Weltwirtschaft im Zwielicht – zwischen europäischer Hoffnung und amerikanischer Schuldenlast
Europa: Hoffnungsschimmer im Nebel globaler Risiken
Trotz zunehmender Spannungen in den transatlantischen Handelsbeziehungen und fortdauernder geopolitischer Unsicherheiten zeigt sich die Eurozone widerstandsfähig – mit einem moderaten, aber stabilen Wirtschaftswachstum. Gleichzeitig verliert der Inflationsdruck an Schärfe. Treiber dieser Entwicklung ist in erster Linie eine Abschwächung der Preisdynamik im Dienstleistungssektor, die noch im vergangenen Jahr infolge starker Lohnzuwächse auf hohem Inflationsniveau verharrte. Darüber hinaus sorgt der starke Euro-Wechselkurs in Kombination mit in der Tendenz fallenden Energiepreisen für eine zusätzliche Entspannung an der Inflationsfront. Sollten sich diese Tendenzen fortsetzen, könnte die Teuerung in den Jahren 2025 und 2026 jeweils auf rund 1,9 Prozent fallen und damit unterhalb des Inflationsziels der Europäischen Zentralbank (EZB). Dies eröffnet geldpolitischen Spielraum. Wir rechnen noch mit einer weiteren Zinssenkung in diesem Jahr, die den Leitzins auf 1,75 Prozent bringen dürfte. Sollte jedoch die deutsche Wirtschaft infolge steigender Staatsausgaben schon im zweiten Halbjahr unerwartet deutlich an Wachstumsdynamik gewinnen, könnte die EZB auch auf eine Leitzinssenkung verzichten.
Entscheidend wird laut dem Sachverständigenrat aber auch sein, wie die bereitgestellten Gelder in Deutschland verwendet werden. Sollten die Ausgaben des Finanzpaketes überwiegend für Konsumzwecke entfremdet werden, würde das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) nur um real etwa 250 Mrd. Euro steigen. In diesem Fall wäre mit einem deutlichen Anstieg der Inflation zu rechnen. Die EZB müsste dann den Leitzins stark anheben, was die Zinskosten für alle Euromitgliedsländer erheblich verteuern würde. Würde das Geld jedoch ausschließlich für staatliche Investitionen verwendet, könnte das reale BIP in Deutschland sogar um 600 Mrd. Euro steigen. Die deutsche Regierung muss sich hierbei ihrer großen Verantwortung bewusst sein. Insgesamt sind wir positiv gestimmt und erwarten ein Wirtschaftswachstum von 1,2 Prozent in der Eurozone in diesem Jahr und von 1,5 Prozent im Jahr 2026.
Stand: 21.5.2025
Stand: 21.5.2025
Doch die Unsicherheit bleibt. Der Ausgang der Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und den USA über die künftigen Handelsbeziehungen ist offen. Sollten neue Zölle verhängt oder die Beziehungen merklich belastet werden, könnte dies die Exportnachfrage empfindlich treffen und den fragilen europäischen Aufschwung bremsen.
USA: Staatsschulden im Fokus
Die Wirtschaft und Kapitalmärkte der Vereinigten Staaten sind nach wie vor die Taktgeber der Weltwirtschaft. Vor diesem Hintergrund ist der Anstieg der US-Staatsverschuldung problematisch, zumal derzeit keine politischen Anstrengungen unternommen werden, die Schulden mittelfristig wieder zu reduzieren. Manchmal braucht es einen Weckruf der Finanzmärkte, um politischen Handlungsdruck zu erzeugen. Ein solches Warnsignal wären stark steigende Renditen langlaufender Staatsanleihen gepaart mit einem schwachen US-Dollar. Wann genau die Märkte nervös reagieren, lässt sich jedoch erfahrungsgemäß kaum vorhersagen.