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Werbeinformation der Metzler Asset Management GmbH - 19.5.2023 - Edgar Walk

Erstaunlicher Erfolg der europäischen Energiepolitik

Seit Ende April ist der Erdgaspreis in Europa laut des TTF-Futures auf unter 40 Euro pro Megawattstunde gefallen. Im September vergangenen Jahres handelte der Futures noch bei knapp 340 Euro pro Megawattstunde. Diese Woche handelte der Futures sogar unter 30,0 Euro pro Megawattstunde – ein Niveau, dass auch schon 2018, 2013 und 2008 erreicht wurde. Im Endeffekt kann man hierbei von einer erstaunlichen Normalisierung sprechen.

Erdgaspreis nahezu wieder auf normalem Niveau
Erdgas-Future TTF in EUR pro Megawattstunde

Quellen: Bloomberg, Metzler; Stand: 16.5.2023

Dafür gibt es mehrere Gründe. Einerseits ist die Nachfrage nachhaltig gefallen. So ist beispielsweise in Deutschland die Nachfrage von ca. 101 Milliarden Kubikmeter in 2021 auf nur noch 85 Milliarden Kubikmeter gefallen – ein Niveau, dass auch in diesem Jahr durchaus gehalten werden kann. Der Rückgang der Nachfrage entfiel dabei zur Hälfte auf die Unternehmen und zur Hälfte auf die privaten Haushalte. Interessanterweise konnte die Industrieproduktion in 2022 insgesamt steigen, obwohl die Produktion sehr energieintensiver Produkte deutlich gefallen ist. Vier Industrie-Branchen haben dabei einen Anteil zwischen 60 und 70 Prozent an der gesamten Erdgasnachfrage der Industrie. Deren Wertschöpfung ist jedoch mit einem Anteil von etwa 2,0 Prozent an der gesamten Bruttowertschöpfung gering. Auch haben viele Unternehmen und private Haushalte erhebliche Einsparpotenziale realisiert.

Andererseits hat sich das Angebot verbessert. Deutschland wird in der Lage sein, insgesamt etwa 30 Milliarden Kubikmeter an Erdgas zu importieren, wenn alle sechs geplanten schwimmenden LNG-Terminale in Betrieb sind. Derzeit sind schon drei in Betrieb. Darüber hinaus erhält Deutschland über die norwegischen Pipelines etwa 60 Mrd. Kubikmeter an Erdgas. Und auch andere europäische Länder wie Belgien beliefern Deutschland. Insgesamt dürfte das Angebot also ausreichend sein, um auch im kommenden Winter eine adäquate Versorgung zu gewährleisten. Zumal seit April die Lagerbestände wieder steigen und schon jetzt das Ziel von 75 Prozent Befüllung für September fast erreicht ist.

Perspektivisch dürfte vor diesem Hintergrund die Inflation in der Eurozone in den kommenden Monaten stärker fallen als erwartet. Die gesunkenen Energiepreise werden auch die Unternehmen und privaten Haushalte entlasten, sodass ein wichtiger Beitrag zur Stabilisierung der Konjunktur geliefert werden kann – ablesbar unter anderem an einer weiteren Verbesserung des Konsumentenvertrauens (Montag). Bei den Einkaufsmanagerindizes (Dienstag) und beim ifo-Index (Mittwoch) dürften dagegen die allgemeinen Abschwungstendenzen die positiven Effekte der gesunkenen Energiepreise überwogen haben, sodass wir mit einem Rückgang rechnen.

USA: „Bumpy Landing?“

Für die USA werden von unseren Kollegen in den USA von Payden & Rygel derzeit vier Szenarien diskutiert:

  1. No Landing (10%)
  2. Soft Landing (30%)
  3. Bumpy Landing (50%)
  4. Hard Landing (10%)

Derzeit sprechen die Indikatoren für das „Bumpy Landing“. Das BIP scheint mit einer Wachstumsrate von etwa 1,0 Prozent nur mäßig zu wachsen, die Arbeitslosenquote scheint stabil niedrig und die Inflation hartnäckig zu hoch. Vor diesem Hintergrund ist es sehr unwahrscheinlich, dass die US-Notenbank den Leitzins bald senken wird. Derzeit preisen die Finanzmarktakteure noch etwa drei Leitzinssenkungen bis Januar nächsten Jahres. Das Protokoll der vergangenen Sitzung (Mittwoch) dürfte auch zeigen, dass die Bereitschaft der Fed für Leitzinssenkungen in diesem Umfeld nur sehr gering sein dürfte.

