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Werbeinformation der Metzler Asset Management GmbH - 22.7.2022 - Edgar Walk

Eine „arbeiterlose Volkswirtschaft“ bedeutet mehr Leitzinserhöhungen

Für die zukünftige Zinspolitik der Zentralbanken wird die Entwicklung am Arbeitsmarkt eine entscheidende Rolle spielen. Am Arbeitsmarkt wird sich nämlich entscheiden, ob sich Zweitrundeneffekte etablieren, die eine persistent hohe Inflation verursachen könnten. 


Beispiel USA

Der US-Beschäftigungskostenindex (Freitag) zeigte bereits im ersten Quartal eine merkliche Beschleunigung auf 4,5 Prozent – von 2,5 Prozent im vierten Quartal 2020. In den USA betrug das durchschnittliche Produktivitätswachstum in den vergangenen 10 Jahren etwa 1,0 Prozent pro Jahr. Das heißt, dass bei einem Inflationsziel von 2,0 Prozent die Lohnkosten eigentlich nicht mehr als 3 Prozent (Produktivität plus Inflation) steigen sollten.   

Die sich abzeichnende Lohn-Preis-Spirale in den USA ist die Folge eines ungewöhnlichen Arbeitsmarktes: im Mai betrug die Nachfrage nach Arbeitskräften 66,2 Prozent der Bevölkerung über 16 Jahren, während nur 62 Prozent der Bevölkerung über 16 Jahren arbeitswillig war. Daher wird schon von der „arbeiterlosen Volkswirtschaft“ gesprochen.

USA: Von einer Volkswirtschaft mit vielen Arbeitslosen zu einer „arbeiterlosen Volkswirtschaft“
in % der Bevölkerung

Quellen: Refinitiv Datastream, Regis Barnichon (2010), Metzler; Stand 15.6.2022

Interessanterweise waren im Hochpunkt im Juli 1997 noch 68,1 Prozent der Bevölkerung über 16 Jahre arbeitswillig. Drei Gründe werden für den merklichen Rückgang der Erwerbsquote oft angeführt:

  1. die Ausbildungszeiten haben sich verlängert, da mehr Jugendliche studieren,
  2. Frauen haben sich vermehrt vom Arbeitsmarkt zurückgezogen und
  3. die Baby-Boomer gehen vermehrt in (Früh-) Rente aufgrund ihres hohen Finanzvermögens.

Der US-Wirtschaft fehlen somit strukturell Arbeitskräfte.

USA: Pandemie verschärfte die Lage am Arbeitsmarkt, weitere Leitzinserhöhung erwartet

Zu Beginn der Pandemie nahmen US-Unternehmen Entlassungen in einem großen Umfang vor. Im darauffolgenden Aufschwung fanden die Unternehmen jedoch keine Arbeitskräfte mehr, da sich die ehemaligen Mitarbeiter oft schon anderweitig orientiert hatten. Vor diesem Hintergrund könnte die Hürde für Unternehmen sehr hoch liegen, in der sich abzeichnenden Rezession Entlassungen vorzunehmen. 

Ob die These der „arbeiterlosen Volkswirtschaft“ und die damit verbundene geringe Bereitschaft der Unternehmen Entlassungen vorzunehmen stimmt, wird sich unter anderem an der Einschätzung der privaten Haushalte zum Arbeitsmarkt im Rahmen des Konsumentenvertrauensindex (Dienstag) ablesen lassen. 

Die Anzeichen mehren sich, dass die US-Wirtschaft schon jetzt auf dem Weg in eine moderate Rezession ist. So könnte das BIP (Donnerstag) im zweiten Quartal zum zweiten Mal in Folge ein negatives Wachstum verzeichnen; der frühzyklische Wohnimmobilienmarkt, Neubauverkäufe (Dienstag) könnte die Abwärtstendenz der vergangenen Monate zuletzt noch verstärkt haben. Spannend wird sein, ob sich dies auch schon auf die Immobilienpreise (Dienstag) ausgewirkt hat. 

Die US-Notenbank (Mittwoch) dürfte also den Leitzins nochmals um 75 Basispunkte in einer sich merklich abschwächenden Volkswirtschaft anheben. Derzeit preisen die Finanzmarktakteure die Erwartung ein, dass die US-Notenbank den Leitzins im Dezember bis auf 3,5 Prozent anheben wird. Sollte jedoch die Arbeitslosenquote nicht steigen und die Beschäftigungskosten anhaltend über 3,0 Prozent wachsen, müsste die US-Notenbank sogar den Leitzins über 3,5 Prozent hinaus anheben, um in einer tieferen Rezession die Lohndynamik wieder unter Kontrolle bringen zu können.

