Warum Japan jetzt bei Investoren im Fokus stehen sollte
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Japan: Von der Deflation zu hoher Inflation
Grundsätzlich ist ein deflationäres Umfeld gekennzeichnet von fallenden Konsumentenpreisen bei gleichzeitig fallenden Aktienkursen und Immobilienpreisen. Erfahrungsgemäß reagieren die Aktienkurse am schnellsten auf eine Veränderung des Inflationsumfelds gefolgt von den Immobilienpreisen. So signalisierte der strukturelle Rückgang der Aktienkurse und der Immobilienpreise Anfang 1993 schon frühzeitig die dann ab 1995 einsetzende Deflation der Konsumentenpreise.
Quellen: Bloomberg, Metzler; Stand: 30.6.2025
Seit dem wirtschaftspolitischen Kurswechsel unter Premierminister Shinzo Abe Anfang 2013 hat sich das Bild grundlegend geändert: Die Aktienkurse befinden sich seit 2016 in einem strukturellen Aufwärtstrend und die landesweiten Immobilienpreise stabilisierten sich ab 2019 und steigen seit 2023 wieder strukturell. In einem gewissen Sinne signalisieren die steigenden Preise von Aktien und Immobilien, dass die Bevölkerung und die Unternehmen ihre lange Phase der hohen Risikoaversion überwunden haben und wieder Anlagechancen an den Finanzmärkten und in der Realwirtschaft nutzen möchten. Das heißt, dass die Geldpolitik wieder wirksam geworden ist. Die Geldpolitik war lange Zeit wirkungslos, da die Unternehmen und privaten Haushalte ihren Cashflow zum Abbau der Schulden beziehungsweise zum Aufbau eines Finanzpolsters nutzten. Die japanische Wirtschaft befand sich in einer sogenannten Bilanzrezession. Dementsprechend war auch die Kreditvergabe an den privaten Sektor sehr schwach. Diese Phase scheint nun überwunden zu sein.
Gefährliche Geldpolitik der Bank von Japan
Die Revision der Daten in dieser Woche zeigte eine Wachstumsrate des nominalen BIP von 4,7 Prozent im zweiten Quartal. Darüber hinaus verbesserten sich konjunkturelle Frühindikatoren wie die Einkaufsmanagerindizes und das Konsumentenvertrauen in den vergangenen Monaten merklich, sodass mit einem anhaltend robusten Wachstum gerechnet werden kann – bei gleichzeitig erhöhter Inflation von etwa 3,0 Prozent (Freitag). Darüber hinaus ist noch eine grundsätzliche Veränderung des politischen Klimas zu beobachten: Die Wähler wünschen sich in Zukunft höhere Staatsausgaben und niedrigere Steuern – also positive Wachstumsimpulse der Fiskalpolitik. In einem Umfeld einer wieder funktionierenden Geldpolitik bedeutet ein anhaltend nominales Wirtschaftswachstum von knapp 5,0 Prozent hohe Ertragschancen für Investitionen in die Realwirtschaft, in Immobilien und Finanzanlagen. Gleichzeitig bedeutet ein Leitzins von nur 0,5 Prozent ungewöhnlich niedrige Zinskosten für Kreditnehmer. Die Bank von Japan betreibt also eine ungewöhnlich lockere Geldpolitik, die einen erheblichen Inflationsschub bei Aktien, Immobilien und mit einer Verzögerung bei den Konsumentenpreisen auslösen kann.
Die Ausrichtung der Geldpolitik ist also hoch gefährlich und sollte so schnell wie möglich korrigiert werden. Die Bank von Japan sollte daher auf ihrer Sitzung am Freitag den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 0,75 Prozent anheben. Sie sollte dann den Leitzins auf jeder folgenden Sitzung bis auf ein Niveau von mindestens 2,5 Prozent erhöhen. Die Finanzmärkte preisen aber erst im Dezember einen höheren Leitzins als den derzeitigen von 0,5 Prozent mit einer Wahrscheinlichkeit von nur 53,2 Prozent ein. Ein Zinsschritt nächste Woche wäre also eine große Überraschung. Er würde auch erhebliche Auswirkungen auf die Anleihe- und Aktienmärkte in den USA und Europa haben. Private Wirtschaftsakteure haben weltweit mehr als 7,1 Billionen USD an den Finanzmärkten angelegt bzw. als Kredit ins Ausland vergeben.
Sollte die BoJ den Leitzins nächste Woche nicht anheben, droht perspektivisch eine gefährliche Finanzpreisinflation gefolgt von einer Konsumentenpreisinflation.
