Altersvorsorge steht bei uns im Fokus

Philip Schätzle erklärt im Interview, warum Metzler AM trotz ETF-Boom beim aktiven Management bleibt und wie die Strategie 2028 des traditionsreichen Bankhauses vorankommt.
Von Christoph Fröhlich | Chefredakteur DAS INVESTMENT
DAS INVESTMENT: Herr Schätzle, vor einem Jahr war bei Metzler vieles im Umbruch - Effizienzprogramm, Fondszusammenlegungen, das 350-jährige Jubiläum. Ist die Strategie 2028 jetzt auf Kurs?
Philip Schätzle: Die Strategie läuft planmäßig. Das Motto lautet: Effizienz, Fokussierung und Wachstum. Im Metzler Asset Management sind wir z.B. bei der Publikumsfonds-Palette im letzten Jahr sehr gut vorangekommen. Wir hatten festgestellt, dass unsere Produktpalette zu breit war. Jetzt konzentrieren wir uns klar darauf, wofür wir stehen wollen: aktives Management von Aktien, Multi-Asset-Mandaten und Euro Corporates.
Das heißt, die Produktbereinigung ist abgeschlossen?
Schätzle: Genau. Bei den Publikumsfonds haben wir jetzt ein klares Angebot aktiver Aktienfonds - auf europäischer Seite unser nachhaltiges Dividendenprodukt, Small Caps, den Metzler European Growth und unsere beiden globalen Produkte Global Growth und Global Equities. Bei Multi Asset haben wir eine Familie mit Defensive, dem breiten Multi-Asset-Produkt und Dynamic. Dazu kommt noch der Corporate-Bonds-Fonds.
Hat sich die Fokussierung bereits ausgezahlt?
Schätzle: Absolut. Wir positionieren uns stärker bei den Zielgruppen, für die Publikumsfondslösungen relevant sind und werden bekannter für die Produkte, für die wir stehen wollen. Das zeigt sich auch in den Mittelzuflüssen. Von Ende 2023 bis heute sind unsere Assets under Management von 70 auf 77 Milliarden Euro gewachsen.
Wo kam das Wachstum her - primär aus der Marktperformance?
Schätzle: Bei den Publikumsfonds kam die Nachfrage vor allem bei globalen Aktienprodukten. Interessanterweise haben europäische Aktien zwar gut performt, aber die Nachfrage blieb bisher hinter unseren Erwartungen zurück. Besonders stark waren dagegen unsere Multi-Asset-Produkte, die 2024 eine starke Performance hatten. Da sehen wir jetzt die positiven Nachlaufeffekte.
Multi Asset gilt bei vielen als Instrument für unsichere Marktphasen. Was macht Ihre Produkte besser als eine klassische 60/40-Allokation?
Schätzle: Wir sind ein agiler Manager und können mit unserer Strategie auf die aktuelle Marktlage reagieren. Wir waren beispielsweise relativ früh dieses Jahr dabei, US-Aktien abzubauen und Europa aufzustocken. Zudem mischen wir neben klassischen Aktien und Renten auch weitere Assets wie Gold bei. Auf der Spezialfondsseite ist die Beimischung von Infrastruktur ein großes Thema für uns.
Wie soll sich das Verhältnis zwischen Publikums- und Spezialfonds bis 2028 entwickeln?
Schätzle: Wir wollen in beiden Segmenten wachsen und würden uns natürlich freuen, wenn wir auf der Publikumsfondsseite noch mal deutlich zulegen.
Vor zwei Jahren sagten Sie noch, ETFs wird es bei Metzler nicht geben. Jetzt machen sogar traditionelle Häuser aktive ETFs. Bleibt Metzler bei seiner Linie?
Schätzle: Stand heute kann ich Ihnen sagen: Wir machen und planen keine ETFs. Passive ETFs passen definitiv nicht zu unserer DNA. Bei aktiven ETFs sehen wir die Vorteilhaftigkeit noch nicht. Warum brauche ich ein Produkt, das ich täglich an der Börse handeln kann, wenn wir uns auf ein langfristiges Thema wie Altersvorsorge konzentrieren? Aber natürlich bewerten wir unsere Strategie immer wieder. Im Wholesale-Vertrieb sprechen wir mit Fondsselektoren und Entscheidern, hier sind aktive Publikumsfonds nach wie vor stark nachgefragt.
