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21.12.2022 - Edgar Walk

Ausblick 2023: Die Rückkehr der makroökonomischen Volatilität

Was preisen die Finanzmärkte für 2023 ein?

Den Ausgangspunkt unseres Jahresausblicks bildet eine Bestandsaufnahme der an den Finanzmärkten eingepreisten makroökonomischen Erwartungen. Marktkurse bewegen sich nämlich nur dann, wenn diese überrascht werden.

So rechnen die Finanzmarktakteure laut Bloomberg-Umfrage mit einem moderaten Abschwung der Weltwirtschaft in 2023 – auf eine Wachstumsrate von immerhin noch 2,2 Prozent. 2021 konnte die Weltwirtschaft noch ein Wachstum von 6,0 Prozent vorweisen. Gleichzeitig wird mit einer anhaltend hohen Inflation von 5,1 Prozent gerechnet. Dementsprechend zeigen die OIS1-Forwards, dass weitere Leitzinserhöhungen der Zentralbanken im Jahresverlauf antizipiert werden – in den USA bis auf etwa 5,0 Prozent und in der Eurozone bis auf etwa 3,0 Prozent. Grundsätzlich scheinen die Finanzmarktakteure der Geldpolitik ein erfolgreiches Agieren zu bescheinigen, da sie ab 2024 laut Inflationsswaps wieder mit Inflationsraten um 2,0 Prozent rechnen.

1 OIS = Overnight Indexed Swaps

Finanzmarktakteure erwarten einen raschen Rückgang der Inflation
Tatsächliche Inflation und Inflationserwartungen laut Inflationsswap-Forward-Raten in %

Quellen: Refinitiv Datastream, Metzler

Welche Szenarien gibt es noch?

Das an den Finanzmärkten eingepreiste Szenario ist jedoch nur eines von insgesamt vier wahrscheinlichen Szenarien, die wir für 2023 identifiziert haben. Eigentlich geht es um zwei Fragen, die richtig beantwortet werden müssen. Die erste Frage bezieht sich auf den Inflationsprozess: Kehrt die Inflation wieder zu den sehr niedrigen Niveaus von vor der Pandemie zurück, da die beiden Schocks „Pandemie“ und „Krieg“ nur zu transitorisch hohen Inflationsraten beigetragen haben? Oder gibt es strukturelle Veränderungen in den großen Volkswirtschaften, die einen persistenten Inflationsdruck erzeugen?

Sollte es tatsächlich einen persistenten Inflationsdruck geben, muss sich dieser nicht automatisch in tatsächlich hohen Inflationsraten manifestieren, da die Zentralbanken jederzeit die Inflation auf Kosten des Wirtschaftswachstums reduzieren können. Daher stellt sich als zweites die Frage: Wie werden die Zentralbanken darauf reagieren?

Szenarioanalyse für 2023 Der Überblick über die vier möglichen Szenarien zeigt, dass die Finanzmärkte nunmehr mit einem persistenten Inflationsdruck rechnen, sie gleichzeitig aber auch davon ausgehen, dass die Zentralbanken perfekt reagieren werden.
Quelle: Metzler

Der Überblick über die vier möglichen Szenarien zeigt, dass die Finanzmärkte nunmehr mit einem persistenten Inflationsdruck rechnen, sie gleichzeitig aber auch davon ausgehen, dass die Zentralbanken perfekt reagieren werden.

Wie sind die Inflationsperspektiven einzuschätzen?

Auch wir sehen eher das Szenario eines persistenten Inflationsdrucks als das eines rapiden Rückgangs auf die vorigen niedrigen Niveaus. Sollte jedoch entgegen unseren Erwartungen die Inflation 2023 stark fallen, würden die Zentralbanken wahrscheinlich die Leitzinsen im Jahresverlauf 2023 wieder merklich senken, was sehr positive Auswirkungen auf die Anleihe- und Aktienmärkte hätte.

Die Gründe für unsere Einschätzung eines persistenten Inflationsdrucks sind folgende:

  • Demografie
  • Deglobalisierung
  • Dekarbonisierung
  • Hohe Schulden
  • Rohstoffengpässe
  • Lebensmittelknappheiten

Wir sehen die Wirkung der demografischen Entwicklung eher als inflationär an, da die Arbeitsmärkte schon jetzt durch sehr niedrige Arbeitslosenquoten und eine hohe Anzahl an offenen Stellen gekennzeichnet sind. In den kommenden Jahren werden zudem noch die geburtenstarken Jahrgänge der 1960er-Jahre in Rente gehen. In der Phase zwischen 1980 und 2020 sorgten sie für ein Überangebot an Arbeitskräften und für ein niedriges Reallohnwachstum.

