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Werbeinformation der Metzler Asset Management GmbH - 12.2.2021 - Edgar Walk

Die Inflationsdebatte wird spannend

Die Inflationsraten in den USA und der Eurozone werden in den kommenden Monaten nur aufgrund von Basiseffekten steigen. Sollte sich bis zum zweiten Halbjahr 2021 nichts Grundlegendes geändert haben, wird die Inflation dann wieder merklich fallen. Die Weltwirtschaft wäre dann immer noch in einem Regime der niedrigen Inflation.

Erst wenn die Kerninflation in den USA die Marke von 3,0 % und in der Eurozone von 2,0 % überschreitet und gleichzeitig die Perspektive auf einen anhaltenden Aufwärtstrend besteht, bestünde eine hohe Wahrscheinlichkeit für ein neues Regime mit höheren und schädlichen Inflationsraten. Die Finanzmärkte würden dann unruhig werden, die Anleihekurse merklich fallen und die Aktienkurse mit nach unten ziehen. Die Korrelation zwischen Aktien- und Anleihekursen würde dann positiv.

Argumente pro steigende Inflation

Die aktuelle Inflationsdebatte eröffneten Charles Goodhart und Manoj Pradham Mitte vergangenen Jahres mit ihrem Buch „The Great Demographic Reversal: Ageing Societies, Waning Inequality, and Inflation“. Ihre Kernaussage: Strukturelle Veränderungen könnten in den kommenden Jahrzehnten die Inflationsdynamik langsam verändern. Einerseits erwarten sie, dass die fortschreitende Alterung der Gesellschaft den Inflationsdruck erhöhen wird. So ist in einem typischen Lebenszyklus eines Menschen zu beobachten, dass er in der Kindheit und im Alter nur konsumiert und nichts produziert – siehe Grafik. Steigt also der Anteil der über 60-Jährigen und fällt gleichzeitig der Anteil der 25- bis 65-Jährigen, steigt die Nachfrage leicht und das Angebot sinkt stark, was steigende Konsumentenpreise zur Folge hätte.

Konsum und Arbeitseinkommen im Lebenszyklus
Konzeptionelle Skala
Konsum und Arbeitseinkommen im Lebenszyklus
Quelle: Charles Goodhart und Manoj Pradham

Andererseits sehen Goodhart und Pradham die preisdämpfenden Effekte der Globalisierung zu einem Ende kommen. So sorgten das Ende des Kommunismus in Osteuropa und die Integration Chinas in die Weltwirtschaft für einen sprunghaften Anstieg der weltweit verfügbaren Arbeitskräfte. Produktionen wurden aus den entwickelten Volkswirtschaften verlagert, um zu niedrigen Löhnen kostengünstig zu produzieren. Eine Analyse der Autoren zeigt jedoch, dass die Lohnkostenvorteile der neuintegrierten Länder in den vergangenen Jahren merklich gesunken sind. Die disinflationären Effekte der Globalisierung sind somit zu einem Ende gekommen und werden die Inflation somit nicht mehr niedrig halten.

Die Lohnschere schließt sich
Verhältnis der Löhne

Quelle: Charles Goodhart und Manoj Pradham

Anfang Februar diesen Jahres sorgte dann ein Artikel1 des ehemaligen US-Finanzministers Larry Summers für großes Aufsehen. Darin warnte Summers vor einer Überdimensionierung der staatlichen Hilfsmaßnahmen. Er argumentierte anhand der aktuellen Schätzung der Output-Lücke in den USA – also der Differenz zwischen gesamtwirtschaftlicher Nachfrage und gesamtwirtschaftlichem Angebot. Nach Schätzungen des Congressional Budget Office (CBO) betrug die Output-Lücke in den USA im vierten Quartal 2020 etwa 660 Mrd. USD. Auf Basis der Schätzungen des CBO dürfte sich die Output-Lücke auf etwa 300 Mrd. USD bis zum vierten Quartal 2021 verringern. Die Schätzungen berücksichtigen jedoch noch nicht das neue Konjunkturpakt, das etwa 1,9 Billionen USD betragen soll und bald beschlossen werden dürfte.