Aber viele hoffen doch auf die großen Flows über Trade Republic und Co...
Schätzle: Das mag sein. Aber wir sind überzeugt: Das Thema wird Zeit brauchen.
Sie haben kürzlich mit Metzler DX alle Digitalisierungsaktivitäten gebündelt - KI, Digital Assets, Prozessinnovation. Was ist die Idee dahinter?
Schätzle: Das Bankhaus Metzler ist in einigen Bereichen der digitalen Transformation Vorreiter, etwa waren wir das erste Haus, das einen tokenisierten Fondsanteil gehandelt hat und bei vielen weiteren Blockchain-Projekten waren wir beteiligt. Da wir im Haus die Digitalisierung weiter vorantreiben wollen, macht es Sinn, dass solche Themen zentral in der Bank aufgehängt sind. Verschiedene Geschäftsbereiche können so Synergien nutzen. Wir haben jetzt eine übergeordnete Gruppe, auf die alle Geschäftsfelder zugreifen können. Das ist effizienter, als wenn jeder Bereich sein eigenes Digitalisierungsoffice hat.
Manche sagen, in drei Jahren wird alles tokenisiert gehandelt. Teilen Sie diese Einschätzung?
Schätzle: Das ist schwierig zu sagen. Wünschenswert wäre alles, was den Fondsanteilshandel effizienter macht. Aber als wir unseren tokenisierten Anteilsschein gehandelt haben, haben wir gesehen, dass einige Prozesse noch nicht ganz optimal laufen. Die Technologie muss sich noch weiter entwickeln.
Das klingt nicht nach einem Fokusthema. Was sind denn Ihre Prioritäten?
Schätzle: Doch, für das gesamte Bankhaus durchaus. Bei uns im Geschäftsfeld Asset Management stehen Vertrieb und Produktgestaltung im Vordergrund. Wir sind im Vertrieb von Publikumsfonds zweigeteilt aufgestellt: Die Metzler Asset Management GmbH, die ich als Geschäftsführer vertrete, ist klassisch im B2B-Bereich wie beispielsweise Sparkassen, Vermögensverwalter und Fondsselektoren unterwegs. Der zweite Bereich ist die Metzler Pension Management GmbH. Neben den bereits bekannten Durchführungswegen haben wir seit kurzem auch den Metzler Mittelstands-Pensionsfonds, über den wir nun auch KMU betreuen können.
Wie nutzen Sie das für den Fondsvertrieb?
Schätzle: Die Kapitalanlage im Metzler Mittelstands-Pensionsfonds erfolgt über Publikumsfonds. Wenn neue Unternehmen dazukommen und Arbeitnehmer für die Altersversorgung ansparen, hinterlegen wir dort unsere Fonds. Das ist ein wichtiger Vertriebskanal für uns.
Welche institutionellen Kunden sprechen Sie konkret an?
Schätzle: Wir decken sämtliche institutionellen Kundengruppen ab. Traditionell sind wir sehr stark verbunden mit Non-Profits, also Kirchen und Stiftungen. Daneben kommen Unternehmen dazu, sowohl über die Pensions- als auch über die Treasuryseite. Verstärkt gehen wir jetzt auf externe Altersvorsorgeeinrichtungen zu: berufsständische Versorgungswerke, Pensionskassen, da wir großes Know-how in der Anlage von Pensionsgeldern haben.
Mit Yielco haben Sie sich auch in Infrastruktur-Investments gewagt. Das First Closing lief gut. Wird das ein größerer Wachstumsbereich?
Schätzle: Wir haben uns entschieden, neben Immobilien mit Infrastruktur Equity in eine weitere illiquide Assetklasse zu gehen. Das war sehr genau geplant und die Vorbereitung lief über mehrere Jahre. Wenn wir etwas machen, dann richtig. Die Partnerschaft mit Yielco Investments läuft auf Augenhöhe, wir sind mit dem First Closing sehr zufrieden. Die Zielkapitalisierung liegt bei 300 Millionen Euro. Stand heute werden wir nicht in weitere illiquide Assetklassen einsteigen. Wir sind mit der Ausrichtung Infrastruktur Equity und der Zusammenarbeit mit Yielco sehr zufrieden und fokussieren uns auf den Vertrieb dieses Fonds.