Mit zunehmenden Renteneintritten in den kommenden Jahren dürften somit die Arbeitskräfte knapp bleiben und die Reallöhne wieder stärker steigen – mit entsprechendem Druck auf die Lohnkosten der Unternehmen.

Demografie: Mit dem Eintritt der Babybommer in den Ruhestand sollte der Lohndruck in vielen Industrieländern wieder zunehmen

Geburtsrate
(Kinder pro Frau)
In den kommenden Jahren werden zudem noch die geburtenstarken Jahrgänge der 1960er-Jahre in Rente gehen. Mit zunehmenden Renteneintritten in den kommenden Jahren dürften somit die Arbeitskräfte knapp bleiben und die Reallöhne wieder stärker steigen.
Quellen: United Nations Population Division, FactSet, Stand 2021
Reale Stundenlöhne in den USA
ggü. Vj. in %*
In der Phase zwischen 1980 und 2020 sorgten die geburtsstarken Jahrgänge der 1960er-Jahre für ein Überangebot an Arbeitskräften und für ein niedriges Reallohnwachstum. Mit zunehmenden Renteneintritten in den kommenden Jahren dürften somit die Arbeitskräfte knapp bleiben und die Reallöhne wieder stärker steigen.
Quellen: United Nations Population Division, FactSet; Stand: Februar 2020

* Exklusive Landwirtschaft ** 1948 bis 1980 *** 1980 bis Februar 2020

In Japan wirkte die Alterung der Gesellschaft bisher eher deflationär, da die ältere Bevölkerung in Japan bisher eine extrem hohe Sparneigung hatte. In Europa und den USA dürfte die Konsumneigung der älteren Bevölkerung dagegen höher sein und damit zu einem inflationären Umfeld beitragen.

Weitere Faktoren, die zu einem strukturell höheren Inflationsdruck beitragen könnten, sind die Deglobalisierung, die Dekarbonisierung sowie die Knappheit an Rohstoffen.

So restrukturiert nahezu jedes Unternehmen derzeit seine Lieferketten, was mit höheren Kosten und Preisen verbunden sein dürfte. Auch bedeutet die Dekarbonisierung höhere Investitionen in der Zukunft und damit eine starke Nachfrage nach Industriemetallen, Photovoltaikanlagen etc – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Preisentwicklung. Nicht zu unterschätzen ist auch, dass weder die großen Ölfirmen noch die Bergbauunternehmen in den vergangenen Jahren nennenswert in neue Kapazitäten investiert haben. Es besteht also eine strukturelle Knappheit an Rohstoffen.   

Grundsätzlich sind wir somit einer Meinung mit der Mehrheit der Finanzmarktakteure, dass die Inflation in der kommenden Dekade im Jahresdurchschnitt nicht mehr nennenswert unter 2,0 Prozent fallen wird.

Wie werden die Zentralbanken reagieren?

Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten, wie eine Zentralbank auf das aktuelle Hochinflationsumfeld reagieren könnte: weich, perfekt oder überhart.

Sollte es den Zentralbanken tatsächlich gelingen, mithilfe der erwarteten Leitzinserhöhungen nur einen moderaten Abschwung zu verursachen, der jedoch ausreichend ist, die Inflationsdynamik zu brechen und die Inflation wieder auf 2,0 Prozent zu senken, wäre es die „perfekte“ Reaktion auf das gegenwärtige Umfeld. Die Aktienmärkte dürften sich dann 2023 gut entwickeln, da die Bewertung jetzt deutlich niedriger ist als zum Jahresanfang 2022 und gleichzeitig auch ein solides positives Wachstum der Unternehmensgewinne möglich wäre. Auch die Anleihemärkte hätten Performance-Potenzial, da die Zentralbanken 2024 wieder die Leitzinsen senken würden.

