steigen, was wiederum der Wettbewerbsfähigkeit der chinesischen Industrie erheblich schaden würde.
Die chinesische Regierung müsste also das Wirtschaftsmodell umbauen, was mit erheblichen Schmerzen für den politisch einflussreichen Exportsektor verbunden wäre. Die Erfahrung der Vergangenheit zeigt, dass sich Regierungen genau damit schwer tun. China befindet sich also Mitten in der „Middle Income Trap“.
Wirtschaftsdaten aus Europa und Japan
In der Eurozone wird in der kommenden Woche nur der ZEW-Index (Dienstag) veröffentlicht.
In Japan richtet sich der Fokus auf das Wirtschaftswachstum (Dienstag) im zweiten Quartal. Wir rechnen in Japan mit einer goldenen Dekade und sehen daher grundsätzlich ein solides Wachstum. Im zweiten Quartal könnte das Wachstum etwa 0,7 Prozent zum Vorquartal betragen haben – Japan wäre damit Spitzenreiter. Gleichzeitig bleibt die Inflation im Aufwärtstrend. Wir rechnen mit einem Anstieg der Kerninflation (Freitag) auf 4,3 Prozent im Juli.
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