Was ist in 2026 das größere Risiko: Deflation oder Inflation?
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In unserem Basisszenario gehen wir von mehr oder weniger stabilen Inflationsraten aus: in der Eurozone bei etwa 2,0 Prozent und in den USA bei etwa 3,0 Prozent. Dabei unterstellen wir, dass der KI-Boom in den USA anhält und die Eurozone eine merkliche Wachstumserholung verzeichnen wird – dank des fiskalischen Impulses aus Deutschland. In diesem Umfeld dürfte die EZB bis September 2026 den Leitzins nicht ändern und dann in zwei Schritten bis Jahresende auf 2,5 Prozent anheben. Im Gegensatz dazu rechnen wir noch mit insgesamt drei Leitzinssenkungen der US-Notenbank bis im Frühjahr 2026 auf dann 3,1 Prozent. Es gibt derzeit jedoch erhebliche Unsicherheiten und Risiken, sodass ein Blick auf die alternativen Szenarien in diesem Jahr unabdingbar ist.
Risikoszenario: Deflation
In unserem Jahresausblick heben wir ausführlich die Risiken im Kreditzyklus hervor. Vor allem „Private Debt“ und „Leveraged Loans“ stehen dabei im Fokus, da sie in den vergangenen 15 Jahren ein ungewöhnlich hohes Wachstum verzeichneten. In der Vergangenheit waren (zu) hohe Wachstumsraten über einen längeren Zeitraum oft ein Warnsignal, da der Konkurrenzdruck unter den Kreditgebern immer größer wurde, die Kreditstandards zunehmend sanken und die Kreditrisikoanalyse immer stärker vernachlässigt wurde. Die Konkurse von „Tricolor“ und „First Brands“ sind jüngste Beispiele für eine ungenügende Kreditrisikoanalyse und vielleicht auch ein Zeichen für ein Ende des Kreditbooms in diesen Segmenten. Gleichzeitig sind die Anleger immer noch sehr optimistisch, wie ein US-High-Yield-Spread von derzeit nur 289 Basispunkten zeigt. Er ist damit in dem niedrigsten Dezil seit 1997 – also in der Gesamtheit der 10 Prozent niedrigsten Spreads seit 1997. Sollten noch mehr Konkurse auftreten, wäre das eine böse Überraschung für die Anleger.
Schuldenabbau im privaten Sektor macht Geldpolitik unwirksam und wirkt deflationär
Verbraucherpreisindex in % ggü. Vj. und private Verschuldung in % des BIP (bereinigt um Konjunkturzyklus)
Quellen: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich und Nationale Statistikbehörden, Metzler; Stand: 15.10.2025
Quellen: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich und Nationale Statistikbehörden, Metzler; Stand: 15.10.2025
Quellen: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich und Nationale Statistikbehörden, Metzler; Stand: 15.10.2025
Quellen: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich und Nationale Statistikbehörden, Metzler; Stand: 15.10.2025
In der Vergangenheit war eine Trendwende im Kreditzyklus immer disinflationär oder sogar deflationär. Die Grafik zeigt zunächst einen merklichen Anstieg der gesamtwirtschaftlichen privaten Verschuldung – mit keinen eindeutigen Effekten auf die Inflation. Drehte jedoch der Zyklus und folgte eine längere Phase des Schuldenabbaus, war immer ein Rückgang der Inflation zu beobachten. Die Geldpolitik wurde wirkungslos, da Konkurse die Geldmenge reduzierten und selbst eine Rückzahlung der Kredite weniger Geld für Konsum und Investitionen übrig ließ.
Derzeit sehen wir nur ein geringes systemisches Risiko im Kreditzyklus und daher nur geringe Deflationsrisiken. Die Segmente „Private Debt“, „Leveraged Loans“ und „High Yield“ haben in der Summe einen Umfang von etwa vier Billionen USD und sind damit deutlich kleiner als der Hypothekenmarkt 2008 mit etwa 10 Billionen USD. Sollten Probleme im Kreditzyklus auftreten, dürften sie eher begrenzter Natur sein, die Wachstumsperspektiven dämpfen und nur moderat disinflationär wirken.
Risikoszenario: Inflation
Eine problematische Inflation ist eine durchschnittliche Preissteigerungsrate von über 5,0 Prozent über einen längeren Zeitraum. Historisch entstand sie oft infolge merklich steigender Staatsschulden in Kombination mit einer zu lockeren Geldpolitik. Ein gutes Beispiel dafür ist die Türkei.
Quellen: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich und Nationale Statistikbehörden, Metzler; Stand: 30.9.2025
* BIP um den Konjunkturzyklus bereinigt
2018 war eine moderate Expansion der Staatsschulden zu beobachten, die Inflation stieg, die Zentralbank hob aber schnell den Leitzins oberhalb der Inflationsrate an. Die Leitzinserhöhungen brachten die Inflation wieder schnell unter Kontrolle.