Wir gewichten jedoch das Risiko höher, dass die Zentralbanken überhart auf das aktuelle Inflationsumfeld reagieren. Dafür gibt es drei Gründe:

  1. Rückkehr zu hohen Realzinsen
  2. Tempo des Zinsanstiegs
  3. Synchronität des Zinsanstiegs weltweit

Ein Blick auf die reale Rendite einer 5-jährigen inflationsgeschützten Staatsanleihe in den USA, dem Land der Weltreservewährung, zeigt einen dramatischen Renditeumschwung: Noch im vergangenen Jahr handelte die reale Rendite bei etwa -2,0 Prozent, während sie in diesem Jahr in der Spitze sogar knapp auf +2,0 Prozent stieg. Mitte Dezember handelte sie immer noch bei etwa +1,4 Prozent. Auch in der Eurozone verzeichnete die reale Rendite 7-jähriger inflationsgeschützter Bundesanleihen einen merklichen Anstieg von etwa -1,75 Prozent im Tief auf etwa +0,05 Prozent Mitte Dezember.

Dramatischer Anstieg der realen Renditen in den USA
in %

Quellen: Refinitiv Datastream, Metzler; Stand 13.12.2022

Gleichzeitig droht der stärkste Anstieg der Leitzinsen innerhalb eines Jahres in den USA und der Eurozone seit den 1970er-Jahren. Es handelt sich somit um einen völlig unerwarteten Zinsschock, der auf eine rekordhohe Verschuldung trifft und auch auf vermutlich viele „Zombie“-Unternehmen, die nur aufgrund niedriger Zinsen in den vergangenen Jahren überleben konnten.

So ist beispielsweise die Verschuldung des privaten Sektors in den USA von etwa 100 Prozent des BIP in den 1970er-Jahren auf über 150 Prozent des BIP gestiegen. Auch weltweit ist die private Verschuldung auf vergleichbar hohe Niveaus gestiegen. Es droht somit ein merklicher Anstieg der Kreditausfälle, der die rezessiven Tendenzen in den USA und Europa verstärken dürfte.

Zuletzt zeigen noch Simulationen der OECD und der EZB, dass von einem weltweit synchronen Leitzinserhöhungszyklus nicht-lineare Effekte ausgehen können. Zumal die Zentralbanken die Leitzinsen weltweit in sehr großen Schritten von 50 oder sogar 75 Basispunkten anheben. Die Analysen der EZB zeigen dabei, dass der negative Effekt auf das Wirtschaftswachstum in einem global synchronen Leitzinserhöhungszyklus dreifach so stark sein könnte wie im Vergleich zu einem normalen Leitzinserhöhungszyklus. So dämpfen Leitzinserhöhungen im Ausland europäische Exporte und tragen auch zu einer Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen bei.

Rekordanzahl an Notenbanken heben gleichzeitig den Leitzins an – nichtlineare bremsende Effekte wahrscheinlich
Anzahl Leitzinsänderungen ausgewählter Zentralbanken*
Die Analysen der EZB zeigen dabei, dass der negative Effekt auf das Wirtschaftswachstum in einem global synchronen Leitzinserhöhungszyklus dreifach so stark sein könnte wie im Vergleich zu einem normalen Leitzinserhöhungszyklus.
* 37 Länder plus Eurozone, dreimonatiger gleitender Durchschnitt ** Stand 31. August 2022

Quellen: Bank for International Settlements, World Bank, Metzler

Gibt es schon Anzeichen in der Realwirtsaft für „überharte“ Zentralbanken?

Die These der „überharten“ Zentralbanken basierte bisher eher auf theoretischen Überlegungen. Daher stellt sich die Frage, ob es auch schon Anzeichen dafür in der Realwirtschaft gibt. Derzeit sehen wir mehrere Gründe, die für rezessive Tendenzen infolge der überharten Geldpolitik in den großen Volkswirtschaften sprechen.

Erstens haben die Banken in den USA und der Eurozone die Kreditstandards für Unternehmenskunden Anfang Oktober massiv verschärft. Das heißt, die Leitzinserhöhungen haben eine Einschränkung des Kreditangebots zur Folge, wie es auch üblicherweise bei Leitzinserhöhungen zu erwarten ist. Überraschend ist jedoch das Ausmaß der Verschärfungen, das Niveaus vergleichbar mit vergangenen Rezessionen erreicht hat.

Banken verschärfen Kreditstandards merklich – als Reaktion auf die Geldpolitik
Verschärfung der Kreditstandards der Banken gegenüber Firmen (Saldo der Befragten)

Quellen: Refinitiv Datastream, Metzler; Stand 31.10.2022

Zweitens signalisieren die inversen Renditestrukturkurven erhöhte Rezessionsrisiken. In meiner Interpretation spiegelt die Rendite 10-jähriger Staatsanleihen den Gleichgewichtszins wider, der weder die Wirtschaft stimuliert noch bremst. Erhöht die Zentralbank den Leitzins oberhalb der Rendite 10-jähriger Staatsanleihen, tritt sie bewusst auf die Konjunkturbremse.