Eurozone: Arbeitsmarkt strotzt vor Stärke

In der Eurozone erreichte die Beschäftigung mit 162,9 Millionen Personen einen neuen Rekord im ersten Quartal. Interessanterweise zeigen Umfragen bei Unternehmen aus der Industrie und dem Dienstleistungssektor, dass trotz des schon hohen Beschäftigungsniveaus auch ein Rekordniveau an offenen Stellen besteht. Auch die Eurozone scheint zu einer „arbeiterlosen Volkswirtschaft“ geworden zu sein – auch hier scheint die Demografie zuzuschlagen.

Eurozone: Trotz rekordhoher Beschäftigung fehlen Arbeitskräfte
Beschäftigte in Millionen Personen

Quellen: Refinitiv Datastream, Metzler; Stand 6.6.2022

Auch in Europa haben die Unternehmen gelernt, dass es gefährlich sein kann, Mitarbeiter zu entlassen. Dem entsprechend könnte es durchaus möglich sein, dass sich die Konjunkturdaten aufgrund der Energiekrise weiter eintrüben – ifo-Index (Montag) und Geschäftsklimaindex der EU-Kommission (Donnerstag), der Arbeitsmarkt aber weiterhin stark bleibt. Immerhin scheint die Eurozone im zweiten Quartal noch ein positives Wirtschaftswachstum (Freitag) verzeichnet zu haben. 

Bisher sind noch keine Zweitrundeneffekte in der Eurozone zu beobachten, da sich die Lohndynamik in den vergangenen Quartalen nur moderat belebte. Auch scheint die Angst vor Arbeitslosigkeit immer noch in den Köpfen der Arbeitnehmer und der Gewerkschaften zu dominieren, sodass die Lohnabschlüsse eher moderat ausfallen. 

Im Sommer nächsten Jahres dürfte Europa die Energiekrise überwunden haben und die Eurozone wieder in einen Aufschwung eintreten. Sollte der Arbeitsmarkt bis dahin robust geblieben sein, könnte sich der Fokus der Arbeitnehmer auf den vergangenen Reallohnverlust verschieben und es könnte zu merklich höheren Lohnforderungen kommen. 

Die Inflation (Freitag) in der Eurozone würde dann zwar im September einen Hochpunkt von etwa 10 Prozent erreichen und danach fallen; sie würde sich jedoch im Sommer nächsten Jahres wieder beschleunigen. Die EZB müsste in dem Fall den Leitzins deutlich stärker anheben, als derzeit erwartet. Bis dahin drohen aufgrund der Energiekrise und der Regierungskrise in Italien jedoch noch erhebliche Turbulenzen. Wahrscheinlich werden die Finanzmarktakteure die EZB dazu zwingen, Farbe beim TPI (Transmission Protection Instrument) zu bekennen.

Japan: Wann muss die Zentralbank reagieren?

Der japanische Yen ist sehr schwach und die japanische Zentralbank hält an ihrer ultraexpansiven Geldpolitik fest. Die Finanzmarktakteure fragen sich nun, wann die Bank von Japan eine Anpassung ihrer Geldpolitik vornehmen wird. Darüber werden die Inflationsentwicklung (Freitag) und der Arbeitsmarkt (Freitag) entscheiden. 

Edgar Walk
Edgar Walk

Chefvolkswirt , Metzler Asset Management

Edgar Walk arbeitet seit 2000 bei Metzler. Als Chefvolkswirt im Bereich Asset Management ist er für die volkswirtschaftlichen Prognosen verantwortlich. Aufgrund seiner engen Zusammenarbeit mit dem Portfoliomanagement liegt sein Fokus neben der volkswirtschaftlichen Analyse verstärkt auf Kapitalmarktthemen. Vor seiner Anstellung bei Metzler studierte Herr Walk in Tübingen Volkswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Regionalstudien Ostasien und Japan. Zur Vertiefung seiner Studien verbrachte er ein Auslandssemester an der Doshisha-Universität in Kyoto (Japan). Am Institut für Weltwirtschaft in Kiel absolvierte er anschließend den Aufbaustudiengang „Advanced Studies in International Economic Policy Research“.

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