Ungewöhnliche Divergenzen in den großen Wirtschaftsräumen
USA: Wachstumsbelebung
In den USA mehren sich die Anzeichen einer überraschenden Wachstumsbeschleunigung: So verzeichnete das Konsumentenvertrauen im Juli einen merklichen Anstieg, die Immobilienpreise steigen wieder und die Erstanträge zur Arbeitslosenhilfe sanken.
Der Arbeitsmarkt bleibt damit robust, wie die Zahl der offenen Stellen (Dienstag) und die Beschäftigungsentwicklung (Freitag) eindrücklich bestätigen dürften. Auch die ISM-Indizes sowie die Einkaufsmanagerindizes (Dienstag und Donnerstag) dürften grundsätzlich eine Wachstumsbelebung signalisieren, wobei die Aussagekraft der beiden Indizes zuletzt nicht sehr ausgeprägt war – oft waren die Signale in der Vergangenheit sogar widersprüchlich.
Eine hohe Konsumneigung heißt Preissetzungsspielraum bei den Unternehmen, und ein noch engerer Arbeitsmarkt heißt Verhandlungsspielraum bei den Arbeitnehmern.
Die Inflationsrisiken steigen somit im Einklang mit der Wachstumsbelebung. Wir erwarten daher noch eine Leitzinserhöhung der US-Notenbank im November auf 5,6 Prozent.
Eurozone: Im Abschwung
Im zweiten Quartal könnte zwar das BIP (Montag) noch um 0,2 Prozent gewachsen sein – überwiegend aber nur wegen Nachholeffekten. So baute die Industrie aufgrund der verbesserten Lieferketten den hohen Auftragsbestand ab und der Tourismus in Südeuropa boomte.
Ein Blick nach vorne zeichnete jedoch eher das Bild einer Stagnation beziehungsweise eines leicht negativen Wachstums. So dürften die Einkaufsmanagerindizes (Dienstag und Donnerstag) sowie die deutschen Auftragseingänge (Freitag) merklich gefallen sein.
Der Hauptgrund für die Konjunkturschwäche ist die restriktive Geldpolitik der EZB und die damit verbundene Schwäche des Kreditzyklus. Trotz der Konjunkturschwäche bleibt jedoch der Arbeitsmarkt stark, da die Unternehmen keine Mitarbeiter vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklungen freisetzen wollen. Dementsprechend könnte die Lohndynamik vorerst hoch bleiben – und damit auch die Inflation.
Wir rechnen daher zwar mit keiner weiteren Leitzinserhöhung der EZB, erwarten aber auch, dass die EZB den Leitzins im kommenden Jahr aufgrund einer hartnäckig hohen Inflation (Montag) nicht senken kann. Wir rechnen nur mit einem sehr langsamen Rückgang der Inflation aufgrund von Zweitrundeneffekten.
Im Gegensatz dazu befindet sich die Bank von England (Donnerstag) immer noch in einem Leitzinserhöhungszyklus und dürfte daher einen Schritt von 50 Basispunkten machen.
Japan: Moderates stabiles Wachstum
Die japanische Wirtschaft profitiert einerseits von einer guten Wettbewerbsfähigkeit infolge des schwachen Wechselkurses, andererseits von einer robusten Binnennachfrage. Die Einkaufsmanagerindizes (Dienstag und Donnerstag) dürften das Bild einer stabil wachsenden Volkswirtschaft zeichnen. Auch realwirtschaftliche Daten wie die Industrieproduktion (Montag) und die Beschäftigung (Dienstag) dürften freundlich ausfallen.
Japan beginnt nun langsam von dem seit mehr als zehn Jahren andauernden Reformprozess zu profitieren. Wir sehen für Japan eine goldene Dekade voraus – wie damals in Deutschland nach der Agenda 2010. Daher können wir uns auch vorstellen, dass sich das Konsumentenvertrauen (Montag) verbessert.
Die Bank von Japan hält immer noch an ihrer ultralockeren Geldpolitik fest, da die Zweitrundeneffekte wie eine hohe Lohndynamik immer noch eher schwach ausgeprägt sind. Aber perspektivisch wird die Bank von Japan als nächsten Schritt den Leitzins anheben.
China: Strukturelle Wachstumsschwäche
Derzeit sehen wir eine strukturelle Wachstumsschwäche in China. Dafür gibt es drei Gründe:
- Schrumpfung der überdimensionierten Immobilienwirtschaft
- Vertrauensverlust in die Beständigkeit von Eigentumsrechten und damit schwache private Investitionen
- eine unbalancierte Wirtschaft mit einem viel zu geringen Konsum
Für die chinesische Regierung gibt es keine einfache Lösung. Um den Konsum zu stärken, müsste sie die Einkommenssituation der privaten Haushalte verbessern, was aber höhere Kosten für Unternehmen zur Folge hätte. Die Wettbewerbsfähigkeit würde sich entsprechend verschlechtern. Aufgrund der harten regulatorischen Eingriffe der vergangenen Jahre sind private Unternehmer zudem wahrscheinlich vorsichtiger geworden.
Der private Sektor ist jedoch ein wichtiger Jobmotor. Die hohe Jugendarbeitslosigkeit ist also eine Folge der Investitionsschwäche der privaten Unternehmen. Zuletzt verschlechterten sich auch die Daten vom Immobilienmarkt wieder. Immobilien sind keine Alternative zum Bankkonto mehr und die privaten Haushalte halten sich mit Käufen zurück, da sie in Zukunft mit fallenden Preisen rechnen.
Die chinesische Regierung möchte aufgrund der hohen Verschuldung anscheinend kein großes Konjunkturpaket auflegen, sondern eher mit vielen kleinen Maßnahmen die Konjunktur einigermaßen über Wasser halten. Wie erfolgreich sie dabei ist, werden die Einkaufsmanagerindizes (Montag, Dienstag und Donnerstag) zeigen.
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