Endlich – erste Anzeichen einer Belebung in Europa
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Europa im Fokus
Der gesamtwirtschaftliche Einkaufsmanagerindex für die Eurozone (zusammengesetzt aus Industrie und Dienstleistungssektor) war in der Vergangenheit ein zuverlässiger Frühindikator für die Wirtschaft der Eurozone. Seit Mitte 2023 zeigte er jedoch ein deutlich niedrigeres Wirtschaftswachstum als die offiziellen Statistiken an. Von Juli 2024 bis Mai 2025 signalisierte er sogar nur eine Stagnation der Wirtschaft der Eurozone, während das BIP in diesem Zeitraum eine solide durchschnittliche Wachstumsrate von 1,5 Prozent erreichte.
Quellen: Bloomberg, Metzler; Stand: 31.10.2025
Haben in diesem Zeitraum nur Vorzieheffekte von Exporten in die USA das Wachstum vorübergehend belebt? Und kommt jetzt ein Rückprall?
Das dritte Quartal 2025 war immerhin mit einem Anstieg von 0,2 Prozent nur leicht unter dem geschätzten Potenzialwachstum von 0,3 Prozent. Darüber hinaus dämpfte ein kräftiger Lagerabbau in vielen europäischen Ländern die Wachstumsdynamik im dritten Quartal. Im vierten Quartal dürften die Lager wieder aufgefüllt werden und einen merklichen positiven Wachstumsbeitrag liefern. Dementsprechend war das Signal einer deutlichen Erholung der Einkaufsmanagerindizes in der ersten Schätzung im Oktober durchaus auf einem guten Fundament gebaut. In der kommenden Woche dürfte die finale Version der Einkaufsmanagerindizes den positiven Impuls zu Beginn des vierten Quartals bestätigen. Die Stimmung in Europa war also in der jüngsten Vergangenheit merklich schlechter als die Lage.
Zunehmend werden auch die höheren deutschen Staatsausgaben Impulse liefern. Die Perspektiven für die Wirtschaft der Eurozone haben sich also merklich verbessert. Wichtig wäre es nun, wenn die Politik durch Reformen, Deregulierung und Entbürokratisierung die positive Dynamik unterstützt. Allein eine Belebung der Nachfrage ohne eine begleitende Angebotspolitik droht eine unangenehme Beschleunigung der Inflation zu bewirken.
In diesem Umfeld besteht keine Notwendigkeit mehr für Leitzinssenkungen. Ich sehe sogar eine große Wahrscheinlichkeit für Leitzinserhöhungen im September und Dezember nächsten Jahres.
USA: Kaum neue Daten
In den USA werden nächste Woche wahrscheinlich nur der ISM-Index am Montag und der ISM-Index für den Dienstleistungssektor am Mittwoch veröffentlicht. Der Regierungsstillstand sorgt derzeit für eine ungewöhnliche Datenarmut – und bei dem ein oder anderen Volkswirt für gefährliche Entzugserscheinungen.
Leider waren die ISM-Indizes in Vergangenheit keine wirklich guten Frühindikatoren für die US-Wirtschaft. Der Blindflug hält also vorerst an. Zumindest berichten die US-Technologieunternehmen von einer anhaltend starken Nachfrage, sodass der KI-Boom anzuhalten scheint.
China: Keine konkreten Impulse vom 5. Plenum
Trotz anhaltender Überkapazitäten und der daraus resultierenden Deflation hat Chinas Industrie im September überrascht: Die Gewinne legten in den ersten neun Monaten des Jahres um insgesamt 3,2 Prozent zu, gegenüber dem Vorjahresmonat September sogar um mehr als 21 Prozent. Eigentlich wäre vor dem Hintergrund der Deflation mit einem Rückgang der Gewinne zu rechnen gewesen – wie in den Jahren 2022, 2023 und 2024.
