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Werbeinformation der Metzler Asset Management GmbH - 26.3.2021 - Edgar Walk

Bankenkrise in der Türkei – nur eine Frage der Zeit?

Vergangenes Wochenende musste völlig überraschend der türkische Zentralbankpräsident Naci Agbal seinen Posten räumen. Er wurde durch Sahap Kavcioglu ersetzt, den viele Experten als einen loyalen Anhänger des türkischen Präsidenten Recep Erdogan sehen. Die Experten vermuten, dass die schmerzhafte Leitzinserhöhung der türkischen Zentralbank von 17 % auf 19 % am 18. März der Grund dafür ist. Die hohen Zinsen drohen die türkische Wirtschaft merklich zu bremsen und eine anhaltend hohe Arbeitslosigkeit nach sich zu ziehen. Noch im Juni 2012 betrug die Arbeitslosenquote 7,3 %; seitdem stieg sie jedoch kontinuierlich und erreichte im Februar 2019 mit 14,7 % ihren vorläufigen Hochpunkt. Im November 2020 betrug sie immer noch 12,9 %. Die Experten vermuten, dass der türkische Präsident Druck auf den neuen Zentralbankpräsidenten ausüben wird, die Zinsen wieder zu senken, um dadurch einen kräftigen Aufschwung in Gang zu setzen. Das könnte ihm ermöglichen, Neuwahlen einzuberufen – mit guten Chancen für einen Erfolg seiner Regierungspartei. Allerdings sind das bisher nur Spekulationen. Erst die kommenden Monate werden zeigen, inwieweit sie zutreffen.

Die Finanzmarktakteure sind jedoch verunsichert, wie die Abwertung der türkischen Lira am Montag zeigt, die in der Spitze mehr als 15 % erreichte. Die große Verunsicherung hängt damit zusammen, dass das türkische Bankensystem große Schwächen zu haben scheint. So stieg die Summe der Fremdwährungsbankeinlangen türkischer privater Haushalte und Unternehmen zuletzt auf mehr als 200 Mrd. USD. Es ist also eine gewisse „Dollarisierung“ der türkischen Wirtschaft zu beobachten. 

„Dollarisierung“ der türkischen Wirtschaft
Von Inländern gehaltene USD-Einlagen im türkischen Bankensystem in Mrd. USD

Quellen: Refinitiv Datastream, Metzler; Stand 28.2.2021

Laut einer Analyse des US-amerikanischen „Council of Foreign Relations“ haben die Geschäftsbanken davon knapp 100 Mrd. USD an die türkische Zentralbank verliehen und etwa 50 Mrd. USD an den türkischen Staat. Die verbleibenden etwa 50 Mrd. USD wurden als Kredite an inländische Unternehmen vergeben, die oft staatsnahe Unternehmen sind oder Staatsgarantien enthalten. Laut einer Analyse der Financial Times  hat die türkische Zentralbank schon einen großen Teil der US-Dollars in der Vergangenheit ausgegeben, um den Wechselkurs zu stabilisieren. Es besteht somit die Vermutung, dass die US-Dollar-Bankeinlagen nur noch zu einem kleinen Teil durch verfügbare US-Dollars gedeckt sind. 

Türkei: Deutlicher Anstieg des Fremdwährungsexposures der Banken ggü. Regierung und Notenbank (CBRT)
Fremdwährungsbilanz der türkischen Geschäftsbanken in Mrd. USD
Türkei: Deutlicher Anstieg des Fremdwährungsexposures der Banken ggü. Regierung und Notenbank (CBRT)
Quellen: BRSA/Haver, Brad Setser Analytics cfr.org/blog/setser

Sollte die türkische Zentralbank tatsächlich den Leitzins senken und sich das Wirtschaftswachstum beschleunigen, würden automatisch die Importe merklich steigen, die mit den US-Dollar-Bankeinlagen der Unternehmen und der privaten Haushalte bezahlt werden müssten. Vor diesem Hintergrund werden die Daten zum türkischen Außenhandel (Mittwoch) in den kommenden Monaten besonders im Fokus stehen. Die türkischen Geschäftsbanken könnten dadurch aber in Liquiditätsschwierigkeiten geraten, da sie in diesem Fall aufgrund der Unterdeckung nicht auf ausreichend viele US-Dollar zurückgreifen könnten. Auch fehlen aufgrund der Pandemie die Deviseneinnahmen aus dem Tourismus-Geschäft. Die türkischen Geschäftsbanken hätten dann nur noch die Möglichkeit, USD-Kredite am Kapitalmarkt oder bei ausländischen Geschäftsbanken aufzunehmen. Die Finanzierungsbereitschaft der ausländischen Akteure könnte somit über die Stabilität des türkischen Bankensystems entscheiden. 

Sollte es zu einer Krise im türkischen Bankensystem kommen, ist jedoch zu vermuten, dass Europa und die USA zu Hilfe eilen werden. Geopolitisch ist die Türkei ein Juwel: Sie beeinflusst maßgeblich Sicherheit und Frieden in Europa. Auch würden die USA erheblichen Einfluss in Europa und Asien verlieren, sollte die Türkei von Russland oder China dominiert werden1.  