Wenn jetzt alle in Private Markets gehen und Illiquiditätsprämien versprechen - verschwindet diese Prämie nicht, wenn alle reinströmen?
Schätzle: Man muss unterscheiden, welche Assetklasse man anschaut. Bei Private Debt mag das stimmen. Wir haben uns bewusst für Infrastruktur Equity entschieden. Die Staaten haben einen riesigen Investitionsbedarf und sehen genau, dass es ohne privates Kapital nicht geht. Die Nachfrage wird stark bleiben.
Was macht Ihnen mit Blick nach vorne Bauchschmerzen?
Schätzle: Insbesondere das Zollthema. Donald Trump hat gerade mit China wieder eine Verlängerung der Verhandlungen verkündet. Wenn wir wirklich Zölle von über 20 Prozent sehen - das gab es zuletzt in der Großen Depression -, dann schadet das dem globalen Handel und der Globalisierung erheblich.
Manche aktive Manager sehen darin ihre Chance zu glänzen ...
Schätzle: Wenn Volatilität in die Märkte kommt, ist das unsere Stunde. Bei passiven ETFs treffen Sie am Anfang immer eine aktive Entscheidung - nämlich welchen Index Sie wählen. Als aktiver Manager schauen wir uns die Unternehmen genauer an. Beispielsweise sind die sieben großen Tech-Konzerne in den USA dieses Jahr sehr unterschiedlich gelaufen. Es ist also wichtig, einen Portfoliomanager zu haben, der schnell reagiert und zum Beispiel eine Tesla rausnimmt, eine Microsoft dagegen drin behält.
Welches Fintech bewundern Sie insgeheim, auch wenn es ein Mitbewerber ist?
Schätzle: Was Trade Republic beim Thema private Altersvorsorge in kurzer Zeit geschafft hat, ist beeindruckend. Die Anzahl der eröffneten Depots, ihr Marketing - wir sollten alle ein Interesse daran haben, dass die Aktie in der Altersvorsorge gestärkt wird. Insofern freuen wir uns über jeden, der die Aktie in den Vordergrund stellt.
Die private Altersvorsorge ist ja Ihr Steckenpferd. Wie bewerten Sie die aktuelle politische Lage?
Schätzle: Es ist sehr schade, dass das Altersvorsorge-Depot der Ampel jetzt nicht kommt. Wir sind in Deutschland bei dem Thema wieder deutlich zurückgefallen und stehen mehr oder weniger wieder ganz am Anfang. Das ist mit Blick auf die Herausforderungen in der Rente schade.
Apropros Trade Republic: Muss Metzler im Marketing nicht auch lauter werden?
Schätzle: Aggressiver würde nicht zu uns passen. Die Marke Metzler steht für Unabhängigkeit, Menschlichkeit und Unternehmergeist. Friedrich von Metzler hat es schön gesagt: Wir lassen schnelle Gewinne lieber liegen und schauen auf den nachhaltigen, langfristigen Erfolg. Das gilt auch für unser Marketing. Aber ja - gerade, wenn man im Publikumsfondsbereich stärker wachsen möchte, geht das heute nicht ohne Marketing. Wir sind schon deutlich aktiver geworden und man wird auch zukünftig noch von uns hören.
Über den Interviewten
Philip Schätzle ist Geschäftsführer der Metzler Asset Management GmbH. Er verantwortet den Vertrieb im Asset Management, einem der vier Geschäftsfelder des traditionsreichen Frankfurter Bankhauses.
Christoph Fröhlich deckt bei DAS INVESTMENT die gesamte Bandbreite der Geldanlage ab – von aktiven Fonds bis zu Bitcoin, von Anleihenmärkten bis KI-Investments. Was ihn antreibt: die Menschen hinter den Zahlen. Diese Neugier hat er sich von der BILD-Lokalredaktion über seine Zeit als stern-Ressortleiter bis heute bewahrt. Nun jongliert er zwischen Fondsmanager-Gesprächen in Hamburg und Fintech-Interviews in Berlin, macht daraus mal LinkedIn-Posts, mal Podcasts. Sein Credo: Gute Geschichten lauern überall man muss nur die richtigen Fragen stellen. Mehr über Christoph Fröhlich