Werte schaffen: Mit Stärke, Flexibilität und Innovation
Immer wieder gab es turbulente Phasen an den Kapitalmärkten. In den vergangenen fünf Jahren jedoch war Unsicherheit kein Ausnahmezustand, sondern vielmehr strukturelles Merkmal. Für Investoren bedeutet dies, stärker auf Resilienz, Preissetzungsmacht und Bilanzqualität zu achten. Unternehmen, die Lieferketten flexibel gestalten, Kostensteigerungen weitergeben können und Innovation in den Mittelpunkt stellen, sind im Vorteil. Sie haben die besten Chancen, Werte zu schaffen und unsichere Zeiten zu meistern.
Wie rasch sich das Marktumfeld für Unternehmen und Investoren ändern kann, haben die vergangenen Jahre gezeigt: Pandemie, Lieferkettenstörungen, Inflationsschübe und geopolitische Konflikte haben die Spielregeln immer wieder neu definiert. Zuletzt kamen eine volatile Zollpolitik sowie erhebliche Handelshemmnisse beim Zugang zum wichtigen US-Markt hinzu.
Lieferkettenkrise: Die Covid-19-Pandemie offenbarte die Anfälligkeit globaler Netzwerke. Beispielsweise litten Automobilindustrie und Maschinenbauer unter Engpässen. Viele Konzerne haben seither „Dual Sourcing“- oder „Local for Local“-Strategien etabliert, um Abhängigkeiten zu reduzieren. Lagerbestände wurden erhöht, mit entsprechenden Spuren in den Bilanzen. Als 2022 Zinsen und Zuversicht wieder stiegen, büßte die Lagerhaltung an Priorität ein, was zu einem ausgeprägten Korrekturzyklus führte.
Inflationsschub: Ab 2021 stiegen die Rohstoff- und Energiepreise rapide. Entscheidend waren für viele Unternehmen die Fragen nach Preissetzungsmacht und Elastizität der Nachfrage. Margenschwache Firmen oder energieintensive Geschäftsmodelle wie Chemieunternehmen gerieten unter erheblichen Druck. Investoren begannen in der Folge, Preissetzungsmacht und Markenstärke höher zu gewichten als reines Umsatzwachstum.
Geopolitische Risiken: Der Krieg in der Ukraine änderte viele Perspektiven und führte zu einer Themen- und Sektorenrotation: Europa musste seine Gasversorgung umstellen, was kurzfristig Energieversorger belastete, aber auch Investitionen in LNG-Infrastruktur und erneuerbare Energien nach sich zog. Die geopolitischen Ereignisse hatten gleichzeitig zur Folge, dass EU-Staaten ihre Verteidigungsbudgets erhöhten, wovon einige Unternehmen profitierten.
Handelspolitik: Neue US-Zölle und die strategische Rivalität zwischen USA und China zeigen, dass die Globalisierung nicht mehr linear voranschreitet. Beispielsweise stehen Unternehmen aus der Halbleiterindustrie im Zentrum dieser Spannungen: Ihre Technologie ist global gefragt, doch Exportrestriktionen beschränken den Zugang zu wichtigen Märkten.
Investoren müssen politische Risiken stärker in die Bewertung einpreisen. Trotz Handelsabkommen dürften die Zölle auf absehbare Zeit auf deutlich höheren Niveaus verharren. Das wiederum macht Anpassungen bei Lieferketten und Produktionsstandorten notwendig. Auch hier ist entscheidend, welche Geschäftsmodelle die damit verbundenen Kostensteigerungen an ihre Kunden weiterreichen können. Mit „Local for Local“-Strategien wird nicht nur das Ziel resilienter Lieferketten verfolgt, sondern auch ein möglichst lokaler Produktabsatz.
Resilienz und Anpassungsfähigkeit von Sektoren und Themen
Nicht alle Branchen sind von zunehmender Unsicherheit und Volatilität gleich stark betroffen – Unterschiede gibt es unter anderem bei Zyklizität, Kapitalstruktur und -intensität sowie Innovationsfähigkeit.
Finanzsektor: Banken und Versicherer sind klare Gewinner der Zinsnormalisierung. Im klassischen Bankgeschäft stieg der Zinsüberschuss spürbar, Versicherungen konnten ihre Kapitalanlagen profitabler anlegen. Die Zahl der Kreditausfälle blieb stabil. Und: Ein gewisses Maß an Volatilität kann sich günstig auf Handelsaktivitäten von Banken auswirken.
Industrie & Automobil: Die Herausforderung ist groß: Einerseits mussten Lieferketten neu aufgestellt werden. Andererseits erfordert die Transformation zu E-Mobilität und CO₂-neutraler Produktion enorme Investitionen. Eine hohe Kapitalintensität mindert die Anpassungsfähigkeit und führt zu hohen Kosten sowie langwierigen Verlagerungen von Produktion.
Technologie & Halbleiter: Halbleiterhersteller profitieren vom steigenden Bedarf an Rechen- und Speicherleistung durch Trends wie Elektrifizierung oder Künstliche Intelligenz (KI), bleiben aber hochgradig abhängig von geopolitischen Entwicklungen. Softwareanbieter mit wiederkehrenden Umsätzen sind dagegen resilient und haben kaum Probleme mit Zöllen und Lieferketten.
Energie & Rohstoffe: Energieunternehmen stehen im Spannungsfeld von kurzfristiger Volatilität und langfristigen Dekarbonisierungszielen, die erhebliche Investitionen erfordern. Erträge bei den erneuerbaren Energien sind hochgradig von der jeweiligen Regulatorik abhängig.
Gesundheitswesen: Pharmaunternehmen und MedTech-Konzerne kombinieren steigende Nachfrage aufgrund des demografischen Wandels mit Innovationskraft. Sie sind strukturell resilient mit stabilen Cashflows. Dennoch stellen Zölle und Preisanpassungen ein großes Risiko für viele Firmen dar.
Anlagethemen in Zeiten hoher Unsicherheit
Derzeit bieten einige Investmentideen trotz hoher Volatilität interessante Chancen:
- Banken & Versicherer: Profiteure der Zinsnormalisierung, attraktive Dividendenrenditen, robuste Kapitalquoten. Für langfristige Investoren besonders interessant, da Bewertungen trotz Kursanstiegen moderat bleiben, insbesondere für Banken.
- Infrastruktur & Energieübergang: Der massive Investitionsbedarf in Stromnetze, Verteidigung und erneuerbare Energien schafft planbares Wachstum. Der Ausbau von Rechenzentren erfolgt global in den jeweiligen lokalen Märkten.
- Gesundheitswesen & MedTech: Stabilität kombiniert mit Innovation. Spannend können Nischenplayer mit klaren Spezialisierungen und überdurchschnittlichem Wachstumspotenzial sein.
- Technologie: Unternehmen aus der Halbleiterbranche profitieren direkt von der Nachfrage nach Rechenleistung für KI. Volatil, aber langfristig unverzichtbar.
- Hidden Champions: Europäische Nischenführer mit globaler Marktstellung aus dem Mid-Cap-Segment sind oft nur wenig bekannt, glänzen aber mit Resilienz ihrer hochspezialisierten Geschäftsmodelle.