Die Deindustrialisierung in Deutschland schreitet voran – aber aus anderen Gründen als landläufig gedacht
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Ein Blick auf die globale Industrie
Die Coronapandemie und der Krieg in der Ukraine waren für viele Länder ein Weckruf, da sie klar und deutlich die oft zu großen Abhängigkeiten von den internationalen Lieferketten offenbarten. Die USA zog daraus die Schlussfolgerung, dass die eigene Industrie aufgrund der Verlagerung vieler Produktionen ins Ausland in den vergangenen Jahren viel zu klein und viel zu abhängig vom Ausland geworden ist. Dementsprechend verfolgen die USA nunmehr eine aggressive Industriepolitik, die strategisch wichtige Produktion ins Land zurückholen soll.
Gleichzeitig verfolgt auch China eine aggressive Industriepolitik. So werden derzeit zwar nur noch wenige Kredite für den Kauf von Immobilien vergeben, dafür verzeichnet die staatlich gelenkte Kreditvergabe an die Industrie eine erhebliche Beschleunigung. In China entstehen also neue Industriekapazitäten in einem erheblichen Ausmaß. Darüber hinaus betreibt China schon lange eine sehr umfassende Industriepolitik, die eine künstlich niedrige Währung, künstlich niedrige Kreditzinsen, erhebliche Subventionen und staatliche Bevorzugungen umfasst.
Die europäische Industrie wird also derzeit in die Zange genommen und leidet erheblich darunter, wie die schwachen Einkaufsmanagerindizes (Donnerstag) und ein schwacher ifo-Index (Freitag) bestätigen dürften. Im Gegensatz dazu entwickelt sich wenig überraschend die Industrie in den USA laut Einkaufsmanagerindex (Freitag) und laut den Auftragseingängen (Donnerstag) deutlich besser. Auch die japanische Industrie hält sich laut dem Einkaufsmanagerindex (Freitag) im internationalen Vergleich gut, da sie Unterstützung durch die schwache Währung erhält.
Deutsche Industrie in schwierigem Umfeld
Ein Blick auf den Index der Industrieproduktion in Deutschland zeigt, dass die deutsche Industrieproduktion schon im November 2017 ihren Hochpunkt erreichte und seitdem im Trend fällt. Bis Ende September dieses Jahres betrug der Rückgang gegenüber dem Hochpunkt von 2017 sogar etwa 12 Prozent. Die Automobilproduktion sowie die energieintensiven Branchen sind dabei besonders durch Schwäche gekennzeichnet.
Interessanterweise ist bisher nur ein Rückgang der Beschäftigung in der Industrie von etwa 2,1 Prozent zu beobachten. Es gab also bisher keine größeren Entlassungswellen.
Es scheint zwei Gründe dafür zu geben: Einerseits werden wahrscheinlich viele Unternehmen einfach abwarten, da infolge der Alterung der Gesellschaft viele Mitarbeiter bald in den Ruhestand eintreten werden. Die frei gewordenen Stellen werden dann nicht mehr neu besetzt. So ist in Deutschland die Arbeitslosenquote trotz des Rückgangs der Beschäftigung in der Industrie bisher stabil. Andererseits scheinen die Unternehmen auch Mitarbeiter halten zu wollen, um im nächsten Aufschwung die Produktion schnell wieder hochfahren zu können. Für dieses Argument spricht, dass derzeit die deutsche Industrie – trotz nicht ausgelasteter Kapazitäten – keine größeren Entlassungen vornimmt.
Es ist interessant, dass trotz der oben genannten Gründe – die dafür sprechen, dass einige Industrieunternehmen derzeit eher zu viele Mitarbeiter haben – viele Industrieunternehmen in Deutschland immer noch unter einem Mangel an Fachkräften leiden. Laut der Umfrage der EU-Kommission bei deutschen Unternehmen sind fehlende Arbeitskräfte der dominante Faktor, der eine Expansion der Produktion verhindert. Von Juni 2020 bis Juni 2023 waren noch die gestörten Lieferketten der dominante produktionshemmende Faktor. Das große Problem der deutschen Industrie scheint also die effiziente Reallokation von Arbeitskräften zu sein.
Aufgrund der zyklischen Abschwächung der Konjunktur hat sich zwar der Fachkräftemangel zuletzt etwas verringert, aber im historischen Kontext ist der Umfragewert immer noch sehr hoch. Zumal auch der Dienstleistungssektor immer noch unter einem erheblichen Arbeitskräftemangel leidet. Die deutsche Industrie leidet zweifelsohne unter den hohen Energiepreisen, dem steigenden Wettbewerbsdruck aus China und den USA sowie der exzessiven Regulierung in Europa. Vor allem leidet sie aber unter dem Mangel an Fachkräften. Die Wirtschaftspolitik hat also die Aufgabe, mehr in Bildung zu investieren und das Bildungsniveau zu verbessern. Auch die Einwanderung gut gebildeter Arbeitskräfte muss gut geregelt werden. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob die Politik die Reallokation von Arbeitskräften hin zu sehr produktiven und zukunftsfähigen Unternehmen erleichtern kann.
Nur wenige Datenhighlights
In den USA werden noch die Umsätze an bestehenden Wohnimmobilien (Dienstag) und das Protokoll der Notenbanksitzung (Dienstag) bekannt gegeben. In Japan wird sich der Fokus auf die Inflation (Freitag) richten.
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