Quellen: Bloomberg, Metzler; Stand: 30.9.2025
Die positive Gewinnentwicklung in diesem Jahr ist ein Signal der Stärke. Die Gewinnbelebung speist sich vor allem aus vier Quellen: Erstens wirken niedrige Vergleichswerte aus dem Vorjahr als statistischer Rückenwind. Zweitens profitieren viele Unternehmen von sinkenden Inputkosten. Die Deflation drückt zwar die Verkaufspreise, senkt aber zugleich die Kostenbasis. Drittens könnten vor allem in der High-Tech-Industrie erhebliche Produktivitätsgewinne erzielt worden sein. Und viertens half die Umleitung von Produktion in neue Absatzmärkte weltweit – gestützt durch erhebliche staatliche Subventionen. Die Exporte dürften somit wieder neue Rekorde erreichen, wie die Daten am Freitag zeigen werden. Die europäische Industrie hingegen verliert derzeit massiv Marktanteile weltweit.
Während private Unternehmen in China ihre Gewinne steigern, bleiben viele Staatsbetriebe unter Druck. Peking versucht, mit einer strengeren Industriepolitik ineffiziente Anbieter aus dem Markt zu drängen. Noch ist unklar, ob das reicht, um die strukturellen Überkapazitäten nachhaltig abzubauen. Doch vorerst sorgt die Mischung aus Kostenentlastung, politischer Lenkung und globaler Nachfrageumlenkung für ein erstaunlich widerstandsfähiges Bild der chinesischen Industrie.
In dieser Woche hat Peking die „Empfehlungen“ für den 15. Fünfjahresplan veröffentlicht – ein Dokument, das nach dem vierten Plenum der Partei nun erstmals Konturen der wirtschaftspolitischen Marschrichtung bis Ende des Jahrzehnts erkennen lässt.
Im Mittelpunkt steht dabei der Aufbau eines starken, einheitlichen Binnenmarkts, der als Fundament für Chinas künftige Entwicklung dienen soll. Statt auf neue Investitionswellen setzt die Regierung nun stärker auf Konsumförderung. Ziel ist es, die inländische Nachfrage als verlässliche Stütze des Wachstums zu etablieren und die Abhängigkeit von Exporten und kreditgetriebener Bautätigkeit zu verringern. Die Betonung eines „einheitlichen nationalen Marktes“ verweist auf Pekings Bemühungen, regionale Schranken und administrative Hürden zu beseitigen. Ein Schritt, der Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit im Inland erhöhen soll.
Parallel dazu formuliert der Plan ein klares Bekenntnis zur technologischen Eigenständigkeit. China strebt „entscheidende Durchbrüche“ in Schlüsseltechnologien an, darunter Halbleiter, Industrieausrüstung und Präzisionsinstrumente. Damit will die Führung die technologische Verwundbarkeit des Landes mindern – und zugleich die Basis für langfristige Produktivitätsgewinne legen.
Bemerkenswert ist auch die neue Tonlage: Erstmals werden explizit „Anti-Involution“-Maßnahmen angekündigt, also Initiativen, um ineffiziente Konkurrenz und übermäßige Ressourcenzersplitterung zu vermeiden. Die Botschaft ist deutlich: Wachstum allein genügt nicht mehr, künftig zählt die Qualität der wirtschaftlichen Struktur.
Mit diesen Vorgaben markiert der 15. Fünfjahresplan eine strategische Verschiebung: weniger Beton, mehr Konsum; weniger Zersplitterung, mehr Marktintegration; weniger Abhängigkeit, mehr Eigenständigkeit.
Es ist der Versuch, Chinas Modell auf ein neues Gleichgewicht zwischen Staat und Markt, zwischen Größe und Effizienz zu stellen und damit die nächste Phase des Aufstiegs planvoll einzuleiten. Es wird spannend zu sehen sein, wie die chinesische Regierung dieses Ziel konkret erreichen möchte – vor allem die Belebung des Konsums.
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