Das Inflationsszenario funktioniert in Japan nicht

Oft ist das Argument zu hören, dass die Inflation aufgrund der Alterung der Gesellschaft in Zukunft strukturell höher sein wird. Es werde immer weniger Arbeitskräfte geben, die immer mehr Rentner mit Produkten und Dienstleistungen versorgen müssen. So intuitiv einleuchtend das klingt, so falsch ist es für Japan. 

Japan: Weniger Arbeitskräfte, sinkende Löhne
Entwicklung von Arbeitskräften und Löhnen (gleitender Durchschnitt über 5 Jahre, in %)
Japan: Weniger Arbeitskräfte, sinkende Löhne
Quellen: Cabinet Office, MIAC, Minack Advisors

* Arbeitslohn je angestelltem Arbeitnehmer

Das Arbeitskräftepotenzial ist dabei die Summe aus Arbeitenden und Arbeitsuchenden. In den vergangenen Jahren gab es trotz schrumpfender Bevölkerung positive Zuwachsraten aufgrund von Zuwanderung und der verstärkten Integration von Frauen in das Berufsleben. In der Grafik ist eine hohe positive Korrelation zwischen der Wachstumsrate der Löhne und des Arbeitskräftepotenzials zu beobachten. Eigentlich wäre eine negative Korrelation zu erwarten: fallendes Arbeitskräftepotenzial und steigende Löhne. Beide Größen scheinen dagegen jedoch nach wie vor maßgeblich vom Konjunkturzyklus bestimmt zu werden. Es ist bisher also keine strukturelle Abkopplung der Löhne zu beobachten. 

In den kommenden Jahren wird das Arbeitskräftepotenzial wieder sinken und damit auch die Löhne, wenn die Korrelation stabil bleiben sollte. Ist Japan nur ein Sonderfall? Aber warum? Die beschriebene Entwicklung in Japan zeigt, dass der Zusammenhang zwischen Alterung der Gesellschaft und Inflation immer noch theoretisch nicht richtig erfasst ist. Daher sollte man grundsätzlich vorsichtig sein mit Inflationsprognosen auf Basis der Bevölkerungsentwicklung. Die Daten aus Japan werden weiterhin daraufhin abgeklopft werden, diesen Zusammenhang besser zu verstehen: Arbeitsmarkt (Dienstag), Industrieproduktion (Mittwoch) und Tankan-Umfrage (Donnerstag).

USA: Pandemie abgehakt

Die Datenlage spricht eine eindeutige Sprache: Das Impftempo ist immens hoch und die Zahl der täglichen Neuinfektionen sehr niedrig. Damit haben die USA nun die Pandemie endgültig überwunden. Die US-Wirtschaft wird also sukzessive geöffnet werden, die Steuerschecks fließen schon und die Zinsen sind ultraniedrig. Dem Aufschwung steht also nicht mehr entgegen: Das dürften Konsumentenvertrauen (Dienstag), Einkaufsmanagerindex (Donnerstag) sowie Arbeitsmarktdaten (Freitag) zeigen. Für die US-Notenbank ist die Entwicklung am Arbeitsmarkt das entscheidende Kriterium für ihre künftige Ausrichtung der Geldpolitik. Das Verhältnis der Beschäftigten in der Altersgruppe der 16- bis 64-Jährigen zur Zahl aller 16- bis 64-Jährigen scheint dabei ein immer wichtigerer Indikator für den Arbeitsmarkt zu werden.

Europa im Aufholmodus

Das Impftempo dürfte sich in den kommenden Wochen beschleunigen. Damit verbessern sich auch die Wachstumsperspektiven, was schon jetzt am Economic Sentiment (Dienstag) und an Einkaufsmanagerindizes (Donnerstag) absehbar sein dürfte. Die Inflation (Mittwoch) könnte zunehmend mit hohen Werten überraschen, da nicht nur die Rohstoffpreise stark steigen, sondern nun auch die Lebensmittelpreise. 

1 Der ehemalige US-Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski sprach von der Türkei als einem „Pivot-Land“ auf dem eurasischen Kontinent – also einem geopolitischen Schlüsselland.

Edgar Walk
Edgar Walk

Chefvolkswirt , Metzler Asset Management

Edgar Walk arbeitet seit 2000 bei Metzler. Als Chefvolkswirt im Bereich Asset Management ist er für die volkswirtschaftlichen Prognosen verantwortlich. Aufgrund seiner engen Zusammenarbeit mit dem Portfoliomanagement liegt sein Fokus neben der volkswirtschaftlichen Analyse verstärkt auf Kapitalmarktthemen. Vor seiner Anstellung bei Metzler studierte Herr Walk in Tübingen Volkswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Regionalstudien Ostasien und Japan. Zur Vertiefung seiner Studien verbrachte er ein Auslandssemester an der Doshisha-Universität in Kyoto (Japan). Am Institut für Weltwirtschaft in Kiel absolvierte er anschließend den Aufbaustudiengang „Advanced Studies in International Economic Policy Research“.

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