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Gastbeitrag von Gerhard Wiesheu für die Börsen-Zeitung - 12.1.2021

Mit Schwung die Führungsrolle stärken

Politisch wurde der Brexit erst in der Verlängerung entschieden - noch ohne Regelungen für den Finanzsektor. Die Branche hat allerdings Fakten geschaffen, und der Finanzplatz Frankfurt hat davon unerwartet stark profitiert. Noch Anfang November ging die Deutsche Bundesbank davon aus, dass rund 675 Mrd. Euro an Bilanzpositionen von der Themse an den Main verlagert würden. Nach den jüngsten Ankündigungen aus London wird Frankfurt 2021 jedoch die Schwelle von 1 Bill. Euro überschreiten. Insgesamt müssen rund 40 % des Geschäfts der Banken in London mit der EU verlagert werden. Voraussichtlich 20 % können Gegenstand von Regelungen zur Äquivalenz werden, also Regelungen zur Anerkennung von Regulierungs- oder Aufsichtssystemen von Nicht-EU-Ländern, mit denen aber gleiche Ergebnisse erzielt werden wie nach den Regeln der EU. Diesen Schwung sollte der Finanzplatz für eine konzertierte Anstrengung nutzen - mit dem Ziel, Schwächen gegenüber den internationalen Wettbewerbern auszugleichen. Aus dem Zehn-Punkte-Programm meiner Präsidentschaft stehen deshalb die Themen Vernetzung, Nachhaltigkeit und Digitalisierung im Fokus des Jahres 2021.

Bereits in der vergangenen Woche ist die Arbeitsgemeinschaft Germany Finance an den Start gegangen. Auf Anregung der Deutschen Bundesbank haben fünf deutsche Finanzplätze (Berlin, Frankfurt, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Stuttgart) einen informellen Zusammenschluss vereinbart. Sie stehen in engem Kontakt zu Germany Trade and Invest (GTAI), der Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Bundesrepublik Deutschland. Die jeweiligen Finanzplatzinitiativen wollen sich künftig systematisch verknüpfen, bestehendes Know-how und Ressourcen bündeln und international mit einer Stimme sprechen. Die Arbeitsgemeinschaft wird erstmals Mitte Januar beim Asian Financial Forum in Hongkong auf dem internationalen Parkett präsent sein und dort den Finanzplatz Deutschland als Ganzes repräsentieren.

Potenzial besteht auch in Sachen Nachhaltigkeit mit ihrer nationalen und internationalen Dimension. Anfang November 2020 hat die Bundesregierung die "Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie" aktualisiert. Seit 2016 orientiert sie sich dabei an den Zielen der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen. Ihr Fokus beschränkt sich deshalb nicht nur auf Deutschland. "Green Finance" hat zudem gerade in Europa in den vergangenen Jahren an Dynamik gewonnen. Dank eines ausgeprägten Wettbewerbs rangieren in den aktuellen "Global Green Finance"-Indizes außer San Francisco ausschließlich europäische Städte unter den Top 10. Frankfurt hat zwar beim Rating zugelegt, ist jedoch beim Ranking zurückgefallen, und zwar in beiden untersuchten Kategorien - der Durchdringung von "Green Finance" (Platz 36 von 21) und der Qualität (Platz 26 von 20). Dabei verfügt der Finanzplatz seit 2018 mit dem Green and Sustainable Finance Cluster Germany e. V., angesiedelt bei der Frankfurt School of Finance and Management, über eine erfolgreiche Plattform für Nachhaltigkeit im Finanzwesen. Unlängst hat das Cluster eine vielversprechende empirische Analyse zum Stand von Sustainable Finance in Deutschland vorgelegt. Frankfurt Main Finance möchte diese Initiativen mit einer eigenen Studie und einem Aktionsplan für alle Stakeholder begleiten, wie Frankfurt international in die Top 10 vordringen könnte.

Bei Fintechs ist der Abstand zur Spitze geringer - im entsprechenden Index notiert Frankfurt auf Platz 19. Zwischen Banken und Fintechs bestehen hierzulande längst keine Berührungsängste mehr; Frankfurt Main Finance pflegt engen Austausch mit der Branche. Laut dem jüngsten Fintech-Kooperationsradar von PwC sind Banken weiter der wichtigste Kooperationspartner für Fintechs: Knapp 850 von mehr als 2 600 erfassten Kooperationen entfielen auf Banken. Zu 73 % bezogen sie sich auf operative Zusammenarbeit. Allerdings gibt es nur bei rund 16 % einen Bezug zum Ausland. Die Frage "Konnten wir Fintechs aus London anziehen?" lässt sich also leicht beantworten: Es besteht noch Potenzial, das wir heben müssen, um zum festen Anlaufpunkt für Smart Money von seriellen Gründern und Venture-Firmen zu werden.

Bahnbrechendes Gesetz

Digitalisierung ist gleichzeitig immer mit Regulierung verbunden. Die BaFin hat für Fintechs zwar keine "Sandkästen" geschaffen, aber es mit ihrem Grundsatz "gleiches Geschäft, gleiches Risiko, gleiche Regeln" konsequent dem Markt überlassen, welche Geschäftsidee sich langfristig durchsetzt. Das Bundesministerium der Finanzen wiederum hat mit der geplanten Einführung elektronischer Wertpapiere die Abkehr von der 100 Jahre alten Tradition von Wertpapieren als Urkunde eingeleitet. Gleichzeitig wurden Aspekte der effizienten Registrierung und Handelbarkeit von Krypto-Wertpapieren und Blockchain aufgegriffen. Für den Finanzplatz bedeutet dieses bahnbrechende Gesetz die Chance, international zu punkten. Vernetzung, Nachhaltigkeit und Digitalisierung sind besonders wirksame Hebel - und sie sind notwendig, um die Rolle Frankfurts in der EU zu stärken. Schließlich notiert im neuesten "Global Financial Centres"-Index Luxemburg erstmals seit März 2017 wieder knapp vor Frankfurt, und Paris ist bedrohlich nahegekommen.

Für all diese Initiativen gilt im Übrigen, dass Erfolg nicht zwangsläufig höhere Risiken im Schlepptau führt. Nachhaltigkeit etwa beruht per se auf dem Wunsch, zukunftsfähige Strukturen für Mensch und Umwelt zu schaffen, während im Zuge der Digitalisierung die Erkenntnis gereift ist, dass nur Integrität und gesellschaftliches Engagement für sichere Leitplanken sorgen.

Börsen-Zeitung, 12.01.2021, Autor Gerhard Wiesheu, Präsident Frankfurt Main Finance, Nummer 6, Seite 2

 

Gerhard Wiesheu

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