USA: Wirtschaftswachstum und Produktionslücke
Tatsächliches und potenzielles nominales BIP (in Bio. US-Dollar)

Quellen: Congressional Budget Office, Metzler

Larry Summers weist nun darauf hin, dass das Konjunkturpaket überdimensioniert sein könnte, wenn ein großer Teil des Geldes, das die Unternehmen und privaten Haushalte vom Staat bekommen, nicht gespart, sondern in Nachfrage fließen würde. Die Output-Lücke könnte dann innerhalb eines Jahres eine dramatische Trendwende in einen stark positiven Bereich vollziehen. Die Nachfrage würde deutlich über das Angebot steigen und somit für Inflationsdruck sorgen. Auch betont er, dass die hohen Geldmengenaggregate schon jetzt signalisieren, dass die amerikanischen Unternehmen und privaten Haushalte in Geld schwimmen, was noch zusätzlich nach einem Ende der Lockdowns die Nachfrage beflügeln könnte. 

Darüber hinaus könnte die US-Regierung eine Erhöhung des Mindestlohns auf 15 USD pro Stunde beschließen, was insgesamt das Lohngefüge in den USA in Bewegung bringen könnte.

Das Inflationsszenario würde also dann folgendem Skript folgen: Die neue US-Administration beschließt ein Konjunkturpaket zwischen 1,1 und 1,9 Billionen USD --> die Lockdown-Maßnahmen werden ab April nennenswert gelockert --> die privaten Haushalte in den USA verfallen in einen Konsumrausch --> die Konsumentenpreise beginnen frühestens ab September zu steigen. Zur Folge hätte dies den Beginn eines neuen Regimes mit hohen Inflationsraten, auch aufgrund der eingangs beschriebenen strukturellen Faktoren wie Alterung der Gesellschaft und nur noch geringen globalen Lohnunterschieden.

Argumente kontra steigende Inflation

Interessanterweise zeigen die empirischen Daten aus Japan ein genau entgegengesetztes Bild. Bis Anfang der 1990er-Jahre stieg der Anteil der arbeitsfähigen Bevölkerung – (15 bis 65 Jahre) / (0 bis 15 Jahre plus über 65 Jahre) – kontinuierlich, was mit einer normal hohen Inflation einherging. Seitdem ist jedoch trotz des steigenden Anteils der über 65-Jährigen die Inflation ungewöhnlich niedrig. Das könnte damit zusammenhängen, dass das Spar- und Konsumverhalten der Bevölkerung in Japan anders ist als das der geschilderten Durchschnittsbetrachtung in den entwickelten Volkswirtschaften. Auch konsumieren die über 65-Jährigen überwiegend Gesundheitsleistungen, deren Preise in Japan staatlich reguliert sind. Bisher erhöhte der japanische Staat diese Preise nicht, sondern entschied sich für eine sukzessive Qualitätsverschlechterung. Es gibt also schon jetzt eine erhebliche versteckte Inflation im japanischen Gesundheitssystem. Das dürfte auf absehbare Zeit auch so bleiben. Die Erfahrungen aus Japan sprechen also dafür, dass eine Alterung der Gesellschaft sogar zu niedrigen offiziellen Inflationsraten beitragen könnte.     

Andererseits deutet vieles darauf hin, dass die disinflationären Effekte der Globalisierung nachlassen dürften. Die Vermutung liegt jedoch nahe, dass dies keinen so großen Einfluss auf die Inflation haben wird, um ein neues Inflationsregime hervorzubringen.

Tatsächlich sind die Geldmengenaggregate in den USA explodiert, und ein Konjunkturpaket, das voraussichtlich überwiegend aus Transfers an die privaten Haushalte und Unternehmen bestehen wird, dürfte für einen weiteren großen Schub der Geldmengen sorgen. Hierbei stellt sich jedoch die Frage, wie viel des Geldes tatsächlich ausgegeben und wie viel davon gespart wird. Sollte der überwiegende Teil gespart werden, wird es noch einige Quartale dauern, bis die Output-Lücke in den USA geschlossen wird. Aber auch wenn ein großer Teil der staatlichen Finanzhilfen in den Konsum fließen sollten, muss daraus nicht notwendigerweise eine merklich steigende Inflation folgen. Die Unternehmen könnten es nur als kurzen Kaufrausch sehen, der dann von einem Konsumkater abgelöst werden könnte. In diesem Fall werden sie die Preise trotz hoher Nachfrage nicht anheben. Die Phillips-Kurve würde in diesem Fall flach bleiben. 

