Aktien – trotz gestiegener Zinsen noch attraktiv?!
Viele Investoren fragen sich derzeit, ob sich – vor dem Hintergrund der gestiegenen Zinsen – eine Investition in die stark schwankenden Aktien noch lohnt. Bei der Beantwortung dieser Frage sind drei Aspekte entscheidend: 1. Bleiben die Zinsen auf absehbare Zeit hoch? 2. Wie lang ist der Anlagehorizont? 3. Lohnt es sich, jetzt aus dem Aktienmarkt auszusteigen und zu einem späteren Zeitpunkt wieder einzusteigen?
1. Ein ungewöhnliches Zinsbild
Die Europäische Zentral Bank EZB erhöhte im September den Leitzins auf 4,0 Prozent. Ein Blick in die Wirtschaftsgeschichte zeigt, dass die EZB im aktuellen Zyklus in einem relativ kurzen Zeitraum den Leitzins ungewöhnlich schnell anhob – nur zur Erinnerung: Noch im Juli vergangenen Jahres betrug dieser -0,5 Prozent. Es ist aber wichtig zu verstehen, dass sich das Zinsniveau von 4,0 Prozent nur auf kurz laufende Geldmarktanlagen bezieht. Eine deutsche Staatsanleihe mit einer Laufzeit von 10 Jahren handelte zuletzt dagegen nur bei etwa 2,7 Prozent. Anhand der Grafik mit Daten von Ende August ist schnell erkennbar, dass schon ab einer Laufzeit von 3 Jahren der Zins deutlich unterhalb von 4,0 Prozent liegt.
Der Grund dafür ist, dass die Finanzmarktakteure damit rechnen, dass die EZB den Leitzins bald wieder senken wird. Für das Jahr 2025 wird bereits wieder mit einem Leitzins von etwa 2,7 Prozent gerechnet. Das hängt damit zusammen, dass vor allem aufgrund der ungünstigen demografischen Entwicklung – die arbeitsfähige Bevölkerung in der Eurozone wird sich voraussichtlich in den kommenden Dekaden verringern – nur noch mit einem strukturell niedrigen Wirtschaftswachstum und damit einhergehend nur noch mit einem strukturell niedrigen Gleichgewichtszinsniveau von etwa 2,5 Prozent gerechnet wird. Natürlich handelt es sich hierbei nur um Prognosen und Erwartungen, die sich auch als falsch erweisen können. Nichtsdestotrotz spiegeln sie den gegenwärtigen, allgemeinen Kenntnisstand wider.
Anleger müssen also damit rechnen, dass die aktuell hohen Zinsen in (näherer) Zukunft wieder fallen können.
2. Anlagehorizont
Je länger der Anlagehorizont eines Investors, desto geringer das Risiko mit Aktien hohe Verluste zu erleiden. Seit 1975 haben deutsche Aktien im Durchschnitt etwa 8,4 Prozent pro Jahr für Anleger erwirtschaftet. Zwischenzeitlich gab es zwar immer wieder turbulente Phasen mit erheblichen Kursschwankungen, die dadurch entstandenen Verluste wurden aber immer wieder aufgeholt. So haben deutsche Aktien beispielsweise seit dem Zweiten Weltkrieg über eine rollierende Periode von 15 Jahren noch nie einen Verlust ausgewiesen. Im Gegensatz dazu unterliegt Festgeld – hier in der Grafik 3, Anlage für 3 Monate – keinen Schwankungen und lässt damit Anleger ruhig schlafen. Der Preis dafür aber ist, dass Festgeld seit 1975 nur einen durchschnittlichen Ertrag von 3,8 Prozent pro Jahr einbrachte – ein Wert, der nur knapp über der durchschnittlichen Inflation von 2,4 Prozent über diesen Zeitraum lag.
Gerade für die Altersvorsorge ist es aber wichtig, hohe durchschnittliche Erträge in der Kapitalanlage zu erzielen. Um dies zu verdeutlichen, lohnt sich ein Blick auf die sogenannte 72-Regel. Teilt man nämlich die Zahl 72 durch die erwartete Rendite eines Portfolios, erhält man den Zeitraum für die Verdopplung des eingesetzten Kapitals. Ein Anleger, der mit Zinsanlagen im Durchschnitt über die kommenden Jahre 3,0 Prozent Rendite pro Jahr erzielt, muss etwa 24 Jahre warten, bis sich sein Vermögen verdoppelt hat. Im Gegensatz dazu braucht ein Anleger mit einem Mischportfolio aus Aktien und Anleihen, das etwa 6 Prozent Ertrag erwirtschaften kann, nur 12 Jahre, bis sich sein Vermögen verdoppelt hat. Nach 24 Jahren ist sein Vermögen sogar doppelt so groß wie das eines Anlegers mit nur 3,0 Prozent Ertrag pro Jahr. Natürlich handelt es sich hierbei nur um historische Erfahrungen, die aber trotzdem gute Anhaltspunkte für die Zukunft bieten können.
Für langfristige Investoren sind Aktien also ein unverzichtbarer Bestandteil der Finanzanlage, da sie über einen langen Anlagehorizont Chancen auf sehr hohe Erträge liefern. Was auf den ersten Blick vielleicht nicht einleuchtend erscheint: Fallende Aktienkurse zu Beginn einer langfristigen Ansparphase können für Anleger, die monatlich investieren und so ihre Altersvorsorge aufbauen, sogar vorteilhaft sein, da sie dann die Aktien günstig kaufen können.
3. Aus- und Einstieg in Aktien
Natürlich könnte es bei den aktuell hohen Zinsen auch eine Überlegung sein, jetzt in Festgeld zu investieren und bei zukünftig niedrigeren Zinsen wieder in den Aktienmarkt einzusteigen. Die Erfahrung zeigt aber, dass es oft lange Phasen am Aktienmarkt ohne größere Kursbewegungen gibt, die dann von wenigen Tagen mit starken Kursgewinnen abgelöst werden. Für Anleger kann es sehr schmerzhaft sein, genau diese Tage zu verpassen. So wurde beispielsweise aus einer Anlage von 10.000 USD am US-Aktienmarkt zwischen 1993 und 2022 ein Vermögen von rund 158.000 USD. Hätte ein Anleger die besten 10 Tage in diesem Zeitraum verpasst, hätte sich sein Ertrag mehr als halbiert auf etwa 72.000 USD. Ein Verpassen der 30 besten Tage hätte den Ertrag sogar auf nur noch knapp 27.000 USD reduziert.
Langfristige Anleger sollten daher nicht versuchen, durch radikale Aus- und Einstiege in den Aktienmarkt ein besseres Ergebnis zu erzielen. Die historische Erfahrung zeigt, dass sich dadurch der Ertrag einer Finanzanlage deutlich reduzieren kann.
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