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metzler meets fraunhofer Energie
7.7.2023

Fraunhofer-Gespräch – Energie für Deutschland: Wege in die Zukunft

Dr.-Ing. Reinhard Mackensen und Guido Hoymann

Deutschland ist gut durch den letzten Winter gekommen. Der Blick zurück stimmt somit zuversichtlich, jetzt blicken wir nach vorn: Derzeit ist die Gasversorgung in Deutschland stabil, die Versorgungssicherheit gewährleistet, der Ausbau erneuerbarer Energien wird vorangetrieben. Wie die Energiewende in Deutschland gelingen kann, darüber sprachen Guido Hoymann, Head of Equity Research, und Dr.-Ing. Reinhard Mackensen, kommissarischer Leiter des Fraunhofer-Instituts für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik in Kassel.

„Digitalisierung ist eine unverzichtbare Grundlage für die Energiewirtschaft“

Klimaneutralität, Elektrifizierung und Wasserstoff – die Ziele der Energiewende sind ambitioniert. Über den Weg zu Net Zero ringen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Herr Dr. Mackensen, wo steht Deutschland derzeit?

Mackensen: Derzeit ist Deutschland noch nicht dort, wo wir laut Planung für die Klimaneutralität stehen sollten. Der Ausbau der erneuerbaren Energien sowie die Verstärkung der Energieinfrastruktur hinken den Zielen hinterher. Noch ist es nicht ausgeschlossen, auf einen realistischen Pfad zur Klimaneutralität 2045 zu kommen, jedoch werden die Abweichungen über die Zeit größer und das Erreichen der ambitionierten Ziele damit unrealistischer.

Wie zuversichtlich sind Sie, dass uns die Energiewende gelingen wird? Es fehlen Windräder, Solaranlagen, Speichermöglichkeiten. Erschwerend hinzu kommen zahlreiche Engpässe bei Komponenten, Rohstoffen und Fachkräften.

Mackensen: Grundsätzlich bin ich zuversichtlich, denn vom Gelingen der Energiewende hängt viel ab und damit steigt der Lösungswille. Auch, wenn der Anteil Deutschlands am Gesamtausstoß von Treibhausgasen global gesehen eher gering erscheint, ist ein Erreichen der ambitionierten Ziele für Deutschland und Europa essenziell, einerseits um unsere Energiepreise langfristig und verursachergerecht auf einem wettbewerbsfähigen Niveau zu stabilisieren, andererseits – Deutschland ist ein Exportland – um Klimaschutztechnologien zu entwickeln und damit Front-Runner zu sein und zu bleiben. Den Engpässen, die sich auf dem Weg dahin ergeben, gilt es zu begegnen. Beispielsweise über die Weiterentwicklung von Technologien, die Absicherung der Lieferungen von Rohstoffen und Energie durch Diversifizierung im internationalen Kontext sowie über eine international angelegte Fachkräftestrategie.

Dr.-Ing. Reinhard Mackensen
Die Digitalisierung ist eine unverzichtbare Grundlage für das Energiesystem.
Dr.-Ing. Reinhard Mackensen

Wo sehen Sie die effizientesten Stellschrauben? 

Mackensen: Neben den genannten Maßnahmen im internationalen Kontext ist es auch notwendig, regulatorische und Verwaltungsprozesse zu modifizieren, um die nationale Energiewende voranzubringen. Zum Beispiel in der Raumordnung oder bei der Genehmigung von Solaranlagen oder Windparks. 

Modifizieren heißt folglich schneller werden?

Mackensen: Genau. Es ist absolut geboten, die entsprechenden Prozesse zu beschleunigen, ohne jedoch berechtigte Einsprüche auszuschließen. Demokratische Mitbestimmung ist ein hohes Gut, welches es zu erhalten gilt. Weiterhin ist eine Weiterentwicklung der Stromnetzentgelte und Marktmodelle notwendig, um Anreize zu geben, flexibler bei der Nutzung von Strom zu werden. 

Muss die Energiewirtschaft digitaler werden, um den Ausbau erneuerbarer Energien zu erleichtern und eine effiziente Integration ins Stromnetz zu ermöglichen?

Mackensen: Die weitere Integration von erneuerbaren Quellen ins Energiesystem ist ohne eine flächendeckende Digitalisierung schlicht nicht denkbar. Die Aufgabe der Digitalisierung ist es, eine Brücke zwischen Energieerzeugung und Verbrauch herzustellen. Dies bedeutet wetterabhängige Erzeuger mit fluktuierender Einspeisung auf der einen Seite, flexible und steuerbare Verbraucher auf der anderen Seite. Hier ist die Digitalisierung die Klammer für ein umfassendes, sektorgekoppeltes Energiesystem. Aus heutiger Perspektive stellt Digitalisierung somit keine Erleichterung für das Energiesystem dar, sondern vielmehr eine unverzichtbare Grundlage.

Deutschland ist trotz Energieknappheit und Energiekrise Deutschland erstaunlich gut durch den Winter 2022/23 gekommen. Inzwischen hat sich die Lage bei der Versorgung entspannt. Wie schätzen Sie die künftige Preisentwicklung für Energie ein?