Quellen: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich und Nationale Statistikbehörden, Metzler; Stand: 30.9.2025
* BIP um den Konjunkturzyklus bereinigt
Ab 2021 war dann auch wieder ein rapider Anstieg der Staatsschulden zu beobachten, der aber gleichzeitig von Leitzinssenkungen begleitet wurde. Die höheren Staatsschulden wurden also mehr oder weniger durch die Zentralbank finanziert. Die Folge war eine Explosion der Inflation bis auf etwa 80 Prozent. Die erheblich steigenden Staatsschulden, finanziert durch die türkische Zentralbank, verursachten wenig überraschend einen Kollaps des Außenwerts der türkischen Lira.
USA: Merklich steigende Staatsschulden in Kombination mit Leitzinssenkungen bereiten Sorgen
Quellen: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich und Nationale Statistikbehörden, Metzler; Stand: 30.9.2025
* BIP um den Konjunkturzyklus bereinigt
Quellen: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich und Nationale Statistikbehörden, Metzler; Stand: 30.9.2025
* BIP um den Konjunkturzyklus bereinigt
Der Blick auf die aktuelle Lage in den USA und der Eurozone zeigt ein unterschiedliches Bild zwischen beiden Wirtschaftsräumen. In den USA explodierten ab dem Jahr 2020 die Staatsschulden aufgrund der Pandemie und die US-Notenbank senkte gleichzeitig den Leitzins. Wenig überraschend beschleunigte sich die Inflation merklich. Die US-Notenbank reagierte jedoch darauf und hob den Leitzins an, sodass die Inflation wieder unter Kontrolle gebracht werden konnte.
Derzeit steigen jedoch die Staatsschulden aufgrund der hohen Primärdefizite weiter an und die US-Notenbank ist in einem Leitzinssenkungszyklus. Am Mittwoch dürfte sie ihn auf ein Niveau zwischen 3,5 und 3,75 Prozent senken. Zwei weitere Leitzinssenkungen dürften folgen. Damit könnte der Leitzins im Jahresverlauf unterhalb der Inflation fallen, was ein vergleichbares Szenario wie in der Türkei im Jahr 2021 wäre. Die Folge wäre eine deutliche Abwertung des US-Dollars und perspektivisch eine merklich steigende Inflation. Sollte sich die US-Notenbank aber den Wünschen des US-Präsidenten Donald Trump widersetzen und den Leitzins stabil hoch belassen, müsste sich der US-Staat über die Zeit immer mehr Geld leihen, um die erheblich steigenden Zinsen finanzieren zu können. Es würde eine Schuldenspirale entstehen. Für die USA gibt es nur ein positives Szenario: Sparen.
In der Eurozone steigen die Staatschulden kaum. Der Inflationsschub 2022 war überwiegend durch externe Faktoren bedingt. Aber auch die EZB hob den Leitzins an, um die Inflation wieder unter Kontrolle zu bringen. Derzeit ist der Leitzins etwas unterhalb der Inflationsrate, was aufgrund der stabilen Entwicklung der Staatsschulden unproblematisch ist. Sollten 2026 die Staatsschulden merklich steigen – unter anderem wegen den Ausgabenprogrammen in Deutschland –, muss die EZB aufpassen, dass sie den Leitzins nicht zu lange auf zu niedrigem Niveau hält, da ansonsten auch in Europa das Türkei-2021-Szenario droht.
Insgesamt stufen wir vor diesem Hintergrund die Inflationsrisiken für 2026 deutlich höher ein als die Deflationsrisiken.
Ein Blick auf die Konjunkturdaten der kommenden Woche
In den USA werden am Dienstag der Geschäftsklimaindex der KMUs (NFIB-Index) sowie die Zahl der offenen Stellen veröffentlicht. Die Preiserhöhungsabsichten der im NFIB-Index vertretenen Unternehmen sind ein überraschend guter Inflationsfrühindikator.
In Japan richtet sich der Blick auf die Lohnentwicklung am Montag – verbunden mit der Frage, ob die Lohneinkommen ein anhaltendes Konsumwachstum von nominal 3,0 bis 4,0 Prozent finanzieren können.
In der Eurozone scheinen auch langsam die harten Konjunkturdaten erste Verbesserungstendenzen zu zeigen – auch in Deutschland (Industrieproduktion am Montag und Exporte am Dienstag).
In China zeigten zuletzt die Investitionsdaten laut Morgan Stanley einen kompletten Kollaps im Oktober. Die Investitionsausgaben am Immobilienmarkt verzeichneten einen dramatischen Rückgang von -24,1 Prozent, ebenso die Infrastrukturausgaben (-12,1 Prozent) und die Investitionen in die Industrie (-6,7 Prozent). Investitionen sind zunächst gesamtwirtschaftliche Nachfrage und werden dann mit einer Zeitverzögerung gesamtwirtschaftliches Angebot. Der Kollaps der Investitionsausgaben in Kombination mit einem schwachen Konsum signalisiert eigentlich eine schwere Rezession. Dementsprechend droht eine Verschärfung der Deflation bei den Konsumenten- und Erzeugerpreisen. Auch dürfte die Kreditvergabe schwach ausfallen. Es ist überraschend, dass die chinesische Regierung derzeit keine Gegenmaßnahmen zur Stabilisierung der Konjunktur ergreift. Es stellt sich vielleicht die Frage nach der Datenqualität: Sind die Investitionen wirklich so schwach, wie es die Daten zeigen? Der Export dürfte jedoch ein Lichtblick für die chinesische Wirtschaft bleiben.
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