Drittens sind die zinssensitiven Branchen stets als erstes von einer Veränderung des monetären Umfelds betroffen. So ist in den USA schon jetzt zu beobachten, dass die Nachfrage nach Wohnimmobilien als eine Folge der Leitzinserhöhungen regelrecht eingebrochen ist. Laut der Konsumentenumfrage der University of Michigan war die Kaufbereitschaft noch nie so niedrig wie derzeit.

Der Wohnimmobilienmarkt ist frühzyklisch: Das heißt, dass die restliche Wirtschaft dem Wohnimmobilienmarkt in der Regel mit einem Zeitabstand von bis zu einem Jahr folgt.

USA: Käuferstreik am Immobilienmarkt
Indexwerte

Quellen: Refinitiv Datastream, Metzler; Stand 30.11.2022

In der Eurozone ist dagegen die Ausrichtung der Geldpolitik eher anhand der realen Geldmenge M1 zu beobachten. Aufgrund der Leitzinserhöhungen hat sich das Geldmengenwachstum schon jetzt merklich verlangsamt. Darüber hinaus frisst die hohe Inflation die für ein solides Wirtschaftswachstum notwendige Geldmenge auf. Die reale Geldmenge signalisiert also auch hier eine merkliche Wachstumsverlangsamung in den kommenden Monaten.

Eurozone: Hohe Inflation und Leitzinserhöhungen der EZB belasten die Gesamtwirtschaft
in % ggü. Vj.
Eurozone: Hohe Inflation und Leitzinserhöhungen der EZB belasten die Gesamtwirtschaft
Quellen: Refinitiv Datastream, Metzler; Stand: 31.10.2022

In China rechnen wir im kommenden Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von nur 3,0 Prozent. Die sich derzeit aufbauende Infektionswelle dürfte das Wachstum noch bis ins Frühjahr 2023 belasten. Darüber hinaus wird die Krise am Immobilienmarkt noch zwei bis drei Jahre das Wachstum merklich dämpfen. Zuletzt sollte auch die demografische Trendwende nicht unterschätzt werden: 2023 könnte die Zahl der Arbeitskräfte merklich zurückgehen.

Was erwartet also Metzler Asset Management für 2023?

Rezessionen sind in allen drei großen Wirtschaftsräumen unvermeidlich. Daher erwarten wir ein Wachstum der Weltwirtschaft von nur 1,3 Prozent im Jahr 2023 gegenüber 2,2 Prozent des Bloomberg-Consensus. Merklich steigende Kreditausfälle dürften dabei ein Grund dafür sein, dass die Rezessionen tiefer ausfallen als allgemein erwartet.

Dementsprechend erwarten wir, dass die Zentralbanken den Leitzins weniger stark anheben werden als erwartet – und sehen sogar Chancen für Leitzinssenkungen in der zweiten Jahreshälfte. Daher sehen wir auch Chancen für fallende Renditen von Staatsanleihen im Jahresverlauf 2023. Die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen sehen wir zwischen 1,75 bis 2,0 Prozent fluktuieren.

Für den Aktienmarkt erwarten wir ein schwieriges erstes Halbjahr aufgrund sinkender Unternehmensgewinne in einem rezessiven Umfeld. Typischerweise verzeichnen die Unternehmensgewinne einen Rückgang zwischen 10 und 15 Prozent in einer Rezession. Im zweiten Halbjahr sehen wir jedoch Erholungstendenzen an den internationalen Aktienmärkten aufgrund der antizipierten Trendwende der Geldpolitik.

Nach einem „Annus Horribilis“ 2022 für europäische Small Cap-Aktien bestehen 2023 gute Chancen für eine Gegenbewegung und für eine Rückkehr zum langfristigen Aufwärtstrend gegenüber europäischen Large Caps. Europäische Small Caps tendieren in Aufschwungs- und Boomphasen zu einer Outperformance gegenüber Large Caps. Daher könnte die voraussichtliche konjunkturelle Wende im Jahresverlauf 2023 auch eine Trendwende in der relativen Wertentwicklung von Small Caps einleiten.

Europäische Small Caps vor Gegenbewegung
Relative Wertentwicklung der beiden Total Return Indizes
Nach einem „Annus Horribilis“ 2022 für europäische Small Cap-Aktien bestehen 2023 gute Chancen für eine Gegenbewegung und für eine Rückkehr zum langfristigen Aufwärtstrend gegenüber europäischen Large Caps.
Quellen: Refinitiv Datastream, Metzler, Stand: 30.11.2022

Wie beurteilt Metzler Asset Management die mittelfristigen Perspektiven?

