Drohen Turbulenzen am Bondmarkt?
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USA: Bewegung am Staatsanleihemarkt
Den Anleihemarkt kann man aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Ein derzeit interessanter Blickwinkel zeigt die Steilheit der Renditestrukturkurve. So war die Differenz zwischen der Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen und dem Geldmarktzinssatz Ende Juli mit -133 Basispunkten ungewöhnlich niedrig.
Quellen: Bloomberg, Metzler; Stand: 31.7.2023
Das hängt einerseits damit zusammen, dass die Finanzmarktakteure mit deutlichen Leitzinssenkungen in der Zukunft rechnen – aufgrund der Erwartung, dass die Inflation bald wieder merklich fallen wird, sei es in einem Szenario der weichen Landung oder in einer Rezession.
Interessanterweise ist jedoch seit der Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA von AAA auf AA+ durch die Ratingagentur Fitch Anfang August die Rendite 10-jähriger Staatsanleihen um etwa 30 Basispunkte gestiegen, ohne dass der Leitzins angehoben wurde oder sich die Erwartungen an den zukünftigen Verlauf der Leitzinsen nennenswert geändert hätten. Hier kommt nun ein zweiter Einflussfaktor auf die Rendite zum Tragen – die Risikoprämie. Normalerweise ist nämlich eine steile Renditestruktur zu beobachten, da Anleger eine Risikoprämie in Abhängigkeit von der Restlaufzeit einer Anleihe verlangen: Je länger die Restlaufzeit desto größer die Schwankungsbreite des Anleihekurses und desto größer die nominalen und realen Verlustrisiken.
Die Herabstufung des Ratings der USA basiert auf einer merklichen Verschlechterung der Fundamentaldaten. So rechnet die Haushaltsbehörde des US-Kongresses damit, dass die US-Staatsschulden in den kommenden Jahren weiter merklich steigen werden.
Quellen: Bloomberg, Metzler; Stand 31.7.2023
* Congressional Budget Office
Hohe Staatsschulden an sich sind kein Problem, wenn die Zinsen stabil und niedrig sind wie z. B. in Japan. Aber eine Kombination aus steigender Verschuldung und steigenden Zinsen könnte sich als problematisch erweisen. So könnten die Netto-Zinszahlungen der USA nach Schätzungen der OECD in diesem Jahr auf etwa 4,0 Prozent des BIP steigen. Die OECD unterstellt dabei einen durchschnittlichen Zinssatz von etwa 4,0 Prozent auf die ausstehenden Staatsschulden. Nach unseren Berechnungen könnte die Zinslast im nächsten Jahr sogar auf 5,0 Prozent des BIP steigen.
Quellen: Bloomberg, Metzler; Stand 31.7.2023, ©wikipedia/JD Lasica
Damit wären wieder Niveaus wie Anfang der 1990er Jahre erreicht. Damals war eine äußerst turbulente Phase am Anleihemarkt zu beobachten. Als eine Folge dessen sagte damals der politische Berater von US-Präsident Bill Clinton, James Carville: „Ich dachte immer, wenn es eine Reinkarnation gäbe, würde ich als Präsident oder Papst oder als Baseballspieler zurückkommen. Aber jetzt würde ich gerne als Bondmarkt zurückkommen. Man kann jeden einschüchtern.“ Die Turbulenzen am Anleihemarkt zwangen die US-Regierung damals zu staatlichen Sparmaßnahmen, um die Zinslast wieder zu reduzieren.
Gleichzeitig mehren sich die Anzeichen einer Beschleunigung der US-Wirtschaft. Das Nowcast-Model der Federal Reserve Bank of Atlanta schätzt nach den Datenveröffentlichungen in dieser Woche nunmehr ein Wirtschaftswachstum von knapp 6,0 Prozent im dritten Quartal. Es wird daher spannend sein zu sehen, ob sich der Trend guter Konjunkturdaten fortsetzt: Einkaufsmanagerindizes (Mittwoch), Umsätze bestehender Immobilien (Dienstag), Neubauverkäufe (Mittwoch) und Auftragseingänge (Donnerstag).
Die Kombination aus steigender Nervosität im Hinblick auf den Zustand der US-Staatsfinanzen (= steigende Risikoprämie) und einer Konjunkturbelebung verbunden mit steigenden Inflationsrisiken (= höhere Leitzinsen in der Zukunft) bedeutet, dass die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen perspektivisch sogar auf ein Niveau von 4,75 Prozent bis 5,0 Prozent steigen könnte.
Eurozone: Abschwungtendenzen
Historisch profitierte die Eurozone immer auch von einer Wachstumsbelebung in den USA. In diesem Zyklus könnte der positive Spill-over-Effekt jedoch geringer ausfallen. So belasten die hohen Leitzinsen der EZB schon jetzt die europäische Konjunktur – ablesbar unter anderem an der Krise am europäischen Immobilienmarkt gegenüber der Belebung am US-amerikanischen Immobilienmarkt. Auch leiden die europäische Chemie- und Stahlindustrie unter hohen Energiepreisen. Und die europäischen Paradebranchen Automobil und Maschinenbau können weniger nach China exportieren und leiden gleichzeitig unter zunehmender chinesischer Konkurrenz auf den Weltmärkten. Wir rechnen daher mit schwachen Konjunkturdaten: Einkaufsmanagerindizes (Mittwoch) und ifo-Index (Freitag)
Japan: ordentliches Wachstum
Im Gegensatz zu Europa dürfte Japan eher von der Wachstumsbelebung in den USA profitieren. Der schwache Yen-Wechselkurs könnte dafür sorgen, dass Japan einen großen Teil des Kuchens abbekommen wird im Sinne merklich steigender Exporte in die USA. Auch ist eine merkliche Belebung des Tourismus nach Japan zu beobachten. Die Einkaufsmanagerindizes (Mittwoch) könnten sich sogar verbessert haben. Gleichzeitig steigt jedoch auch die Inflation (Freitag) im Großraum Tokyo – ein Frühindikator für die gesamtwirtschaftliche Inflation.
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