Darüber hinaus werden noch mit den Einkaufsmanagerindizes (Dienstag), den Neubauverkäufen (Dienstag) und dem Konsum (Freitag) wichtige Konjunkturdaten veröffentlicht. Vor allem die Schwäche der Neubauverkäufe ist ein konjunkturelles Warnsignal, dass nicht unterschätzt werden sollte.

USA: "Housing is the Business Cycle"
in % zum Vorjahr

Quellen: Refinitiv Datastream, Metzler; Stand: 30.4.2023

Japan: Inflation im Fokus

Die Konjunktur dürfte laut den Einkaufsmanagerindizes (Dienstag) ordentlich laufen. Und damit dürfte auch der Inflationsdruck hoch bleiben. Die Erwartung der Bank of Japan scheint zunehmend überoptimistisch, dass die Inflation (Freitag) bald wieder nennenswert fallen wird. Es besteht eher das Risiko, dass die Bank of Japan bald handeln muss.

"Quantitative Easing (QE)" ist ein grandioser Fehlschlag

Mit der Überschrift beziehe ich mich nur auf den Einsatz von QE mit dem Ziel, das Wirtschaftswachstums und damit die Inflation zu steigern. In Stressphasen an den Finanzmärkten ist dagegen QE ein äußerst probates Mittel zu Stabilisierung. So trocknete beispielsweise der Unternehmensanleihemarkt in der Eurozone im März 2020 zu Beginn der Pandemie komplett aus. Erst die Käufe der EZB im Rahmen eines QE-Programms wiederbelebten und normalisierten den Markt für Unternehmensanleihen. In der Regel sind aber die dafür notwendigen Kaufvolumina eher niedrig.

Aufgrund folgender Punkte sehe ich den Einsatz von QE zur Steuerung der Konjunktur und Inflation äußerst problematisch:

  1. Viele akademische Studien finden keinerlei Wirkung von QE. Die QE-Liquidität fließt entweder nur in die Finanzmärkte oder bleibt im Bankensystem.
  2. Bei einem rapiden Zinsanstieg erleiden die Zentralbanken immense Verluste auf ihr Anleiheportfolio und werden für lange Zeit keine Seigniorage-Gewinne mehr an den Finanzminister überweisen können.
  3. Wenn die Zentralbank Anleihen im Rahmen von QE kauft, dann muss sie den Geschäftsbanken den Betrag auf ihren Konten bei der Zentralbank gutschreiben. Die Geschäftsbanken haben also mehrere Billionen Euro an Guthaben bei der Zentralbank, die in der Eurozone mit der Depositrate von 3,25 Prozent verzinst werden. Es findet also ein immenser Transfer von Steuerzahler zu Banken statt.
  4. Im Endeffekt, wenn man die Zentralbank und den Staat als Einheit betrachtet, führt QE dazu, dass die Restlaufzeit der ausstehenden Staatsanleihen massiv verkürzt wird. Ein Zinsanstieg schlägt sich dann sehr schnell in höheren Zinskosten für den Steuerzahler nieder. 
  5. Obwohl die QE-Liquidität keine makroökonomischen Effekte hat, ist sie Teil des Finanzsystems geworden und kann daher nur sehr vorsichtig wieder entzogen werden, ohne Finanzmarktturbulenzen auszulösen.

Die Erfahrungen mit QE haben gezeigt, dass dieses geldpolitische Experiment nur noch in Stressphasen an den Finanzmärkten wiederholt werden sollte. Ist das Wirtschaftswachstum und die Inflation zu niedrig, muss die Fiskalpolitik zum Zug kommen, wie die Pandemie gezeigt hat.

Edgar Walk
Edgar Walk

Chefvolkswirt , Metzler Asset Management

Edgar Walk arbeitet seit 2000 bei Metzler. Als Chefvolkswirt im Bereich Asset Management ist er für die volkswirtschaftlichen Prognosen verantwortlich. Aufgrund seiner engen Zusammenarbeit mit dem Portfoliomanagement liegt sein Fokus neben der volkswirtschaftlichen Analyse verstärkt auf Kapitalmarktthemen. Vor seiner Anstellung bei Metzler studierte Herr Walk in Tübingen Volkswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Regionalstudien Ostasien und Japan. Zur Vertiefung seiner Studien verbrachte er ein Auslandssemester an der Doshisha-Universität in Kyoto (Japan). Am Institut für Weltwirtschaft in Kiel absolvierte er anschließend den Aufbaustudiengang „Advanced Studies in International Economic Policy Research“.

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