Schwaches Wachstum, aber hohe Inflation – was tun, EZB?
EZB: Vor schwieriger Entscheidung
Die Wirtschaft der Eurozone zeigte zuletzt deutliche Abschwungstendenzen. So verzeichnete der europäische Geschäftsklimaindex (Economic Sentiment) im August einen deutlichen Rückgang auf nur noch 93,3 Punkte. Der europäische Geschäftsklimaindex ist zwar kein Frühindikator, hat aber einen sehr guten Gleichlauf mit dem Wirtschaftswachstum. Die untere Grafik zeigt, dass das Niveau des Geschäftsklimaindex sogar in Einklang mit einem negativen Wirtschaftswachstum im August steht.
Es ist zu befürchten, dass sich die europäische Wirtschaft in den kommenden Monaten weiter abschwächen wird, da die jüngsten Leitzinserhöhungen der EZB bisher noch nicht ihre bremsende Wirkung entfaltet haben. Eine Leitzinserhöhung am Donnerstag könnte somit bedeuten, dass die EZB die Zinsschraube überdreht und die konjunkturellen Risiken erheblich steigen.
Gleichzeitig signalisiert die schrumpfende Kreditvergabe an den privaten Sektor, dass die Geldpolitik schon jetzt restriktiv ist – die hohen Zinsen reduzieren die Kreditnachfrage stark. Eine schwache Industrieproduktion (Mittwoch) und ein merklicher Rückgang des ZEW-Index (Dienstag) dürften den Trend einer konjunkturellen Eintrübung untermauern.
Die historische Erfahrung zeigt, dass ein Wirtschaftsabschwung meistens mit einer Zeitverzögerung von mehreren Monaten einen Rückgang der Inflation bewirkt. Derzeit ist die Inflation aber immer noch viel zu hoch. Im August erreichten sowohl die Inflation als auch die Kerninflation einen Wert von 5,3 Prozent, der meilenweit vom Inflationsziel der EZB entfernt ist. Die hohe Inflation spricht eindeutig dafür, dass die EZB den Leitzins anheben sollte, um die Inflation so schnell wie möglich auf das Inflationsziel zu bringen.
In dieser unübersichtlichen Lage, auf die entgegengesetzte Kräfte wirken, kann es hilfreich sein, auf eine quantitative Analyse zurückzugreifen: Also zu berechnen, wie die EZB in der Vergangenheit auf jeden einzelnen Faktor reagiert hat und einen Reaktionskoeffizienten für Wirtschaftswachstum, Kreditvergabe, Inflation und Kerninflation zu schätzen.
Eine Analyse auf Basis dieses Vorgehens kommt zu dem Ergebnis, dass die EZB in der Vergangenheit in solch einem Umfeld den Leitzins nicht mehr angehoben hätte.
Dementsprechend ist unsere Erwartung, dass die EZB den Leitzins in diesem Jahr nicht mehr anheben wird.
USA: Rückschlag beim Konsum im August
Die unglaubliche Resilienz der US-Wirtschaft beruht auf einem starken Arbeitsmarkt und einem robusten Konsum. Es mehren sich jedoch die Anzeichen, dass der Konsum im August einen schmerzlichen Rücksetzer erlitt – mehrere Großbanken in den USA werten dazu die Umsätze ihrer vergebenen Kreditkarten aus. So droht also eine merkliche Enttäuschung bei den Einzelhandelsumsätzen (Donnerstag).
Das zweite Highlight ist die Inflation (Mittwoch). Der Anstieg der Energiepreise und Basiseffekte könnten hierbei einen erneuten Inflationsanstieg bewirkt haben. Die historische Erfahrung ist, dass sich die Inflation nach einem rapiden Anstieg oft als sehr hartnäckig erweist. Darüber hinaus richtet sich der Fokus auf den Geschäftsklimaindex der kleinen und mittleren Unternehmen (Dienstag) und die Industrieproduktion (Freitag).
China: Rückfall in alte Muster
Die chinesische Regierung kämpfte zuletzt mit zahlreichen Maßnahmen gegen die Konjunkturschwäche. Die Maßnahmen fokussieren sich aber wieder auf Infrastruktur und den Immobilienmarkt – nach altbewährtem Muster. Damit sollte zwar eine moderate Wachstumsbelebung in den kommenden Monaten möglich sein, wie die Einzelhandelsumsätze und die Industrieproduktion (Freitag) zeigen dürften. Aber die grundlegenden Probleme der chinesischen Wirtschaft werden damit nicht angegangen.
Der Wachstumsimpuls dürfte also wieder gegen Jahresende verpuffen und der Schuldenstand (siehe Kreditvergabe am Montag) aber höher sein. Das Problem der chinesischen Wirtschaft ist der schwache Konsum aufgrund eines zu niedrigen Einkommens der privaten Haushalte: Indirekt aufgrund eines stark unterentwickelten Sozialsystems, direkt aufgrund zu niedriger Löhne.
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