Vermögenserhalt ist kein Zufall
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Das Interview mit Carolin Schulze Palstring, Leiterin Strategie und Research im Metzler Private Banking, ist im Magazin „ELITE REPORT“ am 1. Dezember erschienen.
Elite Report: Frau Schulze Palstring, laut dem Deutschen Aktieninstitut ist die ohnehin schon geringe Zahl der Aktionäre in Deutschland wieder auf dem Rückzug. Ist diese Skepsis gerechtfertigt?
Carolin Schulze Palstring: Am Aktienmarkt werden Entscheidungen unter Unsicherheit getroffen, daher ist eine gewisse Vorsicht nachvollziehbar. Eine grundsätzliche Ablehnung der Aktie ist jedoch häufig nicht rational. Historisch betrachtet zählen Aktien zu den besten Anlageformen für den langfristigen Vermögensaufbau. Dennoch sind Nominalwerte wie Bankeinlagen nach wie vor beliebter.
Aber mittlerweile sinken die Zinsen doch wieder.
Das stimmt. Die Europäische Zentralbank hat den Einlagensatz von vier auf zwei Prozent halbiert, nachdem die Inflationsraten deutlich zurückgegangen sind. Der Leitzins könnte sogar noch etwas weiter sinken, sollten die Teuerungsraten weiter nachgeben oder der Euro noch stärker werden. Für Anleger, die in kurzfristige Spareinlagen investieren, bedeutet das: Nach Abzug der Inflation bleibt vom Zinsertrag kaum etwas übrig.
Sind Aktien damit für Sie alternativlos?
Nein, auch mit einem diversifizierten Anleiheportfolio lässt sich Vermögen mittlerweile wieder real erhalten. Wir bevorzugen aktuell Anleihen mit einer mittleren Laufzeit, um Zinsänderungs- und Wiederanlagerisiken zu begegnen. Aktien bleiben aber ein zentraler Baustein für den langfristigen Vermögensaufbau. Europäische Werte bieten beispielsweise eine attraktive laufende Rendite, die sich aus Aktienrückkäufen und Dividenden zusammensetzt. Zudem dürften die Unternehmens gewinne im kommenden Jahr wieder steigen, wodurch sich weiteres Kurspotenzial ergeben kann.
Und wie steht es um den US-Aktienmarkt?
In den USA trüben sich die Rahmenbedingungen etwas ein. Die Phase des hohen Wirtschaftswachstums mit sinkenden Inflationsraten wird voraussichtlich abgelöst von einem Umfeld mit niedrigerem Wachstum und tendenziell steigender Inflation. Das bedeutet jedoch nicht, dass das Kurspotenzial der US-Börsen erschöpft ist.
Warum nicht?
Der US-Markt hat in den vergangenen Jahren stark performt – vor allem dank weniger, sehr erfolgreicher großer Tech-Konzerne. Diese Entwicklung kann sich fortsetzen. Gleichzeitig birgt die Abhängigkeit eines Aktienmarktes von wenigen Titeln Risiken – besonders für Anleger in passiven Produkten, die glauben, mit einem Indexinvestment ein breit gestreutes Portfolio zu halten. Die vermeintliche Diversifikation ist oft eine Illusion und kann in bestimmten Marktphasen zu unangenehmen Überraschungen führen.
Wie sieht ein ausgewogenes Aktienportfolio aus Ihrer Sicht aus?
Wir setzen im Aktienanteil Akzente mit gezielten Investitionen, aktuell etwa in Technologie, Finanzen und Industrie, kombiniert mit defensiven Sektoren wie Gesundheit oder Basiskonsum. So adressieren wir viele Zukunftsthemen mit hohem Wachstumspotenzial, ohne das Portfolio zu abhängig von einem Trend zu machen.
Also lieber konservativ als spekulativ?
Wenn Sie mit konservativ meinen, ein Portfolio gezielt zu steuern, statt sich passiv treiben zu lassen, dann ja. Bei der Vermögensanlage geht es uns vor allem darum, die uns anvertrauten Gelder langfristig zu erhalten und zu vermehren. Dabei legen wir besonderen Wert darauf, selbst abzuwägen, welche Risiken wir bei einzelnen Wertpapieren bewusst eingehen möchten.
Vielen Dank für dieses Gespräch!
Carolin Schulze Palstring leitet seit April 2024 die Abteilung Strategie & Research von Metzler Private Banking in Frankfurt am Main. Zuvor war sie elf Jahre im selben Bereich als Analystin für Makroökonomie und ab 2019 als Leiterin der Kapitalmarktanalyse tätig. Von 2012 bis 2013 absolvierte sie ein Investment-Trainee-Programm bei Metzler. Frau Schulze Palstring studierte Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Bankwesen an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Karlsruhe, und war gleichzeitig bei der Deutschen Bank Privat- und Geschäftskunden AG in Düsseldorf tätig. 2012 erwarb sie zudem einen Master of Letters in Finance and Management an der University of St. Andrews.