Chinas Subventionen bringen die europäische Industrie erheblich unter Druck
Grundsätzlich ist derzeit keine Änderung der Wirtschaftspolitik und der wirtschaftlichen Lage in China zu beobachten. Die Binnennachfrage ist schwach und das deflationäre Umfeld bleibt bestehen. Die Umsätze im Einzelhandel und die Immobilienpreise (jeweils Montag) dürften im August schwach geblieben sein.
Wachstumsimpulse kommen nur vom Export, der von einer robusten Industrieproduktion (Montag) gespeist wird. Dabei scheint die chinesische Wirtschaftspolitik bewusst in Kauf zu nehmen, Industrien in anderen Ländern zu verdrängen, wie eine aktuelle Studie des Internationalen Währungsfonds zeigt.
Die neue IWF-Studie zur Industriepolitik in China liefert eine aufschlussreiche und erstmals umfassend quantifizierte Bestandsaufnahme staatlicher Eingriffe in die chinesische Industrie. Sie beziffert die direkten Kosten nationaler Subventionen – Cash-Zahlungen, Steuervergünstigungen, vergünstigte Kredite und verbilligte Landvergabe – auf rund 4,0 Prozent des BIP pro Jahr. Damit übertrifft China die staatlichen Beihilfen in Europa um ein Mehrfaches, wo die fiskalische Unterstützung 2022 bei 1,5 Prozent des BIP lag. Schon diese Zahlen unterstreichen die Asymmetrie, mit der europäische und chinesische Unternehmen im globalen Wettbewerb antreten.
In der Studie bleiben subnationale Subventionen weitgehend unsichtbar – ein gravierendes Defizit angesichts der zentralen Rolle, die Provinzen und Kommunen in Chinas Industriepolitik spielen. Hinzu kommen indirekte Transfers von kaum messbarer, aber erheblicher Größenordnung:
- das Überinvestieren in Infrastruktur, das in Summe mehr Ressourcen bindet, als ökonomischen Wert schafft
- die systematisch unterdrückten Zinsen, die Sparer enteignen und Investoren subventionieren
- sowie eine unterbewertete Währung, die den Exportsektor stärkt und den Importkonsum der Haushalte schwächt.
All dies wirkt wie eine unsichtbare zweite Schicht von Subventionen, die die Wettbewerbsbedingungen noch weiter verzerrt.
Vor diesem Hintergrund erscheint die Zahl von 4,0 Prozent des BIP für direkte Kosten nationaler Subventionen viel zu konservativ. Sie beschreibt nur die Spitze eines Eisbergs, unter dessen Oberfläche zusätzliche Subventionen verborgen sind, die im Ergebnis vermutlich noch weit höhere Verteilungseffekte erzeugen. Gerade die Repression des Zinssystems ist für europäische Beobachter besonders schwer nachvollziehbar: Während Kreditmärkte in der EU nach marktwirtschaftlichen Kriterien funktionieren, fungiert das chinesische Finanzsystem als gigantischer Umverteilungsmechanismus von Haushalten zu Industrie und Staat.
Für europäische Unternehmen ergibt sich daraus eine unfaire Ausgangslage. Sie konkurrieren nicht nur mit chinesischen Herstellern, sondern mit einem Staat, der seine Industrie mit einem dichten Netz sichtbarer und unsichtbarer Beihilfen absichert. In Sektoren wie Halbleitern, Hochtechnologie und Automobilbau bedeutet dies, dass europäische Produzenten strukturell ins Hintertreffen geraten – nicht, weil sie weniger innovativ oder effizient wären, sondern weil die Marktbedingungen verzerrt sind.
So sind die deutschen Exporte nach China seit dem Hochpunkt im September 2021 um knapp 30 Prozent gefallen, während die chinesischen Exporte nach Deutschland im gleichen Zeitraum um knapp 10 Prozent gestiegen sind.
USA: Zinssenkung gilt als sicher
Jeder wird zwar auf die Sitzung der US-Notenbank am Mittwoch schauen, aber große Neuigkeiten sind nicht zu erwarten. Der Leitzins dürfte um 0,25 Prozentpunkte gesenkt werden – mit einer Wahrscheinlichkeit von 20 Prozent vielleicht sogar um 0,5 Prozentpunkte. Darüber hinaus dürfte die US-Notenbank Leitzinssenkungen für die kommenden Sitzungen ankündigen. Der immense politische Druck dürfte hierbei auch eine Rolle spielen – neben den zuletzt schwachen Arbeitsmarktdaten.
Darüber hinaus werden mit den Einzelhandelsumsätzen (Dienstag), dem NAHB-Index (Dienstag) sowie den Neubaubeginnen (Mittwoch) noch wichtige Konjunkturdaten veröffentlicht.
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