Die Erwartung einer Rezession impliziert, dass weder die Wirtschaft der Eurozone noch die Wirtschaft der USA aufgrund der hohen Verschuldung höhere Zinsen verkraften kann. Je weiter die Zentralbanken also den Leitzins anheben, desto größer die Risiken für die Finanzmarktstabilität.

Unserer Einschätzung zufolge gibt es keinen Leitzins, der das notwendige Niveau zur Inflationsbekämpfung und gleichzeitig zur Gewährleistung der Finanzmarktstabilität ins Gleichgewicht bringen kann. Daher sind die Zentralbanken gezwungen, den Leitzins in einer Pendelbewegung einzusetzen: Steigt die Inflation, müssen die Zentralbanken den Leitzins anheben, damit die Inflation nicht außer Kontrolle gerät. Dadurch steigen aber die Rezessionsrisiken aufgrund merklich steigender Kreditausfälle. Die Zentralbanken müssen dann den Leitzins wieder schnell senken, damit keine größere Schuldenkrise entsteht.

Die Folge der Leitzinssenkungen ist jedoch, dass die Inflation wieder anspringt. Insgesamt spricht diese Gedankenkette dafür, dass in Zukunft mit einer deutlich höheren makroökonomischen Volatilität gerechnet werden muss. Auch dürfte die hohe makroökonomische Volatilität verdecken, dass die durchschnittliche Inflationsrate über die kommende Dekade eher bei 4,0 Prozent als bei 2,0 Prozent liegen dürfte.

„Back to normal?” – die lange Phase schwankungsarmer Konjunkturzyklen könnte vorbei sein
Reales US-Bruttoinlandsprodukt ggü. Vj. in %
„Back to normal?” – die lange Phase schwankungsarmer Konjunkturzyklen könnte vorbei sein
* Phase reduzierter Konjunkturschwankungen seit Mitte der 1980er-Jahre

Quellen: FactSet, Metzler; Stand: Q3 2022

Fazit Volkswirtschaft

  • Persistenter Inflationsdruck in den kommenden Jahren
  • Überharte Reaktion der Zentralbanken in 2023 als Reaktion auf die hohe Inflation in 2022
  • Zentralbanken unterschätzen die Risiken für die Finanzmarktstabilität
  • Zinsschock trifft nämlich auf eine hohe Verschuldung und auf eine große Anzahl an „Zombie“-Unternehmen
  • Daher Rezessionen in allen drei großen Wirtschaftsräumen in 2023 unvermeidlich
  • Kreditausfälle werden zunehmen
  • Zentralbanken werden wieder Geldpolitik in 2023 lockern
  • Konjunkturerholung und wieder steigende Inflation im Jahr 2024
  • Zentralbanken werden die Geldpolitik wieder straffen in 2024 oder 2025
  • Die Folge: Langfristig hohe Volatilität der Zinsen, der Inflation und der Konjunkturdaten

Fazit Finanzmärkte

  • Rezession und fallende Inflation sind ein gutes Umfeld für Staatsanleihen
  • Unternehmensanleihen bieten überdurchschnittlich hohe Risikoprämien
  • Ende der Rezessionen und Trendwende der Geldpolitik im Jahresverlauf eröffnen Chancen am Aktienmarkt
  • Europäische Small Caps vor Gegenbewegung –  mit Kurschancen
Edgar Walk
Edgar Walk

Chefvolkswirt , Metzler Asset Management

Edgar Walk arbeitet seit 2000 bei Metzler. Als Chefvolkswirt im Bereich Asset Management ist er für die volkswirtschaftlichen Prognosen verantwortlich. Aufgrund seiner engen Zusammenarbeit mit dem Portfoliomanagement liegt sein Fokus neben der volkswirtschaftlichen Analyse verstärkt auf Kapitalmarktthemen. Vor seiner Anstellung bei Metzler studierte Herr Walk in Tübingen Volkswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Regionalstudien Ostasien und Japan. Zur Vertiefung seiner Studien verbrachte er ein Auslandssemester an der Doshisha-Universität in Kyoto (Japan). Am Institut für Weltwirtschaft in Kiel absolvierte er anschließend den Aufbaustudiengang „Advanced Studies in International Economic Policy Research“.

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