Flüchten japanische Anleger aus den internationalen Finanzmärkten?
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Die Bank von Japan erhöhte bisher als eine der wenigen Zentralbanken den Leitzins nicht. Tagesgeld in Japan liegt immer noch bei -0,1 Prozent. Gleichzeitig ist eine merkliche Beschleunigung der Inflation zu beobachten: Im Januar stieg sie im Großraum Tokio sogar auf 4,4 Prozent. Der Preisauftrieb kam bisher überwiegend von außen in Form höherer Energie-, Lebensmittel- und Import-Konsumgüterpreise. Der exogene Inflationsimpuls scheint jedoch auch zunehmend Zweitrundeneffekte auszulösen. So beschleunigte sich die Wachstumsrate der Löhne (Dienstag) zuletzt auf 1,4 Prozent – und es bestehen gute Chancen auf einen anhaltenden Aufwärtstrend.
Quelle: Refinitiv Datastream, Metzler; Stand: 9.1.2023
Viele Unternehmen reagieren nämlich laut einer Umfrage der japanischen Handelskammer auf die hohe Inflation mit Lohnerhöhungen. Offensichtlich scheinen die Belegschaften einigermaßen erfolgreich einen Ausgleich für den Kaufkraftverlust ihrer Löhne fordern zu können – vor dem Hintergrund des boomenden Arbeitsmarktes. Damit dürfte sich die Inflation in Japan zunehmend verfestigen und eine geldpolitische Reaktion erfordern.
Japanische Anleger haben ein großes Gewicht an den internationalen Anleihemärkten
Die Frage stellt sich nun, ob eine geldpolitische Wende in Japan Implikationen für die Weltfinanzmärkte hätte. So hält das japanische Außenministerium knapp eine Billionen USD in ausländischen Anleihen als Devisenreserven. Diese Position wird eigentlich nie angetastet, außer in Notfällen. Im Herbst vergangenen Jahres trat der besagte Notfall ein, als die japanische Regierung den Wechselkurs des japanischen Yen stabilisieren musste, indem sie US-Dollars an den Devisenmärkten verkaufte. Zwischen Juli und Oktober 2022 fielen die Devisenreserven dann um etwa 100 Mrd. USD.
Die anderen Akteure wie Versicherungen, Banken und Pensionsfonds hielten im dritten Quartal 2022 etwa zwei Billionen USD an ausländischen Anleihen – darunter auch der große staatliche Pensionsfonds und die halbstaatliche Postbank.
Dabei ist zu beachten, dass es zwei Gruppen von Anlegern in Japan gibt: Die eine Gruppe investiert überwiegend mit einer Währungssicherung in ausländische Anleihen, die andere Gruppe ohne Währungssicherung.
Aufgrund der Leitzinserhöhungen der US-Notenbank und der EZB ist es seit dem vergangenen Jahr für japanische Anleger unattraktiv geworden, währungsgesichert ausländische Anleihen zu kaufen. So ist es wenig überraschend, dass japanische Anleger 2022 per Saldo ausländische Anleihen in Höhe von etwa 200 Mrd. USD verkauften – vor allem Geschäftsbanken, die in der Regel eine Währungssicherungsquote von 100 Prozent haben. In den Jahren zuvor waren japanische Anleger per Saldo noch Käufer in einer Größenordnung von etwa 100 Mrd. USD pro Jahr.
Infolge der anhaltenden Leitzinserhöhungen in den USA und Europa dürften japanische Anleger auch in diesem Jahr ausländische Anleihen abbauen, da eine Währungssicherung dadurch noch unattraktiver wird.
Die japanischen Anleger mit nur einer geringen (oder sogar ohne) Währungssicherung erlitten zwar 2022 Kursverluste bei ihren ausländischen Anleiheengagements, konnten diese aber infolge der Abwertung des japanischen Yen ausgleichen – vor allem Versicherungen und Privatanleger. Diese Anlegergruppe könnte auch zu Verkäufern werden, sollte der japanische Yen an den Devisenmärkten merklich aufwerten.
Bank von Japan im Fokus
Am 8. April wird ein neuer Zentralbankpräsident das Ruder von Haruhiko Kuroda an der Spitze der japanischen Zentralbank übernehmen. Wahrscheinlich wird der neue Kandidat im Lauf des Februars von Premierminister Fumio Kishida ernannt. Derzeit ist das Rennen noch völlig offen. Es gibt aber Stimmen, die vermuten, dass eher ein Falke übernehmen wird. Die Zustimmungsraten für die Regierung sind aufgrund der hohen Inflation niedrig, sodass die Regierung Handlungswillen zeigen muss.
Derzeit preisen die Finanzmarktakteure ein, dass die Bank of Japan in 2023 den Leitzins auf 0,25 Prozent anhebt und eine Bandbreite für die Rendite 10-jähriger Staatsanleihen von +1,0 bis -1,0 Prozent zulässt – ablesbar unter anderem an dem 10-jährigen Overnight Indexed Swapsatz.
Quelle: Refinitiv Datastream, Metzler; Stand: 9.1.2023
Es ist durchaus denkbar, dass eine straffere Geldpolitik mit einer Leitzinserhöhung und einem weiteren Handelsband für die Rendite 10-jähriger Staatsanleihen auf der ersten Sitzung unter der Ägide des neuen Zentralbankpräsidenten am 28. April einen merklichen Aufwertungstrend des japanischen Yen einleiten könnte.
Nach unseren Schätzungen stehen die Fundamentaldaten, wie relatives Preisniveau und relative Staatsverschuldung, im Einklang mit einer Aufwertung des japanischen Yen gegenüber dem Euro bis auf etwa 125 EUR/JPY.
Quellen: Refinitiv Datastream, Metzler; Stand: 9.1.2023
Eine starke Aufwertung des japanischen Yen könnte dann wiederum Verkäufe von Staatsanleihen in den USA und Europa von japanischen Anlegern auslösen. Vor diesem Hintergrund könnte es im Jahresverlauf 2023 immer wieder zu Renditeturbulenzen an den Staatsanleihemärkten in den USA und Europa kommen.
Ausländische Aktienengagements japanischer Anleger dürften davon jedoch weniger betroffen sein, da der Einfluss der Wechselkursentwicklung auf die Performance einer Anlage in ausländischen Aktien in der Regel deutlich geringer ist als bei Anleihen.
Konjunkturdaten weltweit
In der Eurozone wird sich der Fokus auf die deutschen Auftragseingänge (Montag) und die deutsche Industrieproduktion (Dienstag) richten. Kann der Reigen an überraschend guten Konjunkturdaten anhalten?
In China werden am Donnerstag die Inflationsdaten veröffentlicht. China ist derzeit der einzige große Wirtschaftsraum, der nicht von Inflationssorgen betroffen ist. Die niedrige chinesische Inflation ist eine Folge der Konsumrezession im vergangenen Jahr. Mit der Öffnung der chinesischen Wirtschaft und der beginnenden Konsumbelebung könnte jedoch in China die Inflation etwas anspringen – wahrscheinlich aber erst im März oder April.
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