Mackensen: In den letzten Jahren war Energie teils extrem günstig. Dies gilt für Energieträger wie Öl und Erdgas, die sich aufgrund der Marktsituation in der nahen Vergangenheit stark verteuert hatten – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Strompreise. Auch wenn sich die Situation derzeit einigermaßen entspannt hat, werden die Energiepreise in Zukunft insgesamt höher sein. Dies resultiert auf der einen Seite aus dem neuen, höheren Preisniveau für Erdgas und perspektivisch auch für grünen Wasserstoff, für den notwendige, zu errichtende Infrastrukturen einzupreisen sind. Zudem sehen wir bereits heute hohe CO2-Preise im zentralen Emissionshandel. Aufschläge werden auch für Kraftstoffe und Brennstoffe für Heizungen erhoben für die Emittierung von CO2. Auf der anderen Seite ist ein schneller Ausbau von Windkraft und Solarenergie eine Möglichkeit, die Strompreise wieder zu senken. Mittels Windstrom von staatlichen Offshore-Flächen können zusätzlich niedrigere Industriestrompreise ermöglicht werden. Diese Chancen sollten wir nutzen.

Derzeit sind vor allem Gaskraftwerke für die Versorgungssicherheit mit Strom in Deutschland zuständig. Werden sie mittelfristig abgelöst durch Speichertechnologien? 

Mackensen: Gaskraftwerke werden auch künftig wichtige Elemente im Energiesystem sein. Extremsituationen des Gesamtsystems über Stromspeicher aufzufangen, ist zu aufwändig und systemtechnisch nicht abbildbar. Speicherlösungen sind eher für Schwankungen im täglichen und wöchentlichen Bereich relevant. Daher ist der Bedarf nach Spitzenlastkraftwerken im Stromsystem weiterhin gegeben. Und hier wird Wasserstoff eine wichtige Rolle im Energiesystem spielen: Um klimaneutral zu werden, ist es notwendig, dass diese Kraftwerke Strom mit grünem Wasserstoff erzeugen. Diese Umrüstbarkeit vom Gasbetrieb auf Wasserstoff sollte bei der Planung und dem Bau neuer Kraftwerke entsprechend berücksichtigt werden. 

Grüner Wasserstoff wird auch in vielen Bereichen der Industrie benötigt, zum Beispiel dort, wo eine vollständige Elektrifizierung der Fertigung nicht möglich ist. Der Bedarf ist immens, die Produktionskapazitäten aber recht überschaubar. Woher werden wir den grünen Wasserstoff beziehen?

Mackensen: Die Nachfrage in der Industrie ist in der Tat höher – insbesondere für die Erzeugung von „grünem“ Stahl und als Grundstoff für die chemische Industrie. Der hierfür notwendige Wasserstoff kann in Deutschland und Europa produziert werden. Der grüne Wasserstoff, der für Kraftstoffe im Flug- und Schiffsverkehr oder beispielsweise für Ammoniak in der Düngemittelindustrie benötigt wird, wird über internationale Lieferketten akquiriert werden, um den Gesamtbedarf zu decken.

Dr.-Ing. Reinhard Mackensen

Dr.-Ing. Reinhard Mackensen ist seit Februar 2022 kommissarischer Leiter des Fraunhofer-Instituts für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE) in Kassel. Nach dem Berufseinstieg im Bereich Softwareentwicklung und -architektur bei unterschiedlichen Firmen ist er seit 2005 in verschiedenen Positionen am IEE tätig. Seine zentralen Aufgaben umfassten die Neu- und Weiterentwicklung verschiedener Applikationen, insbesondere die Projektleitung des Windpower Management Systems, mit dem sich das Zeitverhalten der Windstromerzeugung prognostizieren lässt. Zudem leitete er verschiedene Forschungsprojekte, unter anderem das Projekt „Regeneratives Kombikraftwerk“. Nach seiner Dissertation 2011 mit dem Thema „Herausforderungen und Lösungen für eine regenerative Elektrizitätsversorgung Deutschlands“ baute Dr. Mackensen die Abteilung „Energieinformatik und Informationssysteme“ auf, die er bis Mitte 2018 leitete. Danach war er verantwortlicher Leiter des Bereichs Energiewirtschaftliche Prozessintegration. Neben seiner Tätigkeit für das IEE ist Dr. Mackensen Lehrbeauftragter an der Universität Kassel.

Guido Hoymann

Guido Hoymann ist seit 2000 bei Metzler tätig. Als Analyst ist er verantwortlich für die Sektoren Transport und Versorger. Seit 2014 ist Herr Hoymann Head of Equity Research im Kerngeschäftsfeld Capital Markets. Zuvor war er Co-Head of Research im Geschäftsfeld Equities. Von 1998 bis 1999 arbeitete er als Analyst für deutsche, schweizerische und österreichische Banken bei Dresdner Kleinwort Benson in Frankfurt am Main. Bereits während seines Studiums sammelte Herr Hoymann erste berufliche Erfahrungen im Investmentbanking durch Tätigkeiten und Praktika bei verschiedenen deutschen Banken in Düsseldorf, London und New York. Herr Hoymann studierte Betriebswirtschaft an der Universität Mannheim mit den Schwerpunkten Finanzierung, Bankbetriebslehre, Marketing und Handelsrecht.

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