Schlussfolgerung

Zum ersten Mal seit 50 Jahren verfügen die privaten Wirtschaftsakteure wieder über genügend Geld, um einen Regimewechsel bei der Inflation zu bewirken. Die Inflationsrisiken sind somit hoch, zumal auch noch eine Mindestlohnanhebung in den USA im Raum steht. Damit es dazu kommt, müssen jedoch noch zwei Voraussetzungen erfüllt werden: Die staatlichen Transfers dürfen nicht überwiegend gespart werden, und die Philips-Kurve muss wieder steiler werden. Diese beiden Faktoren können nicht prognostiziert, sondern nur beobachtet werden. Darüber hinaus sind die Inflationsrisiken in den USA deutlich höher als in der Eurozone. Derzeit sehen wir die Risiken für einen Regimewechsel in den USA bei etwa 40 %. In einem Portfolio-Kontext würde ein Regimewechsel bedeuten, dass sowohl die Anleihe- als auch die Aktienkurse fallen. Inflationsswaps könnten hier eine wichtige Diversifikation bieten, da sie in diesem Szenario steigen würden.

Weltwirtschaft noch in den Fängen des Virus

In den kommenden Monaten ist das Inflationsszenario sowieso kein Thema, da die Lockdowns weltweit noch Bestand haben dürften und somit die Konsummöglichkeiten einschränken. Interessanterweise blieb der globale Einkaufsmanagerindex (Freitag) im Januar trotzdem über der wichtigen Marke von 50, was auch für den Februar wahrscheinlich ist, da es weder in den USA noch in Europa eine Verschärfung der Lockdowns gab. China ist jedoch eine Ausnahme, das moderate Lockdowns verhängte. Auch signalisierte der Einkaufsmanagerindex für Japan eine Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts (Montag) im vierten Quartal. Tatsächlich dürfte es jedoch solide gewachsen sein. Für Japan scheinen die Einkaufsmanagerindizes somit wenig Aussagekraft zu haben. Die gute konjunkturelle Entwicklung in Japan spiegelt sich auch zunehmend am Aktienmarkt wider.  

In der Eurozone dürfte der ZEW-Index (Dienstag) stabil geblieben sein, da die Konjunkturperspektiven für die kommenden sechs Monate immer noch hervorragend sind. Das Konsumentenvertrauen (Donnerstag) könnte dagegen einen Rücksetzer erlitten haben, da die Lockdowns immer noch anhalten.

In den USA wird sich der Fokus auf die Einzelhandelsumsätze (Mittwoch) richten, da die Konsumdynamik der maßgebliche Einflussfaktor für die Inflation ist. Nachrichtlich noch interessant sind die Industrieproduktion (Mittwoch) und der Philadelphia Fed Index (Donnerstag). Grundsätzlich dürfte das Protokoll der vergangenen US-Notenbanksitzung (Mittwoch) ein Langweiler sein, aber vielleicht gab es eine Diskussion um die spekulative Dynamik am Aktienmarkt a la „GameStop“ und über mögliche „Tapering-Szenarien“.  

1 https://www.washingtonpost.com/opinions/2021/02/04/larry-summers-biden-covid-stimulus/

 

Edgar Walk, Chefvolkswirt Metzler Asset Management
Edgar Walk

Chefvolkswirt , Metzler Asset Management

Edgar Walk arbeitet seit 2000 bei Metzler. Als Chefvolkswirt im Bereich Asset Management ist er für die volkswirtschaftlichen Prognosen verantwortlich. Aufgrund seiner engen Zusammenarbeit mit dem Portfoliomanagement liegt sein Fokus neben der volkswirtschaftlichen Analyse verstärkt auf Kapitalmarktthemen. Vor seiner Anstellung bei Metzler studierte Herr Walk in Tübingen Volkswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Regionalstudien Ostasien und Japan. Zur Vertiefung seiner Studien verbrachte er ein Auslandssemester an der Doshisha-Universität in Kyoto (Japan). Am Institut für Weltwirtschaft in Kiel absolvierte er anschließend den Aufbaustudiengang „Advanced Studies in International Economic Policy Research“.

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